Andere Gegenstrategie notwendig | Demo am 16. April
Am Samstag den 12. März liefen bis zu 3.000 Nazis nach einer Anmeldung von Mitgliedern von Pro-Deutschland durch die Berliner Innenstadt. Zu wenig wurde ihnen von Linke, antifaschistischen Gruppen und Gewerkschaften entgegengesetzt!
von Steffen Strandt und Michael Koschitzki, Berlin
Es war im Vorfeld bekannt, dass am letzten Wochenende der größte Naziaufmarsch in Berlin seit einigen Jahren drohte. So kam es auch zur Wiederbelebung des Bündnis Berlin Nazifrei, in dem zahlreiche antifaschistische Organisationen beteiligt sind und auch die Berliner DGB-Gewerkschaften hatten zu Gegenprotesten aufgerufen und eine Großkundgebung organisiert. Dennoch hakte es an der Mobilisierung im Vorfeld – zahlreiche Gruppen sind in andere Projekte eingebunden, es gab wenig Koordination. Die Medien berichteten wenig über die anstehenden Demonstrationen und die Gewerkschaften mobilisierten nur über ihre Email-Verteiler. Auch DIE LINKE und ihr Berliner Jugendverband hielten ihren Parteitag und Landesvollversammlung ab, ohne diese Termine zu verschieben.
DGB-Kundgebung auf dem Washingtonplatz
Auf dem Washingtonplatz hat unter der Führung des DGB Berlin-Brandenburg das „Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin“ mit UnterstützerInnen aller im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien eine Kundgebung veranstaltet, die den Faschisten politisch und praktisch wenig entgegen zu setzen hatte. Circa 1000 Menschen kamen zum Washingtonplatz um gegen den Aufmarsch der Faschisten beim Startpunkt der Demonstration zu demonstrieren. Die Kundgebung startete um 14 Uhr – eine Stunde vor Beginn der faschistischen Demonstration. Als die Faschisten um ca. 16:30 Uhr in Richtung Regierungsviertel liefen, war die DGB-Kundgebung schon vor über einer Stunde beendet worden und der Protest beschränkte sich auf ein Pfeifkonzert der übrig gebliebenen Demonstranten an der Polizeiabsperrung. Damit bot die Kundgebung keinerlei praktischen Nutzen, sich den Nazis in den Weg zu stellen.
Doch auch politisch kam von den RednerInnen keine politische Alternative zur rechten Hetze und zur herrschenden Politik. Negatives Highlight war die Rede des evangelischen Bischoff Markus Dröge: „Meine Pflicht als Bischof ist es, Regierende und Regierte aufzurufen, sich für Menschenwürde ohne Ansehen der Person, der Volkszugehörigkeit, der Religion einzusetzen.“ Auch die DGB-VertreterInnen hatten außer moralischen Appellen für Weltoffenheit und Toleranz wenig anzubieten. Der Verweis, auch die Gewerkschaften haben Alternativen anzubieten, blieb ohne Inhalt. Die Rede vom „Bündnis Soziales Berlin gegen Rassismus“ wurde mit Hinweis auf die Sambagruppe und die fehlende Zeit vom DGB abgelehnt, obwohl im Bündnis Berlin-Nazifrei, das die Proteste am Tag koordinierte ein Beitrag abgesprochen war. Der Beitrag mit dem Aufruf für die Demonstration am 16. April wäre der einzige gewesen, der den Kampf gegen Rechts mit der sozialen Frage und dem Kampf für bezahlbaren Wohnraum, Bildung und Bleiberecht verknüpft hätte.
Blockadeversuche
An verschiedenen Punkten trafen sich Gegendemonstranten, um den Naziaufmarsch zu blockieren, jedoch waren sie zu wenige, um dem Polizeiaufgebot, etwas entgegenzusetzen. Nah an der Naziroute wurden über 100 AntifaschistInnen gekesselt, die versucht hatten auf die Route zu gelangen. Eine Gruppe von linksjugend [’solid] Berlin-Ost und Kreuzkölln zog mit über 50 Personen vom Hbf los, erreichte nach einiger Zeit auch den Abschlusskundgebungsort der Nazis, wo sie lange mit einer Blockade aushielt. Die Route der Nazis wurde verlegt und sie kamen nicht wie geplant nahe vor das Brandenburger Tor.
Bündnis Soziales Berlin gegen Rassismus
Eine Möglichkeit in Zukunft in die Offensive zu kommen und den rechten Mobilisierungen nicht nur hinterher zu laufen bietet die Demonstration vom Bündnis Soziales Berlin gegen Rassismus am 16. April unter dem Motto „Soziales Berlin für alle, Rassisten stoppen! Wir lassen uns nicht spalten!“ Auf Initiative des Aktionsbündnisses NoBärgida haben sich verschiedene gewerkschaftliche, mietenpolitische und politische Initiativen zusammengeschlossen, um mit eigenen Forderungen gegen das Versagen und die inhumane Flüchtlingspolitik aus dem Kanzleramt und dem Roten Rathaus auf die Straße zu gehen.
Nach dem Erfolg der Nazi-Demo werden sich die Rassisten und Faschisten von Bärgida, AfD, NPD etc. weiter ermutigt sehen ihre Propaganda zu verbreiten und MigrantInnen, Andersfühlende und -denkende angreifen. In der Berliner Linken und antifaschistischen Bewegung muss diskutiert werden, wie man in Zukunft faschistischen Demonstrationen erfolgreicher entgegentreten und Kräfte gebündelt werden können.