Zeit für eine Revolution
Für den 27. September mobilisiert die IG-Metall-Jugend zu ihrem zentralen Aktionstag der Kampagne „Revolution Bildung“ nach Köln. Dort werden mehr als 10.000 TeilnehmerInnen erwartet. Gefordert wird mehr Zeit und Geld für die Bildung – speziell in der Zeit nach der Ausbildung. Ebenfalls gefordert wird ein gesetzlicher Anspruch auf einen Ausbildungsplatz und das Recht auf Übernahme nach der vollendeten Ausbildung.
von Nils Ellerbrock, Hamburg
Besonders bei der Ausbildungsplatzsuche sieht die Situation alles andere als gut aus. Im Juli dieses Jahres standen 327.772 BewerberInnen 161.841 ausgeschriebenen Ausbildungsplätzen gegenüber – also knapp doppelt so viele BewerberInnen zu den noch offenen Ausbildungsplätzen. Eine Auswahlmöglichkeit besteht für diese Menschen also realistisch gesehen nicht. Eher ist die Lage so, dass sie sich glücklich schätzen können, überhaupt noch einen Platz gefunden zu haben.
Insgesamt bilden nur 22,5 Prozent der Unternehmen in Deutschland aus. Dieser Trend ist auch noch rückläufig, im Jahr 2009 waren es noch 23,5 Prozent der Unternehmen. Ob eine Firma oder Konzern überhaupt ausbildet, hängt vor allem davon ab, ob sich ein Unternehmen einen Nutzen, also Profit von den auszubildenden Menschen erwartet.
So bleibt gute Ausbildung aber auf der Strecke. Deswegen fordert die SAV eine Ausbildungsquote von zehn Prozent ein. Damit wäre auch sichergestellt, dass sich das Angebot an Ausbildungsplätzen vergrößert und somit eine Auswahlmöglichkeit für Azubis geschaffen wird.
Ausbildungsplatzabgabe
Wie soll diese eingehalten werden? Wer nicht ausbildet, muss dafür zahlen! Die SAV tritt für eine Ausbildungsplatzabgabe ein. Das bedeutet, dass all diejenigen Betriebe, die nicht oder weniger als zehn Prozent (gemessen an der Beschäftigungszahl von 2013) ausbilden, 25.000 Euro für jeden nicht eingestellten Azubi pro Jahr für neue Ausbildungsplätze im Öffentlichen Dienst zahlen müssen. Im Öffentlichen Dienst ließen sich verbunden mit Investitionen in Bildung, Umwelt und Soziales Ausbildungsplätze vom Krankenpfleger über den Anlagenmechaniker bis zum Zweiradmechaniker schaffen. 25.000 Euro sind mit 18.000 Euro für Lohn und 5.000 Euro für Meister und Material eine erste Orientierung.
Mindestlohn: Keine Verbesserung für Azubis
Auszubildende bekommen weniger bezahlt als Ausgelernte, doch werden rein reell auch Azubis für Arbeiten in den normalen Abläufen des Betriebes eingesetzt. Durch den kommenden Mindestlohn ergibt sich die Gefahr, dass Auszubildende als günstige Alternative zu normalen Arbeitskräften eingesetzt werden, um Kosten zu sparen, da nach der bisherigen Regelung Azubis vom Mindestlohn ausgenommen sind. So kommt es jetzt schon in der bisherigen Situation dazu, dass Azubis, die ihre Ausbildungszeit verkürzen wollen, dies trotz ihrer Qualifikation und berufsschulischen Leistungen verwehrt wird, um ihnen weiterhin einen niedrigeren Lohn zu zahlen. Mit dem Mindestlohn könnte sich diese Situation noch weiter verschlimmern. In vielen Branchen sind Azubis jetzt schon mehr als nur unterbezahlt, so bekommen MalerInnen, FriseurInnen und BäckerInnen nicht mal 600 Euro während der Ausbildung. Das reicht nicht zum Leben.
Wir fordern deshalb eine Minimalvergütung von 1.400 Euro für alle Auszubildenden, um die Ausbeutung zu beenden und jungen Beschäftigten ein selbstständiges Leben zu ermöglichen; zum Beispiel um sich eine eigene Wohnung zu leisten und nicht mehr von den Eltern abhängig leben zu müssen.
Viele Ausgelernte werden heute auch nicht direkt von ihren Arbeitgebern übernommen, sondern in Leiharbeitsfirmen untergebracht, mit Zeitverträgen vertröstet oder direkt in die Arbeitslosigkeit entlassen.
Hier muss sich für eine verpflichtende, unbefristete Übernahme eingesetzt werden, um auch nach der Ausbildung den Menschen eine zukunftssichernde Perspektive zu bieten. Das geht aber nicht durch Einschmeicheln beim Arbeitgeber, sondern nur durch Kampf in Großbetrieben und Proteste für eine flächendeckende gesetzliche Übernahmeregelung überall.
Ausbildung raus aus Unternehmerhand
Das Wissen und Können darf nicht an den Erfordernissen eines einzigen Betriebes ausgerichtet sein und auf Ausbeutungsverhältnissen beruhen. Deshalb ist eine Ausbildung nach den Bedürfnissen und Interessen der Auszubildenden und Beschäftigten, nicht der Unternehmer, notwendig. Die Betriebe im Öffentlichen Dienst sollten eine vorbildliche Ausbildung gewährleisten. Privatisierte Betriebe müssen reverstaatlicht werden.
Auszubildende sollten nur ausbildungsrelevanten Tätigkeiten nachgehen. Die Ausbeutung von Azubis als günstige Arbeitskräfte muss beendet werden. In Großbetrieben brauchen wir kämpferische Jugendauszubildendenvertretungen (JAVen), die sich mit dem Arbeitgeber anlegen und die Beschränkung auf ausbildungsrelevante Tätigkeiten durchsetzen können. Gewerkschaftliche Vertretungen müssen das Recht haben, dies auch in Kleinbetrieben durchzusetzen.
Damit die Ausbildung den gesellschaftlichen Bedürfnissen Rechnung tragen kann, muss gesamtgesellschaftlich darüber entschieden werden – statt diese Aufgabe dem einzelnen Privatunternehmer zu überlassen. Das könnte in staatlichen Ausbildungszentren passieren, in denen Lernende, Lehrende und GewerkschaftsvertreterInnen demokratisch die Berufsausbildung organisieren. Wenn LehrerInnen an Unis und Kita-ErzieherInnen an Schulen ausgebildet werden, warum sollen dann nicht Mechatroniker, deren Ausbildung länger als eine Bachelor-Regelstudienzeit geht, staatlich ausgebildet werden? Ähnlich wie bei KrankenpflegerInnen könnten Schulen eingerichtet werden, die praxisnah und fachbereichsübergreifend ausbilden. Im Gegensatz zu heute würden die Azubis aber nicht in den Stellenplan einbezogen werden. n
Aktionstag
Die Kampagne der IG-Metall-Jugend hat Recht: „Die Revolution braucht Dich.“ Fahre mit uns am 27. September nach Köln. Werde mit uns in der SAV aktiv.
www.revolutionbildung.de