Wie frauen- und jugendfeindlich ist die Alternative für Deutschland?

Foto: https://www.flickr.com/photos/110931166@N08/ CC BY-NC 2.0
Foto: https://www.flickr.com/photos/110931166@N08/ CC BY-NC 2.0

Macho- und Repressionspartei auf dem Vormarsch

Seit dem 14. September ist die Alternative für Deutschland (AfD) in drei ostdeutschen Landtagen vertreten und steht in bundesweiten Umfragen stabil über fünf Prozent. Die Partei mobilisierte aus dem erzkonservativen Spektrum, sammelte aber auch mit (rechts-)populistischen Forderungen bei ProtestwählerInnen Stimmen ein. Sie stellt dabei wirtschaftliche Forderungen und ihre Hetze bei Zuwanderung in den Vordergrund. Gleichzeitig ist sie auch eine neue antifeministische Partei und fordert ein härteres Durchgreifen gegen Jugendliche.

Die AfD wollte sich im Wahlkampf als familienfreundliche Partei präsentieren. Günstige Kredite für Ehepaare, Anrechnung von Kindern bei der Rente, Wohnbauförderung für Eltern: Indem sie sich als Partei präsentierte, die mehr Geld für Eltern will, konnte sie Zuspruch gewinnen.

Familienfreundlich?

Doch bei genauerem Hinsehen wird klar, dass es dieser arbeiterfeindlichen Partei um etwas anderes geht, als dass die Menschen mehr Geld in der Tasche haben: Haus- und Pflegearbeit soll vom Staat weg in die Familie verlagert werden. Im Wahlprogramm der AfD Thüringen liest sich das so: „Die Familie löst soziale Fragen über die Generationen hinweg menschlicher und auch wirtschaftlicher als der Staat.“ Ihr Vater-Mutter-Kind-Familienbild kann also auch der ideologischen Vorbereitung von Sozialabbau bei Altenpflege und Kinderbetreuung dienen, während sich Steuervergünstigungen als populistische Seifenblasen entpuppen.

Dabei setzen sie auch darauf, bildungspolitisch die Zeit zurückzudrehen. So fordert die AfD eine Gleichsetzung von staatlichen und familiären Erziehungsmodellen sowie von staatlichen, kirchlichen und privaten Schulen. Die Bildung soll nicht mehr demokratisch bestimmt werden, zu Hause soll sich (vor allem durch Frauen) um die Kinder gekümmert werden. Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kita schicken, sollen mehr finanzielle Zuwendungen erhalten.

Für christliche Bildung und Werte setzt sich ein eigener Kreis christlich-fundamentalistischer Mitglieder in der AfD ein – unter ihnen nicht wenige ehemalige Mitglieder der Partei bibeltreuer Christen. Die Einschränkung des Rechts auf Abtreibung gehört dabei zur zentralen Forderung. Beim größten Marsch von Abtreibungsgegnern in Deutschland, dem „Marsch für das Leben“ im September, waren sie stark vertreten.

„Schwulen-Lobby“ in der Bildungspolitik?

Kampagnenmäßig setzt sich die AfD zum Ziel, Sexualaufklärung in der Schule zu bekämpfen. In Niedersachsen plant die Landesregierung beispielsweise Homo- und Transsexualität an der Schule verbindlich zu thematisieren. Dagegen macht die Jugendorganisation der AfD mobil, beteiligt sich an Protesten und organisiert Veranstaltungen. Das Thüringer Wahlprogramm bezeichnet Sexualaufklärung als „gesellschaftspolitische Umerziehungsmaßnahmen“, während die AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch die „Schwulen-Lobby“ dahinter sieht.

Mit dem Erstarken der AfD hat ein frauenfeindlicher Erzkonservatismus eine politische Stimme bekommen, der sich in CDU und FDP nicht ausreichend vertreten fühlt. Die Forderungen stellen eine Gefahr für alle dar, die nicht in ihr Familienbild passen. Während sie populistisch zu suggerieren versuchen, sie wären einfach für mehr Geld für Familien, droht eine Schlechterstellung für alleinerziehenden Eltern, homosexuelle Paare, Transsexuelle und alle anderen, die nicht ihrem Familienbild entsprechen. Die Betonung auf Unterstützung von jungen Eltern und Studierenden mit Kind in den Wahlprogrammen ist Ausdruck von einem Familienbild, in dem junge Frauen schnell heiraten und Kinder kriegen sollen – statt frei zu entscheiden, wann und ob sie das tun. Eine Unterstützung von sozial Schwachen ist nicht die tatsächliche Absicht dieser Sozialabbau-Partei.

Familienwahlrecht und Kopfnoten

Zu ihrem Familienbild gehört auch die Forderung nach einem Familienwahlrecht. Das bedeutet, dass alle Elternteile minderjähriger Kinder bei Wahlen eine Stimme mehr erhalten. Das Kreuz einer Mutter und eines Vaters von drei Kindern hätten jeweils vier mal so viel Gewicht wie von einer kinderlosen Person – zusammen hätten sie also acht statt zwei Stimmen. Analog wird auch eine Anrechnung bei Renten vorgeschlagen. Während mit der Mündigkeit von Kindern argumentiert wird, soll mit dieser Forderung ein klassisches Familienbild bestärkt werden. Eltern würden auch über die Köpfe der Kinder hinweg über die Stimmabgabe entscheiden. DIE LINKE hingegen fordert zu Recht eine starke Absenkung des Wahlalters – derzeit auf 16 Jahre.

Außerdem macht sich die AfD für ein härteres Durchgreifen in Schulen und für die Aufrechterhaltung des dreigliedrigen Schulsystems stark. Dazu heißt es im Thüringer Wahlprogramm: „Lehrer müssen wieder in die Lage versetzt werden, durch effiziente pädagogische Maßnahmen sich und die lernwilligen Schüler auf effektive Weise vor solchen Schülern zu schützen, die den Unterricht immer wieder stören und behindern. Zu diesen Maßnahmen gehört auch, dass der Schulleiter im Interesse der Schulgemeinschaft frühzeitig und unbürokratisch von seinem Hausrecht Gebrauch machen darf.“ Also sogenannte verhaltensauffällige SchülerInnen auf die Straße setzen? Tolles Konzept! DIE LINKE setzt sich dagegen für mehr SozialarbeiterInnen mit entsprechenden räumlichen Möglichkeiten an Schulen ein.

Die AfD setzt auf Disziplinierung von Jugendlichen und mehr Repression. Aus der sächsischen AfD gibt es Papiere zu „Benimm“-Kursen für Jugendliche und Jugendarrest für SchulschwänzerInnen. Sie stehen in einer Tradition von autoritärer Pädagogik, die statt die Probleme von Jugendlichen zu lösen, diese verstärkt unterdrückt. Leider finden solche Konzepte angesichts der massiven Probleme im unterfinanzierten Schulsystem Anklang.

Unsere Aufgabe ist es, der AfD die familienfreundliche und soziale Maske vom Gesicht zu reißen und sie als die frauenfeindliche Sozialabbau-Partei zu bezeichnen, die sie ist. Aufklärungsveranstaltungen und Materialien über den Charakter der AfD sind sinnvoll. Aber vor allem braucht es eine kämpferische, linke Alternative, die sich konsequent für alle Menschen einsetzt, die von Verarmung und Bildungskürzungen betroffen sind. DIE LINKE muss mehr tun, um diesem Anspruch gerecht zu werden.