Intervention des Westens im Irak
Der Terror des „Islamischen Staates“ (IS) im Irak und in Syrien ist extrem in seiner Brutalität. Während linksgerichtete Kräfte, die sich im Nordirak und im syrischen Rojava-Gebiet engagieren, lange Zeit auf sich selbst gestützt den Abwehrkampf gegen den IS geführt haben, arbeiten die bürgerlich-nationalistischen Kurden-Führer im Nordirak eng mit dem Westen zusammen. USA und Frankreich flogen schon Luftangriffe, und auch Deutschland mischt jetzt mit.
von Marcus Hesse, Aachen
Gut zehn Jahre, nachdem der US-Imperialismus und seine „Koalition der Willigen“ dem Irak „Demokratie“ gebracht haben, ist das Land endgültig im Bürgerkrieg versunken.
Wer gegen wen?
Die Dschihadisten des IS wurden über Wochen hinweg vorwiegend von der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) und den Volksverteidigungseinheiten YPG (in Syrien) und HPG (im Irak) gestoppt. Diese haben auch die YesidInnen vor Massakern geschützt.
Auch die Peschmerga-Milizen im Nordirak stehen im Kampf mit dem IS. Diese sind eine politisch buntscheckige Truppe, die aber klar von bürgerlich-nationalistischen Kräften dominiert wird. Diese bildeten schon nach dem Einmarsch der USA in den Irak 2003 eine zuverlässige Stütze des neuen Besatzungsregimes. Es sind diese Kräfte, die nach einer Militärintervention des „Westens“ rufen und nur diese Kräfte bekommen, unter anderem von Deutschland, Waffen.
Die reguläre Armee des Irak zerfällt, da nur wenige für das verhasste Regime Bagdads kämpfen wollen, welches einseitig die SchiitInnen bevorzugt. Viele Waffen der zerfallenen Armee sind dem IS in die Hände gefallen. Schon alleine deshalb sind Waffenlieferungen keine Lösung.
US-Präsident Barack Obama hat frühzeitig mit Luftangriffen gegen IS-Stellungen eingegriffen; Angriffen, die natürlich auch ZivilistInnen trafen. Frankreich zog nach. Deutschland hat neben veralteten Waffen inzwischen sechs Soldaten ins Land geschickt. Angeblich zur Ausbildung der Peschmerga. Tatsächlich aber wohl zur Sondierung der Lage. Denn man will, mit etwas Verspätung, auch den Fuß in der Tür haben.
Der IS und seine Wegbereiter
Es wird immer so getan, als sei der IS plötzlich aus dem Nichts gekommen. Doch tatsächlich ist er aus Ablegern von al-Qaida entstanden. Deren Vorgänger stammen aus dem von den USA mitgetragenen Krieg gegen die Sowjetunion in Afghanistan in den siebziger und achtziger Jahren. Im syrischen Bürgerkrieg sah der Westen bereitwillig weg, als islamistische Kräfte auf Oppositionsseite Dominanz gewannen. Der Hauptfinanzier des IS ist Katar, ein pro-westliches Königreich. Das NATO-Land Türkei hatte dem IS seine Grenzen für den Nachschub geöffnet.
Die Basis des IS liegt in den arabisch-sunnitischen Gebieten, deren BewohnerInnen seit der Besatzung des Irak 2003 systematisch diskriminiert wurden. Auch die Nationalstaatsgrenzen des Iraks und Syriens sind vom britischen beziehungsweise französischen Imperialismus gezogene willkürliche Linien. Die Mächte, die sich jetzt als Retter aufspielen, haben also die heutige Lage in ihrer ganzen Brutalität mit verursacht.
Was tun?
Der Imperialismus steht zum IS in der gleichen Relation wie Dr. Frankenstein zu seinem Monster. Entsprechend fatal wäre es also zu glauben, dass er dort für Frieden sorgen könnte. Waffenexporte sind abzulehnen. Ebenso jede Intervention der NATO. Nicht zuletzt müssen wir die pseudo-humanitäre Heuchelei der deutschen Regierung kritisieren, die mit Rüstungslieferungen in ein Kriegsgebiet die Profite deutscher Konzerne steigert, aber zugleich die Grenzen vor Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak sperrt.
Forderungen der SAV:
Schluss mit allen Rüstungsexporten
Überführung der Rüstungskonzerne in öffentliches Eigentum
Kein Bundeswehr-Einsatz im Irak. Abzug aller imperialistischen Truppen aus dem Nahen Osten
Hilfslieferungen an die Flüchtlinge in der Region. Der Internationale Gewerkschaftsbund und linke Parteien sind hier gefordert
Unterstützung aller Ansätze für demokratische Selbstverteidigungsstrukturen und eine multiethnische Widerstandsbewegung von ArbeiterInnen und Bauern im Irak, in Syrien und in den Nachbarländern