Solidarität nötig! Abhängig Beschäftigte sind entschlossen, die Austerität zu beenden
Am 25. März organisieren zwölf Gewerkschaften in den drei größten Städten Nordzyperns (Famagusta, Kyrenia und Nikosia) einen zweistündigen Streik und Demonstrationen. Am 11. und 18. März hatte es bereits erste zweistündige Streik gegeben. Diese Streiks sind Teil einer breiter angelegten Kampagne gegen das Austeritätspaket der Regierungskoalition aus „Republikanisch Türkischer Partei“ (CTP) und „Demokratischer Partei“ (DP). Die Koalition aus der traditionell sozialdemokratischen Partei und der Mitte-Rechts-Partei führt die Kürzungen durch, die Bestandteil der Wirtschaftsprotokolls der Regierung sind, das diese mit der türkischen Regierung abgeschlossen hat.
Von Özgür İnsanoğlu und Bahtiyar Girne von der „Neue Internationalistischen Linken“ in Zypern (NEDA)
Seit 2009 kämpfen die Gewerkschaften im Norden gegen das sogenannte „Einwanderungsgesetz“, ein Paket aus neoliberalen Maßnahmen, das die türkische Regierung als Teil eines Abkommens aus dem letzten Protokoll aufgelegt hat. Darin wurde festgelegt, dass die Türkei den Haushalt der „Türkischen Republik von Nordzypern“ finanziell unterstützt.
Die Türkei kommt finanziell für beinahe dreißig Prozent des Haushalts von Nordzypern auf. Seit Mitte der 1990er Jahre beinhalten die Protokolle zwischen der türkischen Regierung und der „Türkischen Republik von Nordzypern“ neoliberale Maßnahmen, die zur Schließung von Fabriken und zu verstärkter Abhängigkeit der Wirtschaft vom Finanzsektor geführt haben.
Das letzte Paket, das 2011 eingeführt wurde, brachte einen Verlust der Kaufkraft bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst von dreißig Prozent und Neuverträge, die Löhne unterhalb der Armutsgrenze vorsehen. Die Kopplung an die Inflation ist auf Eis gelegt worden und der Mindestlohn im öffentlichen Dienst ist um 14,72 Prozent gesunken. Das Renteneintrittsalter wurde sowohl im öffentlichen Bereich als auch in der Privatwirtschaft von fünfzig auf sechzig Jahre angehoben. Es gibt kaum noch eine Branche in der Privatwirtschaft, in der Tarifverträge gelten. Die Fluggesellschaft „Turkish Cypriot Airlines“ (KTHY) ist pleite gegangen und privatisiert worden. Als nächsten sind die Privatisierung der Telekommunikation und der Energieversorgung geplant.
Parallel dazu, dass die Regierung behauptet, sie habe kein weiteres Geld für den Haushalt, fährt sie damit fort, die Beschäftigten zu täuschen und dem Großkapital unter anderem mit Steuererleichterungen unter die Arme zu greifen.
Drei Regierungen wurden abgesetzt
Aufgrund der Streikwelle von 2009, die sich gegen die Kürzungspakete richtete, wurde die CTP (die traditionell sozialdemokratische Regierungspartei) gezwungen zurückzutreten und Neuwahlen auszurufen. Die „Partei der nationalen Einheit“ (UBP; traditionell rechts-konservative Partei) kam mit dem Versprechen an die Macht, dass sie diese Paket nicht realisieren würde. Dann taten sie es aber doch und 2011 kam es zu einer erneuten großen Streikwelle und zu Demonstrationen, an denen mehr als 80.000 Menschen teilnahmen. Selbst der türkische Premier Erdogan reagierte auf die Transparente der DemonstrantInnen. Die CTP, die damals in der Opposition war, ließ die Gunst der Stunde ungenutzt und der Kampf ging ohne Ergebnisse für die ArbeiterInnen zu Ende. 2013 stellte dann die CTP zusammen mit der DP die Regierung. Erneut wurde versprochen, das Kürzungspaket einzufrieren. Und wieder wurden die Kürzungen fortgeführt.
