USA: Streik- und Protesttag für 15 Dollar Mindestlohn

USABerichte aus sieben Großstädten

Am 15. April haben in 230 Städten der USA über 60.000 Gewerkschaftsmitglieder, Studierende und KollegInnen aus dem Niedriglohnsektor ihren Arbeitsplatz bzw. ihre Seminarräume verlassen, um für die Einführung eines Mindestlohns von 15 Dollar pro Stunde zu demonstrieren, an Kundgebungen teilzunehmen und/oder sich an Besetzungsaktionen zu beteiligen. Die zweite Forderung lautete: Wir wollen das Recht haben, uns gewerkschaftlich organisieren zu dürfen. Die (größte US-amerikanische Einzelgewerkschaft, die Dienstleistungsgewerkschaft) SEIU, spielte eine wesentliche Rolle bei der Zurverfügungstellung organisatorischer und personeller Ressourcen. Sie mobilisierte ihre Mitgliedschaft zu diesem Aktionstag. Auch die Initiative „15 Now“ („15 (Dollar Mindestlohn) – jetzt!“), die sich dem Aufbau einer breiten Kampagne verschrieben hat, spielte eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung, der Organisation und Unterstützung der Streiks und direkten Aktionen.

In vielen Städten nahmen die Protestmärsche radikal-kämpferische Züge an. Häufig beteiligten sich auch jüngere AktivistInnen, die durch die Bewegung „Black Lives Matter“ („(Auch) Das Leben von Dunkelhäutigen zählt“) mobilisiert worden waren. Beschäftigte aus der Fast food-Branche, Gewerkschaftsmitglieder, Studierende, Lehrbeauftragte, religiöse Gruppen und kommunale Initiativen waren zusammengekommen, um soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit zu fordern und die Gleichbehandlung aller Menschen. Diese gegenseitige Solidarität und Unterstützung zeigt, wie groß das Potenzial der Kampagne ist, um ArbeiterInnen und junge Menschen zu mobilisieren, damit am Ende echte Lohnerhöhungen für alle Beschäftigten dabei herauskommen. Außerdem kann eine breite Bewegung entstehen, um das viel zitierte „eine Prozent der Bevölkerung“ mit ihrer konzernfreundlichen Agenda herauszufordern. Schließlich geht es ihnen nur um weitere Angriffe auf die Beschäftigten, die Gewerkschaften, Frauen, Homeosexuelle, die Bildung, öffentliche Einrichtungen. Eines ihrer Mittel ist die Polizeigewalt.

Seattle, Bundesstaat Washington

Trotz der Tatsache, dass Seattle den Mindestlohn von 15 Dollar schon erreicht hat, kamen in Seattle über 1000 Personen unter dem Motto „15 ist erst der Anfang“ zusammen. Aus dem ganzen Bundesstaat Washington hatten sich hunderte Menschen in der Innenstadt von Seattle versammelt, nachdem sie ihre eigenen Aktionen für einen Mindestlohn von 15 Dollar die Stunde bereits abgehalten hatten. Die DemonstrantInnen zogen durch das Stadtzentrum und sammelten sich an der „Seattle University“, wo sie die „Albers School of Business“ besetzten. Dort übernahmen sie das große Foyer und forderten die „Seattle University“ auf, die Abstimmung der Lehrbeauftragten auszuzählen, die gerade dabei sind eine Gewerkschaft aufzubauen. Später wurden 21 ProtestteilnehmerInnen, die T-Shirts trugen mit der Aufschrift: „Mit uns geht die Ungerechtigkeit zu Ende“ verhaftet, weil sie eine Straßenkreuzung blockiert hatten. Diese Aktionen zeigen, wie sich die Bewegung im ganzen Bundesstaat Washington seit dem Sieg in Seattle ausgebreitet hat, aber auch die Notwendigkeit, permanent wachsam zu sein, um das Erreichte zu verteidigen

