Lebendige Diskussionen über Alternativen zum Kapitalismus
Am 13. Juni 2015 fand der fünfte regionale Sozialismustag der SAV im Ruhrgebiet statt, diesmal im Taranta Babu in Dortmund. Rund 65 Gäste nahmen daran teil, einige reisten aus Berlin, Hamburg oder den Niederlanden an, viele kamen aus verschiedenen Städten NRWs und dem Ruhrgebiet. Unter ihnen waren Mitglieder der SAV, der Partei DIE LINKE und des Jugendverbandes Linksjugend Solid, GewerkschafterInnen und AktivistInnen, aber auch Leute, die zum ersten Mal an einer politischen Veranstaltung teilgenommen haben. VertreterInnen der SAV-Schwesterorganisationen in Irland, Spanien und der Türkei berichteten von politischen Entwicklungen und Kampagnen in ihren Ländern.
Bei der Auftaktveranstaltung referierte Svenja Jeschak, Mitglied des SAV-Bundesvorstands, zum Thema „Kapitalismus in der Krise – Perspektiven für den Widerstand“. In dem Vortrag ging es um die Kriege im Nahen Osten und der Ukraine, die „Euro-Krise“ und die griechische Syriza-Regierung, DIE LINKE nach dem Bundesparteitag und die antifaschistische Bewegung.
Workshops: Kampf gegen Nazis, Antiimperialismus, Betrieb und Gewerkschaft
Danach begann die erste Workshopphase. Im Workshop „Nazis und Rassisten stoppen, aber wie?“ ging es um die Umtriebe der faschistischen Bande „Die Rechte“ in Dortmund, die in letzter Zeit verstärkt gegen Flüchtlinge hetzt, und die Vorschläge der SAV, wie die antifaschistische Bewegung den direkten Kampf gegen Naziterror mit dem Kampf gegen die sozialen Ursachen von Rassismus verbinden kann. Im Workshop „Antiimperialismus heute“ drehte sich die Diskussion darum, wie heute ein antiimperialistisches Konzept aussehen kann, dass sich nicht pro-kapitalistischen Machthabern wie Putin und Assad anbiedert, sondern die gemeinsamen Interessen von ArbeiterInnen und Armen in allen Ländern in den Vordergrund stellt und eine sozialistische Perspektive beinhaltet. Im Workshop „Gegenwehr statt Co-Management“ berichtete zunächst der Erzieher und Streikaktivist Julian Koll (SAV-Mitglied und aktiv in der Bezirklichen Arbeitskampfleitung von ver.di*) vom Streik in den Sozial- und Erziehungsdiensten, wobei er betonte, dass die KollegInnen vom aktuellen Arbeitskampf spürbare Verbesserungen erwarten und nicht an faulen Kompromissen interessiert sind. Angelika Teweleit (gewerkschaftspolitische Bundessprecherin der SAV und Sprecherin des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di*) gab anschließend einen Überblick über die aktuellen Streikbewegungen bei der Bahn, der Post, in den Sozial- und Erziehungsdiensten, bei Amazon, der Charité usw. und machte klar, dass es nötig ist, die Auseinandersetzungen zusammenzuführen und kämpferische KollegInnen in Betrieben und Gewerkschaften zu organisieren, um der verräterischen Verzichtspolitik der Gewerkschaftsbürokratie entgegenzuwirken.
Aktion gegen die Bundeswehr
In der Mittagspause gab es eine Fotoaktion gegen den „Tag der Bundeswehr“, an dem sich die deutsche Armee als „attraktiver Arbeitgeber“ und „Friedenstruppe“ darstellt, während die deutsche Außenpolitik immer aggressiver wird und Interessen des deutschen Kapitals verstärkt militärisch durchgesetzt werden. Das Foto fand eine gute Resonanz in sozialen Netzwerken.
