Einheit im Kampf gegen Einschränkung des Streikrechts herstellen
Arbeitsministerin Andrea Nahles will ihr Gesetz zur Tarifeinheit nächstes Jahr zur Abstimmung bringen. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, gibt der Regierung Rückendeckung und behauptet: „Der DGB in Gänze lehnt das Ansinnen einer gesetzlichen Regelung nicht ab.“ In Wirklichkeit sind die Vorstände der DGB-Gewerkschaften uneinig.
von Angelika Teweleit, Berlin
Der Vorstand der IG Metall begrüßt das Vorhaben der Regierung und behauptet, es liege kein Eingriff in das Streikrecht vor. ver.di, die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) positionieren sich jedoch gegen die Pläne und haben eine Unterschriftensammlung gegen den Gesetzentwurf gestartet.
Riss im DGB
Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske sagt: „Gewerkschafter können nicht die Hand reichen für einen solchen Eingriff ins Streikrecht.“ Während er gleichzeitig jedoch den Arbeitskampf der GDL kritisiert, hat die ver.di-Landesbezirksfachbereichskonferenz Medien, Kunst und Industrie (Fachbereich 8) Baden-Württemberg beschlossen: „ver.di erklärt sich solidarisch mit den Forderungen der GDL (…). ver.di nimmt nicht hin, dass die Anti-Streikkampagne gegen die GDL helfen soll, ein Tarifeinheitsgesetz durchzusetzen, das die verfassungsmäßig verbrieften Rechte von Lohnabhängigen beschneidet und faktisch die Koalitionsfreiheit abschafft.“
Das ist wichtig.Denn eine Niederlage für die GDL würde es für die Regierung einfacher machen, mit Unterstützung aus den Reihen des DGB das Gesetz durchzubringen.
„Streikbruch per Gesetz“
Dass die zweitgrößte DGB-Gewerkschaft ver.di sich auch bundesweit gegen die gesetzliche Tarifeinheit ausspricht, ist vor allem das Ergebnis von Druck innerhalb der Gewerkschaft. Als der DGB 2010 eine gemeinsame Gesetzesinitiative mit dem Arbeitgeberverband BDA für Tarifeinheit startete, gab es Kritik an der anfänglichen Unterstützung der ver.di-Führung. Resolutionen aus Untergliederungen forderten, dass ver.di sich nicht daran beteiligt.
Bernd Riexinger, Vorsitzender der LINKEN und ehemaliger Geschäftsführer von ver.di Stuttgart, kritisiert die Haltung des DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann zu Recht mit den Worten: „Ein Gewerkschaftsführer kann jederzeit zum Streikführer werden. Aber er darf niemals Beihilfe zum Streikbruch per Gesetz leisten.“
Gesetzentwurf aktiv verhindern
Bernd Riexinger sagt weiter: „Wenn das Gesetz im Bundestag durchgeht, muss Karlsruhe ein Stopp-Zeichen setzen. Das Bundesverfassungsgericht wird kein Gesetz durchwinken, das die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit einschränkt.“ Einige JuristInnen haben bereits auf die Unvereinbarkeit des Tarifeinheitsgesetzes mit der Verfassung verwiesen. Als Linke, GewerkschafterInnen und SozialistInnen wäre man jedoch schlecht beraten, sich auf Gerichte zu verlassen.
Der Gesetzentwurf zur Tarifeinheit ist nur ein erster Schritt. Weiter gehende Einschnitte wie die Beschränkung des Streikrechts in der Daseinsvorsorge und eine Zwangsschlichtung werden bereits in einigen Kreisen diskutiert. Deshalb muss es jetzt darum gehen, Widerstand zu organisieren. So beschloss die ver.di-Bezirkskonferenz Leipzig-Nordsachsen l, „spätestens beginnend ab Januar 2015 die Kritik am Entwurf eines ‚Tarifeinheitsgesetzes‚ des SPD-geführten Bundesarbeitsministeriums und an von konservativen Professoren und aktuell besonders Unionspolitikern vorgeschlagenen Zwangsschlichtungen in die Betriebe und in die Öffentlichkeit zu tragen“. Außerdem fordern sie auf, „sich in allen ver.di-Bezirken und im DGB-Bundesvorstand dafür einzusetzen, dass der DGB diesen Gesetzentwurf nicht nur öffentlich ablehnen sollte, sondern dass in allen DGB- Regionen und allen ver.di-Bezirken ähnliche Veranstaltungen wie die oben skizzierte durchgeführt werden“. Dieser wichtige Ansatz sollte noch darum erweitert werden, gemeinsam Proteste zu organisieren.
Gemeinsamer Protest
Dazu könnte eine bundesweite Demonstration Anfang des Jahres dienen, zu der auch aus den Betrieben und Dienststellen mobilisiert wird. An dieser wichtigen Frage muss Einheit praktiziert werden. Deshalb muss auch mit GDL, Marburger Bund und anderen Nicht-DGB-Gewerkschaften gemeinsam gehandelt werden.
DIE LINKE kann hier eine wichtige Rolle spielen: Auch sie kann zur Demonstration aufrufen, mobilisieren und weiterhin Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit betreiben.
Linke und kämpferische AktivistInnen sollten jetzt in ihren Gewerkschaften entsprechende Resolutionen einbringen. Ein bundesweites Treffen würde helfen, den Druck innerhalb der Gewerkschaften zu koordinieren.
Wir fordern:
– Solidarität mit dem Arbeitskampf der GDL
– Keine Einschränkung von Streikrecht und Koalitionsfreiheit
– Nein zum Tarifeinheitsgesetz
– Aufklärung in Betrieben und gewerkschaftlichen Gremien über die Gefahren der Regierungspläne
– Gemeinsame bundesweite Demonstration von ver.di, NGG, GEW, GDL, Marburger Bund und allen, die das Tarifeinheitsgesetz ablehnen
Resolutionen
Resolutionen verschiedener Gewerkschaftsuntergliederungen, die Resolution von der Streik-Konferenz in Hannover, ein offener Brief von UnterstützerInnen der Initiative „Hände weg vom Streikrecht“ sowie Analysen finden sich auf www.labournet.de im Dossier „Tarifeinheitsgesetz und Streikrecht – Die Uhr tickt!“