Für eine Kampagne gegen Rassismus und für Solidarität mit allen Flüchtenden
2015 hat sich die Situation in Bezug auf rechte Gewalt massiv verschärft. Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, Morddrohungen gegen Leute, die gegen Rassismus aktiv sind; Menschen, die auf offener Straße von rechten Gewalttätern zusammengeschlagen werden.
von Holger Dröge, Berlin
Aufs Neue erfahren wir täglich von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte und die Menschen, die bei uns Schutz vor Gewalt, Verfolgung oder menschenunwürdigen Verhältnissen suchen. Viele von ihnen sind traumatisiert und haben viel Leid und Not erfahren. Wir müssen verhindern, dass sie in Deutschland weiteres Leid, Anfeindungen und Angriffe erleben. Mehrere Tage hat ein rassistischer Mob in Heidenau bei Dresden Ende August Flüchtlinge und ihre UnterstützerInnen bedroht, sie mit Böllern und Steinen attackiert. Die ebenso angegriffene Polizei führte keine Festnahmen auf Seiten des Mobs durch. Diese Straffreiheit für Rassisten und die Untätigkeit der sächsischen Polizeibehörden ruft Erinnerungen an die unerträgliche Situation Anfang der 90er Jahre in Deutschland wach, in der das Leben von MigrantInnen und Flüchtlingen durch rassistische Angriffe besonders bedroht war. Dies darf sich nicht wiederholen.
Gleichzeitig ist weltweite Situation geprägt von Kriegen, Umweltzerstörung, Terror, wachsender Armut und sozialer Ungleichheit. All das sind auch die Gründe für Millionen von Menschen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Weltweit sind rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Davon werden in diesem Jahr rund 800.000 nach Deutschland kommen. Es ist nicht abzusehen, dass die Zahl der Flüchtenden in den nächsten Jahren abnehmen wird.
Ausbau öffentlicher Infrastruktur ist möglich
Das bedeutet Herausforderungen für die Versorgung mit Wohnraum, Arbeitsplätzen und sozialer Infrastruktur. Gleichzeitig leben in Deutschland viele sehr reiche Menschen, die nur einen geringen Beitrag an Steuern und Sozialabgaben zahlen. Wir setzen uns dafür ein, dass Gewinne und große Vermögen endlich ausreichend besteuert werden, um diesen Herausforderungen für die öffentlichen Haushalte gerecht zu werden.
Bundesweite Kampagne nötig
Die SAV setzt sich für eine bundesweite Kampagne der Gewerkschaften gegen Rassismus und in Solidarität mit allen Flüchtenden ein. Das Motto einer solchen Kampagne könnte sein: „Fluchtursachen bekämpfen, nicht Flüchtlinge – Solidarität statt Spaltung, Rassismus den Boden entziehen!“ Die Gewerkschaften sollten zu einer bundesweiten Demonstration unter diesem Motto aufrufen. Dabei darf sich eine solche Kampagne nicht nur auf konkrete Hilfe für Flüchtende beschränken, sondern muss auch gesellschaftlich für eine andere Politik werben. Es sollte deutlich gemacht werden, dass Krieg und Armut als Fluchtursachen nicht zufällig, sondern eine Folge von Waffenexporten, Kriegerischer Politik und Ausbeutung der neokolonialen Welt sind. Menschen fliehen vor Verhältnissen deren Ursachen in der Regierungspolitik hier zu finden sind. Flüchtlinge und MigrantInnen sind nicht schuld an sozialen Problemen wie steigenden Mieten, prekären Arbeitsverhältnissen oder Armut. Sie werden zu Sündenböcken gemacht. Das lassen wir als Gewerkschaften nicht zu und stehen Seite an Seite mit allen arbeitenden und erwerbslosen Menschen, egal welcher Herkunft oder Nationalität.
Wenn die Gewerkschaften massenhaft Plakate und Flugblätter in verschiedenen Sprachen herausgeben, innergewerkschaftliche Schulungen und Mitgliederversammlungen in den Betrieben durchführen würden, dann würde das eine enorme gesellschaftliche Wirkung entfalten. Bundesweite Aktionstage, die Beteiligung an Protesten gegen rechte Aufmärsche und beispielhafte Kampagnen gegen Billiglöhne, prekäre Beschäftigung und Unterlaufen des Mindestlohns in Bereichen, wo viele Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten, wären wichtige weitere Schritte.