Seattles politische Revolution geht weiter!
von Patrick Ayers, Seattle
SozialistInnen werden nicht nur gewählt, sie können sogar wiedergewählt werden. Nach der Auszählung von einem Drittel der Stimmen, haben 52,6 Prozent der WählerInnen in Seattle im District 3 sich entschieden, Kshama für weitere vier Jahre ins Amt zu wählen. Da die weitere Auszählung dieses Ergebnis noch verbessern wird, können wir sicher von einem Sieg ausgehen.
Am Abend feierten bereits hunderte AktivistInnen Kshamas Sieg.
Jeremy Prickett, ein Mechaniker von Boing sagte am Montag noch bei einem Treffen der WahlkämpferInnen: „Brüder und Schwestern, es ist ein Privileg heute hier bei euch zu sein, denn die Politik wird nicht von arbeitenden Menschen gemacht. Die Socialist Alternative und Kshama Sawant ändern das.“
Über 600 Freiwillige, mehr als 30 Gewerkschaften und Dutzende fortschrittliche Organisationen standen hinter Kshama, während ihre Gegnerin von Managern, der Wirtschaftskammer, der Immobilienlobby, Amazon, sechs konservativen Mitgliedern des Stadtrats und sogar von einigen republikanischen Millionären unterstützt wurde.
Gegen diese Macht des Establishments und ihrer Mitteln setzten wir eine Kampagne, in der wir an 90.000 Türen klopften und 170.000 Anrufe machten. Wir redeten mit Tausenden über bezahlbare Wohnungen, Ungleichheit, Besteuerung der Reichen und Politik im Interesse der ArbeiterInnen. Das war eine bisher unerreichte Anstrengung von Basisaktivismus in der Politik von Seattle.
Eine neue Art der Politik
Wie es die Worte von Jeremy bereits ausdrückten, ging es für viele Menschen in dieser Kampagne um weit mehr als nur Kshama wieder zu wählen. Es ging darum, eine ganz neue Art der Politik zu etablieren, die für Arbeiterfamilien kämpft und nicht für Konzerne. Es ging darum zu zeigen, was möglich ist, wenn Beschäftigte sich organisieren.
In einem Jahr, wo die Konzerne in Seattle fünf mal so viel ausgegeben haben, wie jemals zuvor bei Wahlen zum Stadtrat, haben wir einen Spendenrekord aufgestellt. Wir haben fast 500.000 Dollar von 3.500 SpenderInnen gesammelt. Die durchschnittliche Spende betrug 50 Dollar und es haben mehr Menschen für uns gespendet als für irgendeinen andereN KandidatIn in ganz Seattle. So wie Bernie Sanders Kampagne es geschafft hat, 28 Millionen Dollar in drei Monaten zu sammeln, hat Kshamas Kampagne das enorme Potential für unabhängige Politik im Interesse der Beschäftigten aufgezeigt.
Aufbau der Bewegung
Niemand hat der dem politischen Establishment in Seattle in den letzten zwei Jahren mehr Kopfschmerzen bereitet als Kshama Sawant. „I trage die Bezeichnung Sozialistin mit Stolz“ sagte sie in ihrer Antrittsrede im Januar 2014 nachdem sie den Vorgänger nach 13 Jahren Amtszeit aus dem Amt jagte. Sie versprach damals „keine Hinterzimmerdeals mit Konzernen oder ihren politischen Vertretern zu machen. Es gibt keinen Ausverkauf der Menschen, die ich repräsentiere.“
Und Kshama hielt, was sie versprach. Ihr Stadtratsposten wurde das Zentrum von Widerstand, Unterstützer von MieterInnen, ArbeiterInnen, Schwarzen, MigrantInnen sowie LGBTQ AktivistInnen. Kshama rückte die politische Debatte nach links. „Bezahlbarkeit“ wurde zu einem der am meisten wiederholten Schlagwort. Nichtsdestotrotz wurde sie viele Male von der konservativen Mehrheit im Stadtrat blockiert. Aber Kshama gab in ihrem Kampf für die Interessen der arbeitenden Menschen niemals auf und erklärte wieder und wieder, dass alles, was im Rathaus gewonnen werden kann, von der Stärke der Bewegung auf der Straße abhängt – und sie tat alles, was sie konnte, diese Bewegungen zu unterstützen.