Boston, Bundesstaat Massachusetts

Aus ganz Massachusetts kamen 3.000 ArbeiterInnen und Studierende in die Stadt, um im Fortsyth Park den Startpunkt für die weltweiten Demonstrationen für einen höheren Mindestlohn zu setzen. Der Demonstrationszug und die Kundgebung waren ein Meer aus rot und blau. Rot waren die Transparente und T-Shirts von „15 Now!“, der Kampagne, die es erstaunlicher Weise geschafft hat, mit drei zu eins der Stimmen an der „Northeastern University“ den Mindestlohn von 15 Dollar durchzusetzen. Blau war die Farbe der Gewerkschaft SEIU, der Gewerkschaft, die Beschäftigte aus dem Niedriglohnsektor im Kampf für 15 Dollar organisiert.

Im Laufe des Demozuges wurden Slogans gerufen, von denen viele die Energie der „Black Lives Matter“-Bewegung in sich trugen: „Wenn wir´s nicht kriegen, holen wir´s uns“, „Ich glaube, dass wir siegen werden“ und „Es ist unsere Pflicht zu kämpfen“. Studierende (von der elitären „Harvard Divinity School“ bis zum „Bunker Hill Community College“, dass eher die Arbeiterklasse repräsentiert) marschierten neben ihren Lehrbeauftragten und DozentInnen. Die Einheit und Geschlossenheit zwischen Studierenden und Beschäftigten war den ganzen Tag über zu spüren.

Philadelphia, Bundesstaat Pennsylvania

Die Innenstadt von Philadelphia versank in Lärm und Getöse als AktivistInnen der Kampagnen „Fight for 15“ ( „Kampf/Kämpft für 15 (Dollar Mindestlohn)“) und „15 Now!“ einen Tag lang durch die Straßen zogen, um mit Aktionen gegen eine Konzernpolitik zu demonstrieren, die die Arbeiterklasse ausbeutet, um die Taschen der „1 Prozent“ weiter zu füllen. Von Süden nach Norden, von Osten nach Westen zogen sie durch die Stadt, hielten Kundgebungen ab, übernahmen Mikrofone und führten Besetzungsaktionen durch, um ihrer Forderung nach 15 Dollar Mindestlohn und dem Recht auf gewerkschaftliche Organisierung Ausdruck zu verleihen. Die Sprechchöre, die durch die Stadt hallten, lauteten: „15 Now!“ und „We Work! We Sweat! Put $15 On Our Check!“ („Wir arbeiten, wir schwitzen, lasst 15 Dollar rüberwachsen!“).

An der „Temple University“ kamen Studierende, Fakultäts- und Gastronomie-Beschäftigte zusammen, hielten eine Kundgebung ab und marschierten gemeinsam los, um sich an den Aktionen zu beteiligen. Die Studi-Gruppe von „15 Now!“ störte den Barbecue-Empfang des Universitätspräsidenten und überreichte einen Brief, in dem 15 Dollar Mindestlohn und das Recht auf gewerkschaftliche Organisation für alle Beschäftigten an der „Temple U.“ gefordert wurde. Danach besetzte man die „Morgan Hall“, kaperte das Mikrofon und hielt Reden gegen Niedriglöhne, Armut, staatlichen Rassismus und die Rolle, die die Uni bei der Gentrifizierung der umliegenden Wohnviertel spielt.

In der Innenstadt fanden eine Reihe von Demonstrationen statt, wobei die Gewerkschaftsgliederung SEIU 32BJ sowie die Kampagnen „Fight For 15“ und „15 Now!“ von verschiedenen lokalen Gewerkschaftsgliederungen aus unterschiedlichen Branchen wie auch von kommunalen Initiativen unterstützt wurden. Als die Menge auf mehr als 1.000 Personen anwuchs, zog man durch das Stadtzentrum und hielt dabei an den Geschäftsstellen mehrerer Unternehmen an, um kurz den Bezug der Kampagne darzustellen. Nach einer Tanzeinlage und mehreren Sprechchören fand man sich schließlich zur Abschlusskundgebung an der „30th Street“-Bahnstation ein.

