Demo „Gemeinsam für ein gutes Leben!“ ist voller Erfolg
Am Freitagabend versammelten sich 300 Menschen in Aachen zu einer antirassistischen Demonstration. Unter dem Motto „Gemeinsam für ein gutes Leben!“ sollte jeder Spaltungsversuch zwischen Flüchtlingen und anderen Benachteiligten zurückgewiesen werden. Es beteiligte sich auch eine große Gruppe Flüchtlinge aus Syrien.
von Christian Walter, Aachen
Aufgerufen hatte das Bündnis „Antirassistische Offensive“. Vor etwa einem halben Jahr wurde es auf Vorschlag von SAV-Mitglieder in linksjugend [’solid] gegründet. Dazu kamen Menschen aus etwa 25 Organisationen. Die Demonstration war die erste eigenständige Aktion des Bündnisses und wird als voller Erfolg gewertet.
Benachteiligte, vereinigt euch!
Redebeiträge kamen von vielen Gruppen. Der Redner der LINKEn AG Soziales berichtete, dass regelmäßig Hartz IV-Betroffene in ihrer Beratung die Angst vor Kürzungen äußerten. Im Arbeitskampf der Beschäftigten der Sozial- und Erziehungsdienste hatte die Arbeitgeberseite mit Hinweis auf die Ausgaben für Flüchtlinge behauptet, die Forderungen der KollegInnen seien nicht finanzierbar. Sowohl der AG Soziales-Redner, als auch eine Vertreterin einer Elterninitiative wiesen diese Spaltungsversuche zurück. Verschiedene Benachteiligte seien keine KonkurrentInnen – stattdessen sollten sie gemeinsam für ein gutes Leben aufstehen. In weiteren Redebeiträgen berichteten Flüchtlinge von ihren Erfahrungen und wie sie ihre neue Heimat bisher empfinden. Besonders gelobt wurde dabei die deutlich spürbare Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Diese Hilfsbereitschaft ist angesichts viel zu geringer Gelder auch weiter nötig. Ein Aktivist von „Medinetz“, eines bundesweit aktiven Netzwerkes von solidarischen, ehrenamtlich helfenden MedizinerInnen verdeutlichte wie nötig solche Hilfe ist.
Gefahr von Rechts
Auch die lokale Neonazi-Szene wurde thematisiert. Vor zwei Jahren war eine antirassistische Demonstration von linksjugend [’solid] gleich mehrfach von Neonazis und rechten Hooligans angegriffen worden. Bis heute hat keiner der Angreifer eine Strafe erhalten. Auch gibt es bis heute eine bei der rechten- und Hooliganszene beliebte Kneipe direkt gegenüber der Aachener Synagoge. Diese Kneipe war wiederholt Ausgangspunkt von Angriffen auf Linke und AntirassistInnen.
Für bezahlbaren Wohnraum
In wenigen Tagen eröffnet die Shopping-Mall „Aquis Plaza“. Um sie zu ermöglichen wurde ein ganzes Wohnviertel in der Aachener Innenstadt zerstört. Die Initiative „Recht auf Stadt“ organisiert zur Eröffnung eine Kundgebung (27.10., 18 Uhr am Kugelbrunnen). In ihrem Redebeitrag kritisierten sie die Stadtentwicklung nach Profitinteressen einer Minderheit. Eine SAV-Aktivistin aus Berlin, die zu Gast in Aachen war, beschrieb dass in Berlin Zehntausende Quadratmeter potenzieller Wohnraum leer steht – während Menschen auf der Straße leben müssen. Sie forderte die Beschlagnahmung von leerstehenden Gebäuden. Diese müssten Bedürftigen zur Verfügung gestellt werden. Immobilienspekulanten müssten enteignet werden.
Flüchtlinge schützen, Fluchtursachen bekämpfen
Zum Abschluss wurden Waffenexporte und Krieg – auch unter deutscher Beteiligung – als Fluchtursache benannt. Während deutsche Konzerne im ersten Halbjahr 2015 fast so viel Geld mit Waffenverkäufen gemacht haben wie im gesamten Vorjahr, wurde das Asylrecht weiter eingeschränkt. Damit sollen mehr Menschen aus Balkanstaaten abgeschoben werden. Dabei orientiert sich der deutsche Staat offensichtlich an der Verwertbarkeit der Geflüchteten: In Syrien gab es vor dem Bürgerkrieg ein gut ausgebautes Bildungssystem, was Menschen von dort für die deutsche Wirtschaft interessant macht.
Laute Demo
Auf ihrem Weg durch die Innenstadt war die Demonstration von Sprechchören geprägt. Zum Ende kamen noch einige Trommeln als Unterstützung dazu. Ganz vorne liefen Flüchtlinge. Spontan wurden die Redebeiträge ins arabische übersetzt.
Mit 300 TeilnehmerInnen kamen mehr als erwartet. Das ist ein gutes Zeichen, auf dem in den kommenden Wochen aufgebaut werden muss. Im Bündnis-Aufruf wurden bezahlbare Wohnungen, gute Bildung und Arbeit und andere Forderungen aufgestellt, die nur mit massiven Investitionen schaffbar sind. Die Frage, wo die Gelder dafür herkommen sollen, blieb in einigen Beiträgen unbeantwortet und wurde auch vom Bündnis noch nicht diskutiert. Das muss in der kommenden Zeit nachgeholt werden. Die Haltung der SAV dazu ist klar: Die Fluchtverursacher ebenso wie alle anderen Profiteure dieser Gesellschaft, die für Profite Armut und Not schafft, müssen die Kosten tragen. Der Kampf darum muss mit dem Kampf gegen die Grundlage, den Kapitalismus und für eine sozialistische Welt verbunden werden.