Am Samstag, den 20. Juni, fand in Aachen eine Solidaritätsdemo statt. Damit sollten die Forderungen der KollegInnen im Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) unterstützt werden.
von Jan-Philip Uitenbroek und Christian Walter, Aachen
Organisiert wurde die Demonstration von einem solidarischen Elternbündnis. Unterstützt wurden sie vom Stadtelternbeirat und ver.di. Als einzige sichtbare linke Gruppierung nahmen GenossInnen der SAV Aachen teil.
Lautstark durch die Innenstadt
Ausgangspunkt des Demonstrationszuges war der Aachener Kugelbrunnen. Von dort aus der zog der Zug zum Marktplatz vor dem Aachener Rathaus. Mit Trommeln, Pfeifen und anderem wurde lautstark Aufmerksamkeit erregt und eine kämpferische Stimmung erzeugt. Leider wurde jedoch auf das Rufen von Slogans verzichtet – durch massig selbstgemalte Plakate kam die Message dennoch gut rüber.
Angekommen am Marktplatz gab es Programm für Groß und Klein: Kinderschminken und Dosenwerfen für die Kleinen. Kostenloses Eis für Alle. Und Inhalte für die Großen. In den größtenteils kämpferischen Redebeiträgen wurde explizit hervorgehoben, dass eine „Schlichtung um jeden Preis“ nicht sinnvoll sei. Ein Ergebnis müsse als Grundlage die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen haben.
Alle sind betroffen
Zwei Rednerinnen vom Elternbündnis „MEHR WERT Aachen“ (https://www.facebook.com/buendnismehrwert) wiesen darauf hin, dass die eigentliche Bekämpfung der Problematik in der gesellschaftlichen Gleichstellung aller Berufe liege. Der Vertreter des Elternbeirates erklärte, warum Eltern sich mit den Forderungen und dem Kampf der KollegInnen solidarisieren sollten: Es gehe um die Kinder und damit die Zukunft – dafür müsse angemessen Geld bereitgestellt werden.
Ein Highlight war ein Redebeitrag eines Aktivisten aus Leipzig: Er ist dort in einem Solidaritätsbündnis aktiv, das verschiedene Streiks aktiv unterstützt. Zuletzt haben sie insbesondere auf die prekäre Situation der Amazon-ArbeiterInnen und der GebäudereinigerInnen aufmerksam gemacht. Bei Amazon läuft seit über einem Jahr ein Arbeitskampf um die Einführung eines Tarifvertrags – bisher ohne nennenswertes Entgegenkommen des Konzerns.
Insgesamt zog sich durch die Redebeiträge der Schulterschluß zwischen KollegInnen aus verschiedenen Bereichen: Egal ob Pflege, Gebäudereinigung oder sonstwo – Niedriglohn ist ebenso wie kaum schaffbarer Arbeitsdruck ein Problem, dass fast überall anzutreffen ist.
Kämpfe verbinden – gemeinsam siegen
Anders als bei vielen Aktionen bröckelte die Aktion nach der Demo nicht auseinander: Fast alle blieben bis zur letzten Rede. Alle Beiträge wurden sehr interessiert verfolgt. Selbst danach blieben noch viele und diskutierten in kleinen Gruppen weiter. Insgesamt beteiligten sich etwa 200 Personen an der Solidaritätsaktion. Wir waren mit Fahnen und einem Transparent („Solidarität ist unsere Stärke! – Gemeinsam kämpfen und streiken!“) vor Ort, verteilten unser aktuelles Flugblatt (https://www.archiv.sozialismus.info/2015/06/forderungen-durchsetzen-fuer-alle/) und konnten 10 Exemplare der Juni/Juli-Ausgabe unserer Zeitung „Solidarität“ verkaufen.
Solidaritätsaktionen von Betroffenen sind gut und richtig. Es ist aber auch richtig, dass der SuE-Streik die Kommunen entlastet hat – in einem Redebeitrag wurde die Zahl 100 Millionen Euro genannt, die eingespart wurden. Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, ausreichend Druck zu erzeugen, um den Arbeitgeber zu nennenswerten Zugeständnissen zu zwingen. Dabei betonten viele KollegInnen zurecht, dass Sozial- und Erziehungsdienste erst die Grundlage bieten, auf der profitable Branchen aufbauen können. Eine Maßnahme wäre es, die verschiedenen aktuellen Arbeitskämpfe (Post, SuE, Bahn sowie wichtige lokale Kämpfe wie an der Berliner Charité, im Versicherungsgewerbe, Amazon u.v.m.) zusammenzufassen und zu einer mächtigen Streikfront auszubauen.
Schritte dahin wären gemeinsame Aktionstage (auch unter Einbeziehung der Verbeamteten Post-KollegInnen, der SuE-Beschäftigten in freier Trägerschaft und der Vielen, die mit unterschiedlichsten Methoden am Streiken gehindert werden) und gemeinsame, überregionale oder bundesweite Großdemonstrationen. Wenn all das nicht reicht, um die Arroganz der Arbeitgeber zu brechen könnten Solidaritätsstreiks in profitablen Bereichen der Wirtschaft Abhilfe schaffen. Anstatt allzuviel Hoffnung in Schlichtungen und Gerichtsverfahren zu stecken sollten lieber solche Maßnahmen vorbereitet werden.
Das Bündnis „MEHR WERT Aachen“ jedenfalls hat angekündigt, weiter zu machen – egal was die Schlichtung sagt. Auf dem Flyer heißt es dazu „Denn vereinzelt muss man sich alles gefallen lassen, zusammen können wir die Welt verändern!“.