Workshops: Gesellschaftsalternativen, Feminismus, Spanien
Anschließend gab es wieder drei parallele Workshops. Im Workshop „Eine Alternative zum Kapitalismus?“ wurde in verschiedenen Gruppen lebendig darüber diskutiert, wie ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem aussehen kann – v. a. junge TeilnehmerInnen brachten hier ihre Fragen und Ideen ein und viele sagten hinterher, dass sie hier eine Menge gelernt hätten. In einem Workshop zum Thema Feminismus fand eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Strömungen der Frauenbewegung statt. Es wurde betont, dass Sexismus und Ungleichbehandlung ihre Ursache in der Klassengesellschaft haben und deshalb der Kampf für gleiche Rechte nicht nur Frauen betrifft, sondern eine Aufgabe der gesamten Arbeiterklasse ist und mit dem Sturz des Kapitalismus verbunden werden muss. Im Spanien-Workshop berichtete Marisa Cabal von Socialismo Revolucionario über die neue linke Partei Podemos. Dabei warnte sie vor der Gefahr, dass die Parteiführung das ursprünglich radikale Programm weiter verwässern könnte und berichtete von den eindrucksvollen Wahlerfolgen, die Podemos bei den letzten Wahlen dort erreichte, wo die Partei gemeinsam mit anderen linken Kräften als Organisation der sozialen Bewegungen und des Widerstands gegen die Austeritätspolitik antrat.
Internationale Abendveranstaltung
Unter dem Motto „Für ein sozialistisches Europa!“ fand schließlich die Abendveranstaltung mit RednerInnen von vier Sektionen des CWI (Committee for a Workers‘ International, internationale sozialistische Organisation, der auch die SAV angehört) statt. Sean Malone von der Socialist Party in Irland berichtete von der Massenbewegung gegen die Wassergebühren, mit denen die Herrschenden die Kosten der kapitalistischen Krise auf die Bevölkerung abwälzen wollen, und dem überwältigenden Erfolg der Kampagne zur Einführung der Homoehe. Dabei ging es um mehr als „nur“ um gleiche Rechte für Homosexuelle, vielmehr drückt die Niederlage der Konservativen und der mächtigen katholischen Kirche beim Referendum die tiefe politische Krise des irischen Kapitalismus aus. Marisa Cabal ging hier nochmal auf die Entwicklung der Linkspartei Podemos ein und sprach über die Radikalisierung der ArbeiterInnen und Jugendlichen in Spanien, die seit Beginn der Wirtschaftskrise auf vielfältige Art – wie die Platzbesetzungen der „Indignados“ oder zahlreiche Streiks – in Aktion getreten und auf der Suche nach gesellschaftlichen Alternativen sind. Nihat Boyraz von Sosyalist Alternatif (Türkei) sprach über den Kampf gegen das autoritäre Erdogan-Regime, die Streiks der AutomobilarbeiterInnen und die Bedeutung, die der Wahlerfolg der linken HDP für die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen hat. SAV-Bundessprecherin Angelika Teweleit sprach u. a. über die Entwicklung der Partei DIE LINKE, in der momentan ein gewisser Anpassungsprozess an Rot-Grün stattfindet, in den aber auch AntikapitalistInnen eingreifen, indem sie dafür eintreten, dass die Partei sich verstärkt an Mobilisierungen auf der Straße und in Klassenkämpfen beteiligt und keine programmatischen Zugeständnisse an pro-kapitalistische Parteien macht. Schließlich sei es im Interesse der großen Mehrheit der ArbeiterInnen und Jugendlichen, die Macht der Banken und Konzerne zu brechen und eine sozialistische Welt zu erkämpfen.
Große Begeisterung
Viele Gäste ließen den Sozialismustag im sommerlichen Westpark ausklingen, wo Diskussionen bis in die Nacht fortgesetzt wurden. In einer Auswertungsrunde betonten alle Anwesenden, ob langjährige SAV-Mitglieder oder junge InteressentInnen, dass sie die Veranstaltung toll fanden. Ein Teilnehmer sagte: „Ich habe schon immer gewusst, dass ich gegen den Kapitalismus bin – aber seit heute habe ich eine Vorstellung davon, wie eine andere Gesellschaft aussehen könnte.“