Generalstreik gegen die Austerität wird von Massenprotesten begleitet.
Bericht von Xekinima (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Griechenland)
Am Donnerstag, dem 12. November, hat zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder ein eintägiger Generalstreik in Griechenland stattgefunden. Dieses Mal richtete er sich gegen die Politik der SYRIZA-Regierung. Seit Januar 2015 sind die verschiedenen Gewerkschaftsführungen und vor allen Dingen die Spitze des Dachverbands GSEE (dt.: „Allgemeiner Arbeiterbund Griechenlands“), der die Beschäftigten in der Privatwirtschaft vertritt, kaum noch irgendwo in Erscheinung getreten. Der GSEE hat jedoch nicht gezögert, Position zum Referendum im vergangenen Sommer zu beziehen, das von der Regierung unter Führung von SYRIZA anberaumt worden ist und bei dem es um die Frage ging, ob man noch mehr Austeritätsmaßnahmen der Troika akzeptieren soll oder nicht. Die GSEE-Spitze sprach sich dafür aus, dieses Referendum auszusetzen(!) und stellte gleichzeitig fest, dass die eigene Position eher in Richtung des Verbleibs Griechenlands in der Eurozone gehe. Mit anderen Worten: Es wurde dazu aufgerufen, mit „Ja“ zu stimmen.
Bankrotterklärung der Gewerkschaftsführungen
Nachdem SYRIZA sich in eine Partei verwandelt hatte, die sich nun selbst für Konzern- und Bankenrettungen einsetzt, und nach der Verabschiedung eines erneuten Austeritätspakets folgte der GSEE seiner alten „Tradition“ und kündigte einen 24-stündigen Generalstreik an. In einem älteren Artikel auf unsere Xekinima-Homepage haben wir die Verantwortlichkeiten analysiert, die der Gewerkschaftsführung zukommt, die Streiks ausrufen, als seien diese ein Selbstzweck. Vorschläge für eine Eskalation, eine Perspektive oder überhaupt eine Planung sind dabei nie vorhanden. Wir haben auch erklärt, wie die Stimmung unter den abhängig Beschäftigten – nachdem die SYRIZA-Regierung das neue Memorandum unterzeichnet hatte – unweigerlich in den Keller gegangen ist. Kurz zuvor hatte dieselbe Partei SYRIZA noch Grund zur Hoffnung gegeben und echten politischen Wandel in Aussicht gestellt. Die ArbeiterInnen sind rundherum enttäuscht worden. Dies zeigte sich an der geringen Beteiligung an Aktionen verschiedener Branchen (z.B. im Gesundheitswesen, bei kommunalen Einrichtungen etc.). Auf der anderen Seite stellten wir heraus, dass solch eine Flaute zu erwarten war und dass dies nicht bedeutet, dass die Bewegung nicht irgendwann zurückfinden wird zu neuen, massenhaften und energischen sozialen Kämpfen gegen die Austerität, die Tag für Tag aggressiver wird.
Massenkundgebungen
Unter den beschriebenen Umständen ist es ein äußerst positives Signal, dass die Beteiligung am Generalstreik vom 12. November nun vergleichsweise stark war. In Athen nahmen rund 30.000 Menschen an Protesten teil (wobei der sozialdemokratische Gewerkschaftsflügel PAME die größte davon abhielt), in Thessaloniki waren es mehr als 6.000, und bei dem Protest in Volos hat es sich um einen der erfolgreichsten in den letzten Jahren gehandelt.
Trotz der starken Beteiligung fehlte es bei den Märschen und Kundgebungen allerdings an Dynamik und Schwung. Das lag daran, dass die Arbeiterklasse einerseits zwar versteht zu mobilisieren, ihre Motivation jedoch eingeschränkt wird, wenn keine Vorstellung vermittelt wird, wie die Austeritätspolitik überwunden werden kann.
SYRIZA gegen SYRIZA
Da SYRIZA ebenfalls dazu aufgerufen hat, sich an den Aktionen zu beteiligen, bestand eine ziemlich paradoxe Situation. Die Regierungspartei, die politisch für alles verantwortlich ist, was in der letzten Zeit umgesetzt wurde, ruft die Menschen dazu auf, sich an Protesten dagegen zu beteiligen! Es ist nicht das erste Mal, dass SYRIZA verzweifelt versucht, die Menschen glauben zu machen, dass sie Teil der Bewegung sei. Zwei weitere Beispiele dafür sind die Teilnahme von SYRIZA (einschließlich ihrer Parlamentsmitglieder) bei dem Protest gegen die Privatisierung des Hafens von Piräus (im Parlament hatte SYRIZA dafür gestimmt) wie auch der Aufruf zum Protest gegen den Zaun in Evros (offiziell wurde verkündet, dass dieser nicht abgerissen werden kann). Es gilt jedoch weiterhin: Auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen, kann man nicht! Die Regierung und SYRIZA haben sich bereits entschieden. Und ihre Entscheidungen richten sich gegen die Arbeiterkasse, da sie mit ihrer feindseligen Politik einfach weitermachen.
Was aber will SYRIZA dann mit solchen widersprüchlichen Vorgehensweisen erreichen? Will man, dass die Menschen glauben, man sei „bei sozialen Fragen besonders sensibel“? Soll damit die direkte Konfrontation mit der Bevölkerung vermieden werden, die für SYRIZA gestimmt hat, weil man darüber zu zeigen meint, dass man das Memorandum einfach besser umzusetzen weiß?
Was immer auch dahinterstecken mag, die Folgen der Politik von SYRIZA werden sich vor den Augen der Menschen ganz offen ausbreiten. Jede Illusion in ein etwaiges „Parallel-Programm“ wird zerschmelzen. Das einzige, was diese Partei bisher erreicht hat, ist, die VorreiterInnen der Bewegung zu empören und sie gegen die Führung von SYRIZA aufzubringen, die sie nicht nur verraten hat, sondern sich auch noch über sie lustig macht.
Xekinima (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Griechenland) führt eine Kampagne für den Bruch mit der Austerität und für ein sozialistisches Programm. Dazu zählt auch die Ablehnung einer weiteren Schuldenzahlung, die Kontrolle über den Kapitalverkehr, das Außenhandelsmonopol des Staates, die Verstaatlichung der Banken und Schlüsselindustrien unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der Beschäftigten, Umkehrung der Austerität, Arbeitsplätze für alle, ein angemessener Mindestlohn sowie kostenlose und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung, Bildung und Fürsorge.
Planung der Wirtschaft im Sinne der Bedürfnisse der Menschen und nicht im Sinne der Profite der Kapitalisten (die sozialistische Neuausrichtung der Gesellschaft also) würde die Wirtschaftskrisen, Armut, Arbeitslosigkeit und erzwungene Migration beenden.
Um dies zu erreichen ist von entscheidender Bedeutung, in ganz Griechenland zu einer unabhängigen Politik für die gesellschaftliche Klasse der ArbeiterInnen zu gelangen. Die Arbeiterklasse wie auch die jungen Menschen an sich müssen sich aktiv am Kampf gegen die Troika und für eine sozialistische Alternative beteiligen. Wir müssen Aufrufe an die KollegInnen und die jungen Leute in ganz Europa starten, um die Austerität zu bekämpfen und für ein sozialistisches Europa zu kämpfen.