Bundesweit gibt es Debatten um die aktuellen Montagsdemonstrationen. Als SAV haben wir uns von diesen eher distanziert, unter anderem wegen der Nähe mancher Vertreter dieser „Bewegung“ zu Verschwörungstheorien. Ein sehr entscheidender Grund war aber auch, dass auf verschiedenen Montagsdemonstrationen Rassisten, Sexisten und Nazis ohne Widerspruch teilnehmen und für ihre Ideen werben konnten (ausführliche Positionierung hier).
In Aachen genießt eure Gruppe „Friedensbewegung Aachen 2014“ den Ruf sich von diesen nationalistischen und rassistischen Tendenzen abzugrenzen. So nahmen wir an euren Montagskundgebungen und der Kundgebung am 31. Mai teil und waren wie ihr Teil im Anti-Karlspreis-Bündnis.
Auf euren Kundgebungen und eurer Facebook-Seite begegneten uns widersprüchliche Aussagen über Ausrichtung und Inhalte eurer Gruppe. Daher wollen wir mit diesem offenen Brief einige Fragen an euren Organisationskreis richten.
Auf eurer Facebook Seite findet man Statements gegen Rassismus und Diskriminierung, so schreibt Charlotte:
„Die Friedensbewegung stellt die Würde des Menschen in den Mittelpunkt und bietet deshalb keinerlei Raum für Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und weiteren Extremismus jeglicher Art. In diesem Sinne solidarisieren wir uns mit der Aachener Initiative „Wir sind Aachen. Nazis sind es nicht.“. Ebenfalls möchten wir uns mit unserer Arbeit für die Förderung, Achtung und Einhaltung der Menschenrechte einsetzen“
Im gleichen Text schreibt Charlotte aber auch:
„Die grundsätzliche Idee einer friedlichen Bewegung verbindet momentan deutschlandweit zahlreiche Städte. In diesem Sinne solidarisieren wir uns mit allen Montagsdemonstrationen, Mahnwachen und Friedensinitiativen, solange sie unseren hier festgelegten Grundsätzen nicht widersprechen“
Auf Nachfrage auf einer der Aachener Kundgebungen wurde Einzelnen von uns gesagt, dass euer Organisationskreis sich von der Berliner Montagsbewegung distanziert. Ein Redner am 19. Mai namens Toto, der sich als Organisationskreiszugehöriger vorstellte, stellte eure „Bewegung“ aber in den Zusammenhang mit der bundesweiten Mahnwachenbewegung und erwähnte dabei explizit auch die Berliner Montagsdemonstration.
Das führt uns zu folgenden Fragen: Wie sehen die Aachener Organisatoren der „Friedensbewegung Aachen 2014“ die Proteste in anderen Städten? Welche davon widersprechen euren Grundsätzen nicht – und welche widersprechen diesen? Ist eine Teilnahme von Mitgliedern aus NPD oder anderen faschistischen Organisationen für euch akzeptabel? Was bedeutet es für euch, weder rechts noch links zu sein? Sind „Rechtsextremismus“ und „Linksextremismus“ für euch gleichzusetzen? Wie ist eure Position zu prominenten Vertretern der Montagsmahnwachen wie Lars Mährholz und Ken Jebsen? Wie steht ihr zu Jürgen Elsässer, auf dessen compact–Kongress Ken Jebsen sprach?
Seid ihr für die Zusammenarbeit mit ALLEN Kräften die sich gegen die US – amerikanische Finanzpolitik und gegen die US-Banken richten? Welche Rolle spielen für euch deutsche Banken und Konzerne in Krisen und Konflikten?
Fragen haben wir auch über den Umgang von euch mit Verschwörungstheorien und Ihren AnhängerInnen. Uns stellt sich die Frage wie der Organisationskreis mit Beiträgen, die einseitige Verschwörungstheorien verbreiten, umgeht. Eine Rede gab es am 19. Mai von einem Mann der sich als Daniel bzw. „VTLeiter“ vorstellt und verschiedene Verschwörungstheorien wiedergab. Er erhielt Applaus aus Reihen des Organisationsteams. Es gab nach der Rede keinerlei Abgrenzung. Im Gegenteil, mit dem Auftritt der Band „Bandbreite“ für die Kundgebung am 31. Mai die genau diese Theorien wiedergibt, wird der Eindruck erweckt dass der Aachener Organisationskreis diese Theorien unterstützt.
Daher stellt sich für uns die Frage: Ist der Aachener Organisationskreis der Meinung, dass die Federal Reserve Bank eine globale Kontrolle ausübt und für die Kriege der letzten einhundert, oder auch nur dreißig Jahre, verantwortlich ist?
Fragen haben wir außerdem zu eurer Positionierung zu Freigeldtheorien. Auf eurem Flyer steht die Forderung nach einem „gerechten Geldsystem“. Was genau meint ihr damit? Wie soll Geld gerecht verteilt werden? Warum steht dort nicht „für ein gerechtes Wirtschaftssystem“?
Anton aus eurem Organisationskreis zitierte auf einer Kundgebung Silvio Gesell. Also den Begründer der Freigeldtheorie. Silvio Gesell hatte vielfältige Berührungspunkte mit nationalen und völkischen Ideen, seine Ideen waren geprägt von Sozialdarwinismus und einem rückwärtsgewandtem Frauenbild. Vor allem aber vertrat Gesell die Idee eines Freigeldes mit Umlaufzwang, in der ein Wertverlust eingebaut ist. Vertretet auch ihr als Organisationskreis diese Theorie?
Vertritt der Aachener Organisationskreis die These, dass das allein das Zinssystem die tiefere Ursache der sozialen Ungleichheit, von Kriegen und Umweltzerstörung ist?
Wir sind der Meinung, dass es für den Aufbau einer kraftvollen und progressiven Antikriegsbewegung nicht hilfreich ist wenn Ideen wie Freigeldtheorien bzw. Verschwörungstheorien auf euren Kundgebungen geäußert werden. Für uns sind nicht einzelne böse Menschen die Verantwortlichen für Krisen und Kriege, sondern das auf Profit orientierte kapitalistische Wirtschaftssystem. Unser eigenes Verhältnis zu eurer „Friedensbewegung Aachen 2014“ müssen wir auch von eurer Beantwortung unserer Fragen abhängig machen.
Mit solidarischen Grüßen
SAV Aachen am 6. Juni 2014