Alternative für Deutschland – gefährlich harmlos?

Demonstration gegen den AfD Bundesparteitag mit über 7000 Beteiligten
Demonstration gegen den AfD Bundesparteitag mit über 7000 Beteiligten

AfD nach Bundesparteitag und Hamburg-Wahl

Neoliberale Wirtschaftsprofessoren, Alt-Adlige, National-Konservative und Rassisten kämpfen in der aufstrebenden AfD um Einfluss.

von Sebastian Rave, Bremen

Die AfD ist keine reine „Anti-Euro-Partei“ mehr, sondern macht zunehmend Stimmung gegen Flüchtlinge und den Islam. Innerparteilich ist der Flügelkampf auch nach dem Bundesparteitag in Bremen Ende Januar nicht beendet.

Flügelkampf

Der rechte Flügel in der AfD um Alexander Gauland, Frauke Petry, Konrad Adam und die „Patriotische Plattform“ hat sich in der letzten Zeit auf Pegida gestützt, und versucht, eine noch stärker auf Rassismus und Nationalismus ausgerichtete Linie in der AfD zu etablieren. Auf der anderen Seite bemühte sich der wirtschaftsliberale Flügel um Bernd Lucke und den ehemaligen Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Hans-Olaf Henkel um die „Seriosität“ der Partei. Ihnen geht es nicht nur darum, dass eine zu große Nähe zum braunen Rand WählerInnen verschrecken könnte, sondern auch um die Interessen der deutschen Wirtschaft, die den Außenhandel nicht gefährdet sehen will und auf qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen ist.

Manifestiert hatte sich der Flügelkampf um die Frage der Parteispitze. Bei der Abstimmung für die Satzungsänderung konnte sich der Flügel um Lucke beim Bundesparteitag durchsetzen. Damit soll es künftig an Stelle der drei Sprecher nur noch einen Vorsitzenden geben.

Hamburg-Wahl

Der Motor für die Wahlerfolge der AfD erst in Brandenburg, Thüringen und Sachsen und jetzt mit 6,1 Prozent auch in Hamburg ist das Image als Partei, die anders ist als die etablierten Parteien. In Hamburg begründeten 71 Prozent der AfD-Wähler ihr Votum mit der Enttäuschung über die anderen Parteien. 90 Prozent meinten, die AfD würde zwar keine Probleme lösen, aber die Dinge beim Namen nennen.

Während in Hamburg DIE LINKE mit einem Wahlkampf punktete, in dem konkrete Forderungen nach sozialen Verbesserungen im Zentrum standen, wird DIE LINKE im Osten, nicht zuletzt aufgrund ihrer Regierungsbeteiligungen, von vielen als etablierte Partei angesehen. Das ist ein Faktor dafür, dass DIE LINKE in Sachsen 15.000 Stimmen an die AfD verloren hat, die AfD erhielt hier 9,7 Prozent.

Aussichten

Konrad Adam, einer der drei Sprecher der AfD, wirbt für einen „Spagat“ zwischen der marktliberalen und der national-konservativen Strömung. Die nächste Auseinandersetzung steht aber schon auf der Tagesordnung: ein neues Programm. „Das wird die eigentliche Nagelprobe unserer Partei“, so der Vorstand der „Patriotischen Plattform“. Auch der außenpolitische Kurs (zuletzt beim Thema Russland-Sanktionen) bleibt ein Streitthema. Eine erneute Zuspitzung der Euro-Krise könnte der AfD aber weiteren Auftrieb geben.

Gerade deswegen ist es wichtig, dass DIE LINKE sich nicht weiter anpasst, sondern eine kämpferische und sozialistische Alternative aufzeigt.

Die AfD will die herrschende Kürzungspolitik noch verschärfen (im Hamburger Appell forderte Lucke neben über 200 weiteren Wirtschaftsprofessoren vor der Bundestagswahl 2005 unter anderem eine „niedrigere Entlohnung der ohnehin schon Geringverdienenden“). Zudem greift sie die Taktik von Thilo Sarrazin auf, der schon in seinem Buch „Der neue Tugendterror“ einen angeblichen linken Meinungskonformismus in Deutschland beklagt. Mit dem Mantra „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ soll Kritik an Rassismus, Sexismus und Nationalismus als Einschränkung der Meinungsfreiheit bekämpft werden.

Aus dem Sumpf

Die AfD ist vor dem Hintergrund von Euro-Krise und der Destabilisierung der Welt durch Kriege und Konflikte groß geworden. Sie ist aus dem Sumpf gekrochen, den die Kürzungsparteien CDU, SPD, Grüne und FDP geschaffen haben – ein stinkender Sumpf aus Krise und sozialer Ungerechtigkeit. Deswegen reicht es nicht aus, die AfD nur zurück in den Sumpf zu schicken. Um die AfD nachhaltig zu bekämpfen, muss dieser Sumpf ausgetrocknet werden. Der Kampf gegen Rassismus und Rechtspopulismus muss verbunden werden mit dem Kampf für soziale Verbesserungen. Hierfür können Bündnisse aus Gewerkschaften, AntifaschistInnen und migrantischen Verbänden wie in Bremen eine Rolle spielen. Hier hatten unter dem Aufruf „Gegen Rechtspopulismus und Rassismus, für Solidarität und soziale Gerechtigkeit“ knapp 10.000 Menschen gegen den AfD-Parteitag demonstriert. So ein massenhafter Gegenwind wird weiter nötig bleiben – denn egal ob die AfD gerade den Rassismus à la Pegida in den Vordergrund stellt oder neoliberale Kürzungspolitik, bekämpft werden muss sie in jedem Fall.