Der gleiche Geist umgab auch die Wahlkampagne. Wir wussten zwar, dass wir mit dem Meer an roten Postern, die überall in der Stadt aufgestellt wurden, in einer starken Position waren. Wir wussten aber auch, dass nichts sicher ist, da die Demokratie am Kapitalismus hängt, Geld Stimmen kaufen kann und die großen Medien die Diskussion verengt und verzerrt.
Stattdessen haben wir uns auf den Aufbau einer unabhängigen Kraft verlassen, die tausende WählerInnen erreichen kann, in dem sie ArbeiterInnen und Jugendliche aktiviert und mit tausenden Menschen spricht.
Als 60.000 Dollar in den letzten Wochen von unseren Gegnern ausgegeben wurde, um unsere Kampagne zu diskreditieren, waren wir vorbereitet. Innerhalb weniger Tage haben wir mit einem Flugblatt geantwortet und über diese plötzliche Geldflut der Gegner aufgeklärt. Zwei weitere Angriffe beantworteten wir mit einem weiteren Flugblatt, indem wir über die Lügen unserer Gegner aufklärten und brachten das tausende Haushalte.
Ein Beispiel zum Nachahmen
Mit der ersten gewählten Sozialistin dieses Jahrhunderts in Seattle hatte die Wahlkampagne eine viel höhere Bedeutung als eine normale Kommunalwahl. Al Jazeera nannte es eine von sieben Wahlen in den USA, die man verfolgen müsse. Die Kampagne fand vor dem Hintergrund der wachsenden Unterstützung für Bernie Sanders sozialistischer Präsidentschaftskampagne statt und seinem Aufruf für eine „politische Revolution gegen die Klasse der Milliardäre“.
Zweifellos ergeben die letzten zwei Jahre in Seattle eine Reihe von wichtigen Lehren für SozialistInnen und AktivistInnen überall. Kshama selbst würde sagen, dass den Hauptunterschied in Seattle gemacht hat, dass es eine organisierte sozialistische Bewegung im Allgemeinen und die Socialist Alternative im Besonderen gab.
Wir gaben Kshama die politische Unterstützung, um ihr gegen den Druck im Amt und beim Aufbau der Bewegung zu helfen. Gemeinsam waren wir in der Lage der wachsenden Wut über Ungleichheit, steigenden Mieten und abgehobenen Politikern in eine Bewegung zu verwandeln, die sich auf ihre eigene Stärke, ihre eigene Organisation und ihre eigenen Mittel stützte.
Die Möglichkeit zum Aufbau einer sozialistischen Bewegung überall in den USA werden größer. Die Menschen haben die Schnauze voll von der Politik des Establishments und es gibt ein wachsendes Interesse an sozialistischen Ideen, was auch mit Bernie Sanders Äußerungen zu tun hat, als er sich als demokratischen Sozialisten in der Debatte mit Hillary Clinton bezeichnete. Die Bewegung für 15 Dollar Mindestlohn hat eine Reihe von Siegen im ganzen Land errungen, Studierende wehren sich gegen Studiengebühren und eine ganze neue Generation junger Menschen aktivierte sich in der Black Lives Matter Kampagne.
Unsere Arbeit endet heute nicht. Wir müssen die Möglichkeiten nutzen und auf unserem Sieg aufbauen. Das bedeutet in erster Linie, dass wir uns besser organisieren müssen. Es war diese Bewegung, die uns so weit gebracht hat. Leute sollten sich der Socialist Alternative anschließen und mithelfen eine noch stärkere Bewegung aufzubauen, die noch mehr Erfolge in der Zukunft erreichen kann.