Portland, Bundesstaat Oregon

Portland beteiligte sich mit einer kämpferischen Gruppe an der Aktion. Darüber kam die Stärke und Kraft zum Ausdruck, die über ein Jahr lang mit viel Basisarbeit für die Forderung nach 15 Dollar Mindestlohn in der Stadt aufgebaut worden ist. Unter der Führung der „15 Now!“-Gruppe an der Universität von Portland und einem Bündnis aus Gewerkschaften sowie Studi-Gruppen zogen knapp 500 Beschäftigte aus dem Niedriglohnsektor, Studierende und SympathisantInnen durch die Innenstadt. Die Demonstration machte Halt bei einigen gewerkschaftsfeindlichen Arbeitgebern sowie vor der „City Hall“ (der Stadtrat hatte vor kurzem rund 2.000 kommunale befristet und Teilzeitbeschäftigte vom 15-Dollar-Mindestlohn ausgeschlossen) und endete an der „Portland State University“, wo man 15 Dollar Mindestlohn für die BetreuerInnen der Kinder von Hochschulbeschäftigten forderte. Dann schlossen sich die DemonstrantInnen mit der Studierendengewerkschaft zusammen und besetzten die Cafeteria der Uni, um gegen das Unternehmen „Aramark“ zu protestieren, das die dortigen Beschäftigten sowie die Reinigungskräfte mit Niedriglöhnen abspeist.

Minneapolis, Bundesstaat Minnesota

In Minneapolis gewinnt die Bewegung für 15 Dollar Mindestlohn an Fahrt, da immer mehr BündnispartnerInnen mit dazukommen und ArbeiterInnen durch die Massenaktionen ihre Macht zu spüren beginnen. „Minneapolis Neighborhoods Organizing for Change“ ( „Nachbarschaften schließen sich zusammen für den Wandel“), die Gewerkschaft CTUL sowie die Kampagne „15 Now!“ marschierten zu verschiedenen Filialen von „McDonald’s“ und hielten dort Kundgebungen ab, um einen wichtigen Streikführer zu verteidigen, der in der Woche zuvor entlassen worden war. Unterdessen trafen sich (bestärkt durch die Kampagne „15 Now!“ und die Gewerkschaft SEIU) Beschäftigte des Flughafens von Minneapolis am „MSP Airport“, um zu fordern dass die Geschäftsleitung von „Airserve“ sich mit ihnen an einen Tisch setzt und sie anhört. An der „University of Minnesota“ verließen Lehrbeauftragte – unterstützt von 1.000 GewerkschafterInnen und kommunalen AktivistInnen – ihren Arbeitsplatz, um 15 Dollar und das Recht, sich gewerkschaftlich organisieren zu dürfen, einzufordern. Gegen Ende des Tages kamen die BündnispartnerInnen zu einer Kundgebung zusammen und besetzten eine „McDonald´s“-Filiale. AktivistInnen der Kampagne „15 Now!“, von CTUL, NOC, den Teamsters 320, SEIU 284 und der Gewerkschaftsuntergliederung AFSCME 3800 hielten eine Kundgebung ab, bei der „Lizzo“ und „Manny Phesto“ auftraten.

