Rasanter Anstieg der Überstunden in Deutschland
„Wenn ein deutscher Arbeitnehmer erst mal so richtig anpackt, lässt er sich auch nicht vom Dienstschluss bremsen“, Mit diesen höhnischen Worten leitete die „Sächsische Zeitung“ kürzlich ihren Artikel über die unter der Hand stattfindende Ausweitung der Arbeitszeiten ein. Und setzte dann sogar noch einen drauf, als sie auch noch erklärte, „bei den Überstunden macht den hiesigen Beschäftigten so leicht keiner etwas nach.“
„Wenn ein deutscher Arbeitnehmer erst mal so richtig anpackt, lässt er sich auch nicht vom Dienstschluss bremsen“, Mit diesen höhnischen Worten leitete die „Sächsische Zeitung“ kürzlich ihren Artikel über die unter der Hand stattfindende Ausweitung der Arbeitszeiten ein. Und setzte dann sogar noch einen drauf, als sie auch noch erklärte, „bei den Überstunden macht den hiesigen Beschäftigten so leicht keiner etwas nach.“
von Steve Kühne, Dresden
Dabei sind die Zahlen, die unlängst über das Verhältnis tariflich vereinbarter und realer Arbeitszeit ans Licht kamen, dramatisch. Während die Lohnabhängigen in Deutschland laut Tarifverträgen jährlich 1.659 Arbeitsstunden zu leisten haben, in der Woche also 37,7, sind es in Wirklichkeit pro Woche 40,5 Stunden. Damit arbeiten die Deutschen zwar durchschnittlich weit weniger als die GriechInnen (44,1 Stunden pro Woche), die ÖsterrreicherInnen (43,19) und die PortugiesInnen (42,7). Allerdings ist die Differenz zwischen der tariflich vereinbarten und real geleisteten Arbeit nirgendwo in der EU größer als im Bundesgebiet.
Das bestätigte im Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ auch Lászlò Andor, Sozialkommissar der Europäischen Union. Allerdings nur, um dann sofort zu beschwichtigen: „Wichtig ist am Ende, dass das Land wettbewerbsfähig ist und die Vorgaben der EU-Arbeitszeitrichtlinien eingehalten werden – das ist in Deutschland im Allgemeinen der Fall.“ Dass dieses Statement nicht gerade beruhigen kann, liegt zum Einen daran, dass die europäischen Arbeitszeitrichtlinien eine maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden festlegen und dass selbst dieser Wert in Deutschland scheinbar verschiedentlich überschritten wird.
Auch sonst geben die Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Anlass zu Besorgnis. Von den gut zwölf Überstunden, die deutsche ArbeitnehmerInnen im zweiten Quartal 2014 wöchentlich leisteten, wurde nicht einmal die Hälfte vergütet. Die Unternehmer reiben sich die Hände im Angesicht der auf diese Weise erwirtschafteten Extraprofite.
Einer anderen Studie zufolge sind die enormen Überstunden nicht zuletzt eine Folge der zunehmenden Arbeitsverdichtung, die zahlreiche Beschäftigte nur durch ein längeres Verweilen am Arbeitsplatz bewältígen können. In einer Erhebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gaben 61 Prozent der Befragten an, dass in den letzten zwölf Monaten die Arbeitsbelastung deutlich gewachsen sei.
Als Reaktion auf diese Zahlen verlangte die Arbeitgeberseite nun weitere Flexibilisierungen des Arbeitsmarktes, die solche Tendenzen jedoch nur weiter befördern würde. Auch „Die Welt“ forderte, man solle die tariflich vereinbarten Arbeitszeiten auszuweiten. Von Schweinen etwas anderes zu erwarten, als dass sie grunzen, wäre sicher auch verfehlt.
Weit unangebrachter war jedoch der ver.di-Bundesvorsitzende Frank Bsirske, der statt eine Kampagne für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich anzukündigen, nur lakonisch meinte, eine Änderung dieses Zustands müsse von den Beschäftigten ausgehen, weil diese mit ihren Ressourcen selbstzerstörerisch umgehen würden. Das ist ein wenig hilfreiches Abwälzen eigener Verantwortung auf „die“ Beschäftigten! Die im Kampf gegen solche Zustände zu mobilisieren, wäre eigentlich Aufgabe von Gewerkschaften.
