Text des CWI-Flugblatts, das bei den Protesten gegen den Klimagipfel in Paris verteilt werden sollte
Vorbemerkung: Zum Anfang Dezember in Paris stattfindenden Klimagipfel waren internationale Massenproteste geplant. Die französische Regierung nutzte den schrecklichen Terroranschlag vom 13. November, um einen Ausnahmezustand zu verhängen und die Proteste zu verbieten. Das ist ein Beispiel dafür, dass der Terror des so genannten Islamischen Staates von den Herrschenden für ihre eigenen Interessen ausgenutzt werden kann. Das Komitee für eine Arbeiterinternationale, die internationale sozialistische Organisation der die SAV angeschlossen ist, hatte eine Beteiligung durch Mitglieder aus verschiedenen Ländern an den Protesten geplant und dazu ein Flugblatt erarbeitet, dessen Text wir hier veröffentichen:
Der „COP21“-Gipfel in Paris ist das 21. Treffen dieser Art seit 1972. Jedes Mal ist darum ein Riesen-Tamtam veranstaltet worden – doch wie mickrig fallen am Ende immer die Ergebnisse dieser Gipfeltreffen aus? Die Regierungen der reichen Länder klopfen sich von mal zu mal mehr auf die eigenen Schultern und den Großkonzernen, die von ihnen vertreten werden, werden immer mehr Rechte zur Verschmutzung des Planeten eingeräumt. In den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und -vertrieb ist es zu beispiellosen Veränderungen gekommen. An die Gesundheit der Menschen, die in diesen Bereichen arbeiten und die die entsprechenden Produkte konsumieren, wird dabei überhaupt nicht gedacht. All dies geschieht nur, um der Lebensmittelindustrie zu garantieren, dass sie maximale Profite erzielen kann!
Von den Regierungen wird alles Erdenkliche getan, um die Macht der Großkonzerne auf Kosten unserer Lebensbedingungen und auf Kosten unseres Planeten auszuweiten. Die „einfachen“ Leute haben keine Kontrolle mehr über Anbaubedingungen, Lebensmittelqualität etc.! Sogar das Problem des Klimawandels wird vermarktet! Von dieser Art von Gipfeltreffen können wir nichts erwarten außer einen Anlass zu haben, um unseren Widerstand dagegen zu organisieren! Die drängendste Frage, die sich heute stellt, lautet: Wie können wir die Kontrolle über unsere Zukunft erlangen?
Ökologie und Kapitalismus – eine riesengroße Farce!
In Frankreich sind 87 Prozent der Treibhausgasemissionen auf nur 18 Prozent der Industriezweige zurückzuführen. 46 Prozent davon stammen aus lediglich 21 Fabriken. Bei den größten Umweltverschmutzern handelt es sich nur um eine Handvoll superreicher Industriemagnaten! Die Mehrheit der Opfer der ökologischen Krise sind „einfache“ arbeitende Menschen in den reichen Ländern und die Bevölkerungen der armen Länder, die am stärksten von Dürren, Überflutungen, Folgeerkrankungen etc. betroffen sind. Es sind die Kapitalisten, die in Wirklichkeit dafür verantwortlich sind!
Das Beispiel Volkswagen ist bezeichnend. Dort wurden ökologische Ziele zum Verkaufsschlager erhoben, während man eine besondere Software entwickelt hatte, um seit 2009 die entsprechenden Abgaskontrollen systematisch zu unterlaufen. Auf diese Weise sind die tatsächlichen Emissionswerte verschleiert worden, die die EU-Grenzwerte in Wirklichkeit um das bis zu vierzigfache überschritten haben! Regierungen und Großkonzerne tun alles Mögliche, um uns glauben zu machen, dass die Ökologie im Kapitalismus in besten Händen ist. Das wird jedoch niemals der Fall sein!
„Individuelle Lösungen“ oder „grüne Produkte“: Alles wird zur Ware!
Regierungen und bürgerliche ÖkologInnen sprechen viel von „individuellen Lösungen“. Damit wollen sie uns weis machen, dass wir alle gleichermaßen für die ökologische Krise verantwortlich wären. Zudem wollen sie uns damit einreden, dass der Kampf gegen den Klimawandel keine politische Grundlage hat. Ihr System darf nicht in Frage gestellt werden!
Diese Werbung für „individuelle Lösungen“ und „grünen Kapitalismus“ dient in erster Linie dazu zu verschleiern, wer die wahren Umweltfeinde sind: die Besitzer der Energiekonzerne und andere multinationale Konzerne. KlimaaktivistInnen wissen, dass von dieser Seite keine echten Lösungen zu erwarten sind. Wir alle müssen mit all jenen zusammenarbeiten, die wirklich in der Position sind, die Kontrolle über die großen Konzerne übernehmen zu können und diese nach demokratischen Maßstäben zu verwalten. Es geht hierbei um die organisierte gesellschaftliche Klasse der arbeitenden Menschen, die Arbeiterklasse.
Für Großkonzerne haben Umweltzertifikate oder „ökologische“ Maßnahmen weniger mit Ökologie sondern vielmehr mit bestimmten „Kommunikationsstrategien“ zu tun. Mit alternativen Energieträgern lässt sich zur Zeit noch nicht so viel Profit machen wie mit fossilen Brennstoffen. Und weil der Profit über allem anderen steht, setzen die großen Umweltverschmutzer, wie beispielsweise die Öl-Giganten, ihre Zerstörung des Planeten fort. Die Bereiche Verkehr, Produktion und Energieerzeugung werden allesamt vom Markt beherrscht. Wir haben kein Mitspracherecht und keine Kontrollmöglichkeit.
