International koordinierte Proteste steigern und in die Betriebe tragen
Rund um den Globus werden derzeit in verschiedenen Konstellationen sogenannte Freihandelsabkommen unterzeichnet. Dahinter verbirgt sich ein weltweiter Generalangriff auf Umwelt, soziale und demokratische Rechte.
von Ursel Beck, Stuttgart
Die Europäische Union (EU), die USA und Kanada geben Gas bei den Verhandlungen beziehungsweise der Ratifizierung der Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) und CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement). Im Wahlkampf hatte der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel die privaten Schiedsgerichtsverfahren noch abgelehnt. In dem gemeinsamen Papier des DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann und Gabriel vom September 2014 heißt es: „In jedem Fall sind Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren und unklare Definitionen von Rechtsbegriffen, wie ‚faire und gerechte Behandlung‘ oder ‚indirekte Enteignung‘ abzulehnen.“ Gabriel hat sich inzwischen von dieser Position verabschiedet. Leider hat das bisher nicht dazu geführt, dass sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) von einer Zusammenarbeit mit der SPD in Sachen TTIP verabschiedet hat.
Europäische Bürgerinitiative
Insgesamt 240 Initiativen, Organisationen und Parteien haben sich zu einer selbstorganisierten europäischen Bürgerinitiative zusammengeschlossen (stop-ttip.org). In einzelnen Staaten gibt es wiederum landesweite Zusammenschlüsse (ttip-unfairhandelbar.de). Diese Initiativen haben am 11. Oktober einen europaweiten Aktionstag mit lokalen und regionalen Demonstrationen auf die Beine gestellt. Von Umweltgruppen, der LINKEN und der Rosa-Luxemburg-Stiftung gibt es viel und gutes Aufklärungsmaterial zu den Freihandelsabkommen. Dieses Material kann für Infostände und zur weiteren Aufklärung über die Freihandelsabkommen eingesetzt werden. Öffentlichkeitswirksame lokale und weitere koordinierte europaweite und wenn möglich sogar gleichzeitige Protestaktionen in den USA, Kanada und Europa sind anzustreben.
Rolle der Gewerkschaften
Die Spitzen von DGB und Einzelgewerkschaften und auch der Europäische Gewerkschaftsbund lehnen die Freihandelsabkommen nicht grundsätzlich ab. Die Gewerkschaftsführung schürt Illusionen, dass in den Verhandlungen Umwelt- und Arbeitnehmerschutzrechte verteidigt werden könnten. Wenn Funktionäre vor allem davor warnen, dass die angeblich durchweg besseren europäischen Standards den schlechteren US-amerikanischen geopfert werden könnten, lenken sie die Kritik in nationalistische Bahnen und verschweigen, dass auch Konzerne wie Daimler, Bosch, BASF Standards absenken wollen.
An der Basis der Gewerkschaften, vor allem bei ver.di, gibt es viele Gliederungen und Funktionäre, die TTIP, CETA und TISA (Trade in Services Agreement) kategorisch ablehnen und sich an gemeinsamen Aktionen beteiligen. Es ist Aufgabe dieser kämpferischen Kräfte, das Thema in den Gewerkschaften und Betrieben auf die Tagesordnung zu setzen – durch Beiträge in Betriebszeitungen und auf Betriebsversammlungen. In den Gliederungen der Gewerkschaften sollten Anträge eingebracht werden, die von den Gewerkschaften eine Strategie einfordern mit Kampfmaßnahmen bis hin zum politischen Streik. AktivistInnen aus Gruppen von „ttip-unfairhandelbar“ könnten kämpferische KollegInnen dabei unterstützen. Es ist mehr als fraglich, dass TTIP komplett gestoppt werden kann, wenn der Widerstand nicht auf die Betriebe ausgedehnt wird.
Rolle der LINKEN
Die Partei DIE LINKE ist die einzige im Bundestag vertretene Partei, die die Freihandelsabkommen rundweg ablehnt. Sie hat einen wichtigen Beitrag geleistet, über TTIP, CETA und TISA aufzuklären, sammelt an vielen Orten Unterschriften, macht Infostände und öffentliche Veranstaltungen, hat sich an dem Aktionstag am 11. Oktober beteiligt und RednerInnen gestellt.
Der Beitrag der LINKEN muss aber auch darin bestehen, zu erklären, dass die Freihandelsabkommen Ausdruck des kapitalistischen Profitsystems und einer EU der Banken und Konzerne sind. Weder die EU noch der Kapitalismus sind reformierbar. DIE LINKE sollte deshalb die Bewegung gegen TTIP nutzen, um die Forderung nach Überführung von Konzernen und Banken in Gemeineigentum und ihre demokratische Verwaltung und Kontrolle zu verankern und dadurch die Bewegung politisch in die Offensive bringen.
Ursel Beck ist Sprecherin der LINKEN Stuttgart-Bad Cannstatt