Wie bitter nötig das nicht nur in Deutschland ist, zeigt auch das Beispiel Griechenland: Erinnern wir uns – 44,1 Stunden pro Woche Erwerbsarbeit, aber jede(r) Dritte ist arbeitslos! Dort liegt ein Zusammenhang. Je länger die einen arbeiten, desto weniger Arbeitsplätze gibt es. Zu lange Arbeitszeiten machen die einen krank, weil sie keine Arbeit haben und die anderen, weil sie schuften bis zum Umfallen. Vor diesem Hintergrund wäre die gleichmäßige Verteilung der zu erledigenden Arbeit natürlich sinnvoll, geradezu zwingend.
Das bestätigte im Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ auch Lászlò Andor, Sozialkommissar der Europäischen Union. Allerdings nur, um dann sofort zu beschwichtigen: „Wichtig ist am Ende, dass das Land wettbewerbsfähig ist und die Vorgaben der EU-Arbeitszeitrichtlinien eingehalten werden – das ist in Deutschland im Allgemeinen der Fall.“ Dass dieses Statement nicht gerade beruhigen kann, liegt zum Einen daran, dass die europäischen Arbeitszeitrichtlinien eine maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden festlegen und dass selbst dieser Wert in Deutschland scheinbar verschiedentlich überschritten wird.
Auch sonst geben die Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Anlass zu Besorgnis. Von den gut zwölf Überstunden, die deutsche ArbeitnehmerInnen im zweiten Quartal 2014 wöchentlich leisteten, wurde nicht einmal die Hälfte vergütet. Die Unternehmer reiben sich die Hände im Angesicht der auf diese Weise erwirtschafteten Extraprofite.
Einer anderen Studie zufolge sind die enormen Überstunden nicht zuletzt eine Folge der zunehmenden Arbeitsverdichtung, die zahlreiche Beschäftigte nur durch ein längeres Verweilen am Arbeitsplatz bewältígen können. In einer Erhebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gaben 61 Prozent der Befragten an, dass in den letzten zwölf Monaten die Arbeitsbelastung deutlich gewachsen sei.
Als Reaktion auf diese Zahlen verlangte die Arbeitgeberseite nun weitere Flexibilisierungen des Arbeitsmarktes, die solche Tendenzen jedoch nur weiter befördern würde. Auch „Die Welt“ forderte, man solle die tariflich vereinbarten Arbeitszeiten auszuweiten. Von Schweinen etwas anderes zu erwarten, als dass sie grunzen, wäre sicher auch verfehlt.
Weit unangebrachter war jedoch der ver.di-Bundesvorsitzende Frank Bsirske, der statt eine Kampagne für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich anzukündigen, nur lakonisch meinte, eine Änderung dieses Zustands müsse von den Beschäftigten ausgehen, weil diese mit ihren Ressourcen selbstzerstörerisch umgehen würden. Das ist ein wenig hilfreiches Abwälzen eigener Verantwortung auf „die“ Beschäftigten! Die im Kampf gegen solche Zustände zu mobilisieren, wäre eigentlich Aufgabe von Gewerkschaften.
Wie bitter nötig das nicht nur in Deutschland ist, zeigt auch das Beispiel Griechenland: Erinnern wir uns – 44,1 Stunden pro Woche Erwerbsarbeit, aber jede(r) Dritte ist arbeitslos! Dort liegt ein Zusammenhang. Je länger die einen arbeiten, desto weniger Arbeitsplätze gibt es. Zu lange Arbeitszeiten machen die einen krank, weil sie keine Arbeit haben und die anderen, weil sie schuften bis zum Umfallen. Vor diesem Hintergrund wäre die gleichmäßige Verteilung der zu erledigenden Arbeit natürlich sinnvoll, geradezu zwingend.