New Jersey

Die Aktionen vom 15. April markierten einen wichtigen Schritt nach vorn, um auch in New Jersey zu einem Mindestlohn von 15 Dollar zu kommen. Die Kampagne „15 Now! – New Jersey“ arbeitete mit verschiedenen Gewerkschaften, kommunalen und studentischen Initiativen zusammen, um im gesamten Bundesstaat Demonstrationen zu organisieren. In der Stadt Newark blockierten mehr als 300 Menschen einen Teil der belebtesten Straße der Stadt und zogen vom Rathaus zu McDonald’s. Stark vertreten waren SEIU 32BJ, der „Newark Education Workers Caucus“ (NTU-AFT) und der „New Jersey State Industrial Union Council“. Der Bürgermeister von Newark und mehrere StadträtInnen kamen raus und unterstützten die Forderung nach 15 Dollar Mindestlohn. Vor den Toren von Newark organisierten die bei der Gewerkschaftsgliederung „IBEW Local 827“ Beschäftigten im Unternehmen „Verizon“ eine Mahnwache in Solidarität mit den ArbeiterInnen, die überall im Land für einen Mindestlohn von 15 kämpfen. Und in Parsippanny versammelten sich die ArbeiterInnen aus New Jersey in ihrer Mittagspause, um vor einer örtlichen „McDonald’s“-Filiale, die an einer vielbefahrenen Straße liegt, eine Mahnwache abzuhalten. TeilnehmerInnen der Kampagne „15 Now! – New Jersey“ nahmen in New Brunswick am Gründungstreffen der Kampagne „Fight for $15“ der Gewerkschaft SEIU teil, um Vorschläge einzubringen und für eine breite Bewegung der Arbeiterklasse zu argumentieren.

New York City, Bundesstaat New York

Wie in anderen Städten gab es auch in NYC den ganzen Tag über vielfältige Aktionen. Der Slogan „New York needs a raise“ ( „NY braucht eine Anhebung“) hallte durch die Stadt. Am Morgen kamen 1.000 ArbeiterInnen in Brooklyn, in der Nähe des Ortes zusammen, wo vor zwei Jahren die ersten Kundgebungen für einen Mindestlohn von 15 Dollar stattgefunden hatten. Dort blockierte man eine große Straßenkreuzung auf der Zufahrt zur Brooklyn Bridge. Die Aktivistin Chelsea Forgenie sprach vor hunderten TeilnehmerInnen und stieß auf ein beeindruckendes Echo, als sie den Kampf gegen Armutslöhne mit der Bewegung „Black Lives Matter“, der Bewegung für die Rechte von EinwandererInnen und allgemein mit dem antikapitalistischen Kampf verband. Danach zog man zur „Columbia University“, wo Studierende und Beschäftigte eine Kundgebung abhielten, um 15 Dollar Mindestlohn und das Recht, sich gewerkschaftlich organisieren zu dürfen, einzufordern. Am „Columbus Circle“ kam eine riesige Menschenmenge zusammen, und die Polizei schätzte, dass von dort rund 15.000 Menschen zum „Times Square“ zogen, wobei die betriebsamsten Areale der Stadt lahmgelegt wurden.

Überall im Land gab es weitere kleinere Aktionen in Städten und Großstädten. In Worcester (Bundesstaat Massachusetts), Pittsburg und Lancaster (Bundesstaat Pennsylvania) und Berkeley (Kalifornien) arbeiten Ortsgruppen der Kampagne „15 Now!“ mit Gewerkschaften, der Initiative „Jobs With Justice“ („Gerechte Arbeit“) und anderen Bündnispartnern zusammen, halten Pressekonferenzen ab und organisieren Kundgebungen, um die Forderung nach 15 Dollar Mindestlohn und dem Recht, sich gewerkschaftlich organisieren zu dürfen, durchzusetzen.

Die Bewegung für die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Dollar die Stunde findet breite Unterstützung. Die Arbeitgeber greifen auf jedes zur Verfügung stehende Mittel zurück – legal und rillegal-, um uns hinzuhalten, zu verwirren und aufzureiben. Wir haben die Macht zu gewinnen! Dazu wird es aber nicht kommen, wenn wir nett bitten! Wir müssen uns organisieren, mobilisieren, kämpfen und heftige Streiks führen! „15 Now!“ steht bereit, um mit allen Einzelpersonen und Organisationen zusammenzuarbeiten, die zur Anhebung des Mindestlohns in Aktion treten!

Die Stimmung ist großartig! Die Zeit ist reif! Wenn wir kämpfen, können wir gewinnen!

Dieser Artikel wurde ursprünglich veröffentlicht auf http://15now.org