Deutschland überfordert?
Die Ankunft der Flüchtlinge wirft bei vielen Menschen Fragen auf. Ist das finanzierbar? Werden Probleme geschaffen, die schwer lösbar sind?
von Torsten Sting, Rostock
Klar ist, dass die Unterbringung der MigrantInnen Geld kostet. Leerstand muss genutzt, zusätzliche Wohnungen müssen dringend gebaut werden. Aber gab es nicht schon in den Jahren vor der Flüchtlingsbewegung, massive Probleme mit bezahlbarem Wohnraum? Davon waren und sind wir alle betroffen: Einheimische Beschäftigte, Erwerbslose, Jugendliche, RentnerInnen und Flüchtlinge. Deshalb brauchen wir bezahlbaren Wohnraum für alle!
Staatliches Investitionsprogramm
Der Städte- und Gemeindebund sieht einen Bedarf für jährlich 400.000 neue Wohnungen und fordert eine Erhöhung der Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau auf zwei Milliarden Euro. Dies ist wahrscheinlich noch zu wenig. Dennoch, vor dem Hintergrund, dass alle staatlichen Haushalte zusammengenommen in diesem Jahr einen Überschuss von mehr als zwanzig Milliarden Euro ausweisen werden, eine mehr als überschaubare Summe, die aus der Portokasse bezahlt werden kann. Von der vielbeschworenen „Überlastung“ kann also in finanzieller Hinsicht keine Rede sein. Wir brauchen allerdings keinen „Wohnungsmarkt“, an dem sich private Immobilienhaie eine goldene Nase verdienen, sondern öffentliche Investitionen für den Bau von Wohnungen in öffentlicher Hand deren Mieten dann dauerhaft niedrig gehalten werden können.
Massive staatliche Investitionen sind auch für Bau und Sanierung von Kitas, Schulen, Hochschulen nötig.
Die erhöhte Migration zerrt aber auch andere Missstände ans Tageslicht. Der öffentliche Dienst wurde in den letzten Jahrzehnten kaputt gespart. ver.di fordert zu Recht die Einstellung von mehreren Zehntausend Beschäftigten zur unmittelbaren Betreuung der Flüchtlinge, aber auch von mehr Personal in den Schulen, Unis und Kitas. Davon würden alle profitieren – Erwerbslose, SchülerInnen, Eltern, Flüchtlinge.
Die Reichen sollen zahlen
Die deutlich gestiegene Zuwanderung erhöht die Notwendigkeit eines staatlichen Investitionsprogramms. Während die Menschen die nach Westeuropa kommen, vor Krieg, politischer Verfolgung und vor bedrückender Armut fliehen, gibt es am oberen Ende der Gesellschaft auch eine Fluchtbewegung. Die reiche Elite kostet uns einfache Steuerzahler 100 Milliarden Euro infolge Steuerbetrugs. Darunter sind sicher nicht wenige, die mit ihren „Geschäften“ dazu beitragen, dass Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Diese für die Kosten zahlen zu lassen, ist das Gebot der Stunde. Statt über Obergrenzen für die Zahl aufzunehmender Flüchtlinge zu diskutieren, brauchen wir eine Obergrenze für privat angehäuften Reichtum!