Seit September haben einige Gewerkschaften damit begonnen, gegen das Paket zu kämpfen. Während ihrer Schulferien haben Grund- und SekundarschullehrerInnen eine Kampagne gegen dieses Paket gestartet. Sie führen nicht nur Mahnwachen vor den Ministerialgebäuden durch, sondern ziehen von Dorf zu Dorf, um die Bevölkerung über das neue Gesetz zu informieren.
Die KTAMS (Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes) ist am 16. Februar in den Streik getreten. Und am folgenden Tag ist ein Bündnis aus zwölf Gewerkschaften aus dem öffentlichen wie auch dem Privatsektor gegründet worden, das mit der Organisierung einer Reihe von Streiks begonnen hat.
In Verhandlungen mit den Gewerkschaften hat die Koalition aus CTP und DP zugesagt, nach den Präsidentschaftswahlen im Nordteil Zyperns, die am 17. April stattfinden werden, ein neues Protokoll mit der Türkei aushandeln zu wollen. Es glaubt allerdings niemand daran, dass das Protockoll keine neuen Kürzungen und Privatisierungen vorsehen wird.
Die arbeitenden Menschen in Nordzypern sind diesmal entschlossen, den Kampf so lange fortzusetzen, bis das Paket zurückgenommen wird und die Austerität gestoppt ist. Die drei Tage mit Generalstreiks auf Bezirksebene sind nur der Anfang. Die Grund- und SekundarschullehrerInnen, die nach 2011 eingestellt worden sind, sind am 11. und 12. März in einen 48-stündigen Ausstand getreten.
Die ArbeiterInnen fordern: Keine weiteren Lohnkürzungen, Streichung des „Einwanderungsgesetzes“ (das Kürzungen und Privatisierungen umfasst), gleicher Lohn für neu eingestellte Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Rückkehr zum automatischen Inflationsausgleich, Ende der Privatisierungen, Rückkehr zu Tarifverhandlungen in der Privatwirtschaft.
Solidarität nötig!
Die Austerität, die in Nordzypern umgesetzt worden ist, unterscheidet sich nicht von der Austerität, die die Troika aus EZB, Europäischer Kommission und IWF auch in verschiedenen anderen Teilen Europas eingeführt hat. In Nordzypern ist die „finanzielle Hilfe“ seitens der türkischen Regierung allerdings eingehüllt in Wortgeflechte wie „friedensstiftend“ und „Schutz“. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Austeritätsmaßnahmen für türkisch-zypriotische ArbeiterInnen Armut und erzwungene Auswanderung bedeuten, wenn sie Arbeit finden wollen.
Ihr Kampf braucht Solidarität. Die „Neue Internationalistische Linke“ in Zypern (NEDA; Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Zypern) ruft die KollegInnen in ganz Europa dazu auf, sich solidarisch mit den türkischen / zypriotischen ArbeiterInnen zu zeigen.
Senden Sie /sendet bitte Solidaritätsschreiben an die streikenden Gewerkschaften:
ktos@ktos.org; info@ktoeos.org; info@gucsen.com; info@gucsen.org; cag_sen@yahoo.com; daubirsen1@gmail.com; info@ktams.org; ktams@kibris.net; sscorpion63@hotmail.com; kamusen@kibrisonline.com; turksen@kibris.net; dev-is@defne.net
Senden sie / sendet bitte Protestschreiben an die Regierung in Nordzypern („Türkische Republik von Nordzypern“); an den Premierminister Özkan Yorgancıoğlu: basbakanyardimciligi@gov.ct.tr, fax: (0392) 227 52 81.
Kopien der Schreiben an o.g. Adressaten gehen bitte an: nedacyprus@gmail.com
Der Finanzminisert Zeren Mungan ist unter der Faxnummer (0392) 22 92 297 zu erreichen und der stellvertretende Premierminister Serdar Denktaş unter der Faxnummer: (0392) 22 79 675.