Afghanistan – mit Sicherheit nicht sicher!

Shaker, Flüchtling aus Kabul, Afghanistan Foto: https://www.flickr.com/photos/ifrc/ CC BY-NC-ND 2.0
Shaker, Flüchtling aus Kabul, Afghanistan Foto: https://www.flickr.com/photos/ifrc/ CC BY-NC-ND 2.0

Bundesregierung will in ein Land abschieben, in dem Krieg herrscht

Nach der Erklärung verschiedener Balkanländer zu sicheren Herkunftsländern wurden nun Stimmen laut, die auch Afghanistan als teilweise sicher einstufen wollen. Dass dort immer noch Krieg herrscht, ist diesen Herren wohl bekannt, aber angesichts größerer Flüchtlingsbewegungen aus Afghanistan in Richtung Deutschland tritt das in den Hintergrund.

von Jenni Wörl, Aachen

Kanzleramtsminister Peter Altmaier sprach von Bereichen, „in denen Menschen sicher leben können“. Für Bundesinnenminister Thomas de Maizière sei es nicht tragbar, dass Menschen aus Afghanistan flüchten würden, wo doch die Bundeswehr dazu beitrage, das Land sicherer zu machen.

Schutzzonen in Afghanistan

Unter den in Deutschland ankommenden Flüchtlingen sind diejenigen aus Afghanistan mittlerweile auf Platz zwei vorgerückt. Um dem zu begegnen, sei laut Positionspapier von CDU/CSU die Schaffung von „innerstaatlichen Fluchtalternativen“ oder sogenannten „Schutzzonen“ in Afghanistan dringend erforderlich. Wie das allerdings bewerkstelligt werden soll, bleibt fraglich. Schließlich haben es die verschiedenen ausländischen Truppen über zehn Jahre hinweg nicht vermocht, das Land zu befrieden.

Afghanistan = Kriegsgebiet

Das Land befindet sich nach wie vor im Krieg. Das US-Militär flog 2015 bisher über einhundert Luftangriffe, bei denen bis zu tausend Menschen getötet wurden. Die lang bekämpften Taliban sind wieder auf dem Vormarsch und konnten Ende September kurzzeitig Kundus besetzen. Getragen von der Idee der Errichtung eines Kalifats in der historischen Region Khorasan ist auch der so genannte Islamische Staat in Afghanistan aktiv. Und auch die regierenden Mudschaheddin mit den ausländischen Truppen im Rücken stellen keine Alternative dar, egal welche Gruppierung gerade die Oberhand in einer Region hat, Morde und Terror stehen auf der Tagesordnung, selbst in Kabul.

Drohnenkrieg tötet

Afghanistan ist ein Einsatzgebiet im sogenannten Drohnenkrieg. Hier fand 2001 der erste Kampfeinsatz einer Drohne statt, seitdem wurden über 2000 Drohnenangriffe durchgeführt. Dies ist zum Terror gegen die Bevölkerung geworden. Nach einem Bericht in der Tageszeitung Die Welt wurden so zum Beispiel allein zwischen Januar 2012 und Februar 2013 mehr als 200 Menschen bei Drohnenangriffen getötet. Davon handelte es sich nur in 35 Fällen um gezielte Tötungen von Terrorverdächtigen. Rund achtzig Prozent waren völlig unbeteiligte Zivilisten.

Das Land versinkt im Drogensumpf

Eine Verbesserung der Lebenssituation der AfghanInnen ist unter diesen Umständen undenkbar. Hafiz Rasikh von der Solidaritätspartei Afghanistans berichtete kürzlich in Berlin, dass der Drogenanbau- und handel weiter gehe. Drei Millionen Menschen seien süchtig. Die meisten Fabriken seien zerstört oder privatisiert, Korruption sei weit verbreitet, so dass Gelder, mit denen Schulen gebaut und andere Investitionen getätigt werden sollten, in den Taschen der Regierenden verschwinden würden. Viele Menschen müssten dagegen ihr Leben von einem US-Dollar pro Tag bestreiten.

Bevölkerung wehrt sich

Diese unzumutbare Situation treibt immer mehr Menschen in Afghanistan auf die Straße. Sie wollen die Gewalt und den Terror nicht mehr hinnehmen. So demonstrierten am 11. November Tausende auf den Straßen Kabuls anlässlich der Ermordung von sieben Angehörigen einer überwiegend schiitischen Minderheit (den ethnischen Hasaras), die schon seit Jahrzehnten Opfer von gewaltsamen Angriffen ist. Die DemonstrantInnen, unter ihnen auch viele junge Frauen, forderten Gerechtigkeit und äußerten Kritik am Präsidenten, der seine Versprechen nicht einhalten würde.