Dokumentiert: Flugblatt des Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di [wpfilebase tag=file id=1975 tpl=simple /]
Die Konferenz „Erneuerung durch Streik II“ bietet die Möglichkeit, Ausgangspunkt für Vernetzung zu werden, um sich innerhalb der einzelnen Gewerkschaften für gemeinsame Projekte und einen kämpferischen Kurs einzusetzen. Das „Netzwerk für eine kämperische und demokratische ver.di“ möchte mit kritischen ver.di-Mitgliedern in Dialog treten und gemeinsam mit anderen Vorschläge entwickeln, wie sich ver.di den kommenden Herausforderungen stellen kann.
Fortschritte in prekären Bereichen
Anfang diesen Jahres wurde in ver.di zum ersten Mal ein Mitgliederwachstum für das Jahr 2013 (0,16%) bilanziert. Das hängt sicher mit Anstrengungen zusammen, Auseinandersetzungen in bisher weniger gut organisierten Bereichen zu führen. So konnten in einigen Betrieben Tarifverträge durchgesetzt werden. Im Einzelhandel konnte dem Generalangriff der Arbeitgeber mit Gegenwehr und einer Zunahme von Gewerkschaftsmitgliedern begegnet werden.
Das sind positive Entwicklungen. Gerade in Bereichen, wo Arbeitskämpfe stattfanden, wie im Einzelhandel, beim Flughafen-Sicherheitspersonal oder bei Amazon – konnten neue Mitglieder gewonnen werden. Das zeigt, dass Beschäftigte vor allem dann einen Sinn in der Gewerkschaftsmitgliedschaft sehen, wenn sie als Instrument zur Durchsetzung von tarifpolitischen Zielen oder zur Verteidigung der eigenen Interessen gesehen wird. Dies ist aber vor allem punktuell der Fall, besonders wo kämpferische Ansätze von einzelnen haupt- und ehrenamtlichen FunktionärInnen zum Tragen kamen.
Große Tarifrunden – mehr wäre möglich
In den größeren und besser organisierten Bereichen wie Bund und Kommunen wurden jedoch Chancen vertan. Hier ist positiv, dass die Forderung nach einem Sockelbetrag sich endlich durchsetzen konnte, nachdem aus den meisten Betrieben und Untergliederungen gerade darauf am meisten beharrt wurde. Im Volumen wäre aber mehr drin gewesen, wenn die in den massenhaften Warnstreikmobilisierungen deutlich gewordene Kampfbereitschaft durch die ver.di Führung weiter genutzt worden wäre. Mit einem entschlossenen Arbeitskampf zur vollen Durchsetzung der Forderungen hätte auch hier der Organisations- und Aktivitätsgrad von KollegInnen gesteigert werden können. Insgesamt hätte ver.di so das Image einer kämpfenden Organisation erlangen können.
Kampf für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal
Während der Tarifrunde betonten viele Beschäftigte immer wieder, dass ihnen gerade der immens gewachsene Arbeitsdruck auf den Nägeln brennt. Hier muss eine Antwort gefunden werden, wie dieses Thema auf die Tagesordnung der kommenden Tarifrunden gesetzt werden kann. Ein Ansatz wäre die Forderung nach drastischer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Außerdem muss ein Kampf für mehr Personal in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Soziales geführt werden. Dabei sollte auch an den Erfahrungen des Kampfes für tarifliche Personalbemessung an der Charité angeknüpft werden – nicht zuletzt um eine Kampagne für eine gesetzliche Personalbemessung zu stärken. Linke und kämpferische AktivistInnen sollten diskutieren, ob und wie solche Forderungen in die Diskussion in den Betrieben gebracht werden können.