Im Allgemeinen gilt: Was dir nicht gehört, kannst du auch nicht kontrollieren! – Wir müssen die Betriebe in Besitz nehmen!
Heute sieht es so aus, dass die Mehrheit der Bevölkerung bei der Frage, wie und was produziert wird, kein Mitspracherecht hat. Die treibende Kraft eines jeden Unternehmens sind zwar die Menschen, die dort arbeiten. Doch das einzige, was für die Arbeitgeber zählt, ist, dass diese ArbeiterInnen so billig wie möglich zu ihrer Verfügung stehen. Die ArbeiterInnen selbst sind normalerweise nicht in der Lage, darüber zu entscheiden, was und wie produziert wird. Was das angeht, hat sich nur sehr wenig verändert: Kapitalisten und ihre Regierungen müssen zu „verantwortungsvollem Handeln“ gezwungen werden. Ihr marodes System dient nur den Profiten ihrer eigenen gesellschaftlichen Klasse, bei der es sich um eine winzige Minderheit in der Gesellschaft handelt. Was das für die Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit bedeutet, ist ihnen egal. Wann immer Fortschritte erreicht worden sind, so geschah dies nur aufgrund des massiven Drucks von unten und durch Kämpfe, die geführt wurden!
Die Kapitalisten nutzen einfach die Schlupflöcher in den Gesetzestexten, die sie selbst zuvor diktiert haben. Sie brechen sogar die grundlegenden Normen, die uns angeblich schützen sollen. Gleichzeitig sind sie durch Regularien abgesichert, mit denen ihre Eigentumsrechte geschützt werden. Auch in diesem Punkt liegt es an uns, der Mehrheit der Bevölkerung, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen. Wir müssen unsere gemeinsame und kollektive Kraft nutzen, die wir als ProduzentInnen allen Reichtums dieser Welt haben.
Wir müssen uns organisieren und für Sozialismus kämpfen!
Das kapitalistische System bringt uns nicht weiter – im Gegenteil. Deshalb müssen wir diesem System ein Ende setzen! Wir können die Dinge nur durch revolutionär-sozialistische Maßnahmen verändern, wie 1968 in Frankreich. Das bedeutet, dass die Unternehmenseigentümer enteignet und die Schlüsselindustrien der Kontrolle und Verwaltung der Beschäftigten und der Gesellschaft insgesamt unterstellt werden müssen. Auch die großen Energieunternehmen, die Pharma-Riesen und viele weitere große Monopole müssen verstaatlicht werden, die bisher unser Leben beherrschen. Dasselbe gilt auch für die Banken.
Der Sozialismus, den wir meinen, hat nichts mit dem Markt-Denken eines Staatspräsidenten namens Hollande zu tun und auch nicht mit der bürokratischen Diktatur, die wir aus stalinistischer Zeit her kennen. Der Sozialismus, den wir meinen, steht für demokratische Planung der Wirtschaft und dafür, dass die Ressourcen eingesetzt werden, um die Bedürfnisse aller zu befriedigen – nicht die Profitinteressen einer Handvoll Menschen oder den Privilegien einer parasitären Kaste.
Wenn die arbeitenden Menschen heute die Kontrolle über die gesellschaftlichen Abläufe hätten, dann würde so einiges anders laufen. Es gäbe kein Gesetz, mit dem der private Profit von Konzerneignern oder Aktienbesitzern geschützt wird. Stattdessen würden wir qualitativ hochwertige Materialien einsetzen, um langlebige Produkte herzustellen. Damit gäbe es keine Produktion von Schrott mehr, wie heute der Fall, und es gäbe auch nicht mehr das Phänomen der „planmäßigen Überalterung“, bei der die Produkte nach einer bestimmten Zeit kaputt gehen. Die Produkte würden somit auch keine Gefahr mehr für die Menschen darstellen, die mit ihnen arbeiten oder die sie benutzen müssen. Der einzige Weg, um die Energiewende wirklich in die Tat umzusetzen, besteht darin, in Fabriken, das Verkehrswesen und umweltfreundliche Kraftstoffe zu investieren!
Jede und jeder von uns hätte einen sicheren Arbeitsplatz und müsste insgesamt weniger arbeiten. Auf diese Weise hätten wir alle mehr Zeit, um die Kontrolle über die Produktion auszuüben, die Frage zu klären, was und wie produziert werden soll, und wie die Infrastruktur umweltgerecht weiterentwickelt werden soll. Wir haben bereits die technischen Mittel, um die Produktion entsprechend unserer Bedürfnisse – und nicht profitgeleitet – planen zu können. Es ist möglich, die Ressourcen unseres Planeten vernunftgeleitet einzusetzen.
Es ist an der Zeit, dass wir uns organisieren, um die Arbeitgeber und politischen Vertreter daran zu hindern, nach eigenem Dafürhalten sämtliche wichtigen Entscheidungen allein zu fällen. Es ist Zeit, dass wir für echte Veränderung kämpfen. Wer bestimmt, wie und ob sich das Klima ändert und wer ist in der Lage, die Zukunft für jeden Menschen auf diesem Planeten zu sichern?!