Stellungnahme der LINKE Frankfurt/ Stadtteilgruppe Bornheim/ Ostend

Foto: https://www.flickr.com/photos/hinkelstone/ CC BY 2.0
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Dokumentiert: Diskussions- und Positionspapier der Stadtteilgruppe Bornheim/Ostend des Kreisverbandes Frankfurt am Main der Partei DIE LINKE, Stand September/Oktober 2014

Die Organisation „Islamischer Staat“ verbreitet Angst und Schrecken im Irak und in Syrien. Auf Basis einer reaktionären Ideologie begeht der IS brutale Morde, die wir als Linke auf das Schärfste verurteilen. Die irakische Bevölkerung braucht unsere Unterstützung im Kampf gegen die Mörder des IS.

Wie leicht wäre es da, die Bestrebungen der Bundesregierung zu unterstützen und in den Chor des bürgerlichen Mainstream mit einzustimmen! Wäre es keine Lösung, hochmoderne deutsche Waffen an den Widerstand zu liefern? Wäre vielleicht auch ein Einsatz der Bundeswehr denkbar? Und sollten wir nicht die Luftangriffe der US-Armee auf Stellungen des IS unterstützen? Die LINKE- Stadtteilgruppe Bornheim-Ostend stellt hierzu die folgenden Thesen zur Diskussion:

1. Die imperialistischen Bestrebungen im Nahen Osten sind ursächlich für die Erstarkung des Islamismus in der Region. Seit 2001 führen die USA und ihre Verbündeten einen Krieg gegen den „Terror“, angefangen mit dem Einmarsch in Afghanistan. Auch gegen den Irak wurde 2003 ein Krieg geführt – unter fadenscheinigen Vorwänden. Die politische Situation im Nahen Osten – speziell im Irak – wird immer instabiler. Übrigens wurde Saddam Hussein in den 80er Jahren noch massiv unterstützt im Krieg gegen den Iran – von den USA, von Frankreich, und auch von Deutschland! Der Freund der USA wurde zu seinem Feind, das Land durch einen verbrecherischen Krieg verwüstet, das Regime durch ein anderes ersetzt. Das Entstehen und Erstarken der IS ist eine direkte Folge dieser US-Militärintervention.

2. Teile und Herrsche – daraus erwuchs auch der IS. Unter der Herrschaft Saddam Husseins litten vor allem die shiitischen und kurdischen Teile der Bevölkerung. Die USA drehten den Spieß um und installierten im besetzten Irak ein shiitisch dominiertes Regime unter Führung Al-Malikis. Dass dieser mit Folter und Hinrichtungen die Opposition gegen ihn schwächte, ist kein Geheimnis.

3. Deutsche Waffen, deutsches Geld – morden mit in aller Welt. Die Rüstungsindustrie in Deutschland ist ein altes Gewerbe, und eben weil es ein Gewerbe ist, zählt in allererster Linie der Profit. Diese Industrie lebt von den Exporten, und Fragen der Demokratie und Menschenrechte sind, wenn überhaupt, zweitrangig. Das Apartheid-Regime in Südafrika wurde mit Hubschraubern und militärischen Fahrzeugen beliefert.  Im Juli 2014 – während des Gazakrieges – wurde der Export deutscher U-Boote an Israel bestätigt. 2009 erhielt das Emirat Katar Panzer (eine absolute Monarchie, in dem alle Parteien verboten sind), wenig später auch Saudi-Arabien. Aus beiden letztgenannten Ländern sollen Geld und Waffen an den IS fließen!

4. Die deutsche Bourgeoisie will auch militärisch wieder zum Global Player werden. Die humanitäre Katastrophe im Irak bietet die Möglichkeit eines trojanischen Pferdes für die deutsche Regierung. Zu Recht sprach Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen von einem Tabubruch. Denn es geht darum, dass Deutschland wieder militärisch ein Global Player werden soll. Demokratie und Militarismus haben sich nie vertragen, und die Zustimmung des Bundestages zum Waffenexport in den Irak war symbolischer Natur, da die Bundesregierung in dieser Frage längst entschieden hatte!

5. Der Konflikt lässt sich nicht militärisch lösen. Wie kann es sein, dass nicht einmal 50.000 IS-Kämpfer den irakischen Staat in Schach halten, der über etwa 600.000 bewaffnete Kräfte verfügt und wesentlich vom Westen unterstützt wird? Die Entmachtung Saddam Husseins brachte keine wesentliche Verbesserung für die Masse der Irakis. Im Gegenteil: fast ein Viertel lebt von wenigerals 2,50 $ am Tag. Allein staatliche Nahrungssubventionen verhindern das Schlimmste. Das ist die eigentliche Ursache für das Erstarken des IS, der sich mangels einer Alternative als antiimperialistische Kraft darstellen kann.

6. Kapitalismus bedeutet Krieg. Die kapitalistische Produktionsweise birgt massive Widersprüche in sich. Die Tendenz zur Ausweitung der Produktion, ein Zwang für jedes kapitalistische Unternehmen, hat auch Einfluss auf die internationale Politik der Staaten. Sie streiten sich um Einflusssphären, Rohstoffressourcen,… Aus diesen latenten ökonomischen Konflikten zwischen imperialistischen Mächten erwachsen Kriege. Zugleich provozieren die imperialistische Ausbeutung der Ressourcen und die Unterdrückung der Massen in wirtschaftlich unterentwickelten Ländern immer wieder Aufstände und Bürgerkriege.

7. Kein Vertrauen in die Herrschenden! Es existieren in großen Teilen der Bevölkerung und auch in unserer Partei Hoffnungen auf eine verstärkten Intervention der UNO. Das sind Illusionen, die nicht gefördert werden dürfen. Die Vereinten Nationen sind eine Plattform der Herrschenden aller Welt. Zudem dominieren die Großmächte die Entscheidungsfindungen innerhalb der UNO. Wenn sich eine Räuberbande zusammensetzt und gemeinsame Beschlüsse fällt, wird daraus keine demokratische Veranstaltung. Im Jahr 2001 hat die UNO dem US-geführten Krieg gegen den Terror ihren Segen gegeben. Der heutige Bürgerkrieg ist eine direkte Folge davon.

8. Nur die Unterdrückten selbst können ihre Befreiung erkämpfen. Die LINKE muss deutlich machen, dass die irakische Bevölkerung und die Menschen hierzulande nicht in die Herrschenden vertrauen dürfen. Anstatt auf die Diplomatie und Stellvertreterpolitik zu bauen, muss sich die LINKE stark machen für die Selbstorganisation der arbeitenden Bevölkerung im Irak und im ganzen Nahen Osten. Nur ihr Kampf mit der Perspektive auf eine sozialistische Demokratie kann das Problem an der Wurzel packen.

Daher fordern wir:

  • den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte
  • humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge dieses Konfliktes
  • Aufnahme von Kriegs- und Vertreibungsopfern in Deutschland
  • Aufhebung des PKK-Verbotes