Fachbereiche ko-ordinieren
Im nächsten Jahr stehen wieder verschiedene Tarifrunden für ver.di an, so die Auseinandersetzung um einen neue Eingruppierung von ErzieherInnen, die Tarifrunde TV-L, die Tarifrunde im Einzelhandel. Bei der Charité geht die Auseinandersetzung um mehr Personal in eine neue Runde. Das Netzwerk setzt sich dafür ein, dass innerhalb von ver.di alle Möglichkeiten genutzt werden, die Kämpfe nicht isoliert zu führen, sondern fachbereichs-übergreifende Solidarität, Protestaktionen und zeitgleiche Streiktage zu organisieren. Jeder gemeinsame Protest kann ein Beispiel setzen. Die Idee findet an der Basis große Unterstützung. Obwohl ver.di-Vorsitzender Bsirske in der Gründungsrede auf dem ersten ver.di Kongress versprach „die neue Solidarität wird berufsübergreifend und branchenübergreifend sein“, zeigt die Erfahrung doch, dass die Ko-ordinierung unter den Fachbereichen nur mit Druck von unten – oder in Bezirken mit kämpferischen Vorständen – stattfindet. Eine Ko-ordination von linken und kämpferischen Kräften in ver.di wäre hilfreich, um solche Initiativen zu ergreifen.
Mindestlohn – 12 Euro ohne Ausnahmen!
Ver.di war eine der Gewerkschaften, die sich am sichtbarsten für die Einführung des Mindestlohns stark gemacht hat. Unterm Strich bedeutet das Gesetz für einige Beschäftigte eine reale Verbesserung des Lebensstandards. Jedoch ist er durch die vielen Ausnahmen durchlöchert und die Höhe nicht ausreichend. Ver.di sollte eine zentrale Rolle spielen, um den Kampf für einen wirklichen Mindestlohn ohne Ausnahmen aufzunehmen. Dafür könnten die Weichen auf dem Bundeskongress gestellt werden. Das Netzwerk setzt sich für eine Kampagne für einen Mindestlohn von 12 Euro ohne Ausnahmen ein.
Streikrecht – Gesetz von Nahles verhindern
Durch Druck von unten konnte erreicht werden, dass die ver.di Führung sich gegen die Einführung des Tarifeinheitsgesetzes aussprach. Das ist ein großer Erfolg. Mit der Zustimmung des DGB-Vorsitzenden Hoffmann zum aktuellen Gesetzentwurf steht eine neue Runde an, um Druck von unten aufzubauen. In ver.di gilt, als Konsequenz der Ablehnung des Gesetzes auch Proteste einzufordern. Der Resolutionsentwurf zur Konferenz in Hannover ist dafür ein guter Hebel und sollte überall eingebracht werden.
TTIP muss gestoppt werden
Es ist skandalös, dass DGB-Chef Hoffmann mit der Regierung gemeinsame Sache macht und de facto seine Zustimmung zu den TTIP-Verhandlungen gibt. Es ist klar, dass das Abkommen nicht besser wird, wenn die Gewerkschaften ihr „Ja, aber“ dazu geben. TTIP ist ein Programm zur Liberalisierung und verstärkter Ausbeutung, Gewerkschaften werden weiter geschwächt. Daher ist gerade der entschlossene Widerstand der Gewerkschaften nötig. Innerhalb ver.di sollte für ein klares Nein zu den TTIP Verhandlungen Druck gemacht werden. In Mitgliederversammlungen sollten Beschäftigte aufgeklärt werden und in Bündnissen mit anderen Widerstand organisiert werden. Ver.di sollte sich für einen bundesweite Demonstration gegen TTIP einsetzen.
Politische und personelle Alternative in ver.di aufbauen
Ein bewusster Kampf von linken und kämpferischen AktivistInnen ist nötig, um solche Forderungen und Vorschläge von unten durchzusetzen. Das Netzwerk hat sich 1996 (damals noch in der ÖTV) gegründet, um eine gewerkschaftspolitische Alternative zum Kurs von Co-Management anzubieten. Es ist – neben anderen wie zum Beispiel liv („Linke Hauptamtliche in ver.di“), der ver.di-Linken NRW – nur einer von mehreren Ansätzen. Wir halten es aber für notwendig, sich bewusst für einen kämpferischen Kurs in ver.di zusammen zu schließen, abzusprechen und zu ko-ordinieren. Wir würden es begrüßen, wenn sich AktivistInnen aus den verschiedenen Zusammenhängen gemeinsam absprechen, um diesen Zielen näher zu kommen.