Vor 20 Jahren: Zapatistas-Aufstand in Chiapas, Mexiko
„Sie kamen aus dem Nichts“, schrieb Paco Ignacio Taiboo II in den ersten Tagen des Jahres 1994. Und wirklich schienen jene eigenartig aussehenden Krieger wie der Blitz aus heiterem Himmel in die heile Welt des im Siegeszug befindlichen Kapitalismus einzuschlagen – da hatte der Autor einer der besten Ché Guevara-Biografien ohne Zweifel recht.
von Steve Kühne, Dresden
Noch zwei Jahre zuvor hatte der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama im Angesicht des Untergangs der stalinistischen Staaten vom „Ende der Geschichte“ getönt und damit gemeint, dass der Kapitalismus für immer als Sieger aus dem Konkurrenzkampf der Systeme hervorgegangen sei. Die Wiedereinführung des Kapitalismus in der ehemaligen DDR und Osteuropa, samt aller verheerenden sozialen Folgen, schien ihm recht zu geben. Vielleicht hatte sich die Menschheit ja mit Elend, Hunger und Krieg abzufinden? Vielleicht lagen diese Geiseln ja tatsächlich im menschlichen Naturell – wie die bürgerliche Propaganda nicht müde wird zu behaupten? Und vielleicht waren Revolutionäre wie Karl Marx, Rosa Luxemburg, Leo Trotzki oder Ché Guevara keine Vorbilder, sondern lediglich noch Bilder in Geschichtsbüchern.
Aufstand
In dieser Situation musste die Besetzung von gleich fünf Kreisstädten in der Provinz Chiapas im Süden Mexikos wie der geisterhafte Ruf aus einer anderen Welt erscheinen. Plötzlich – ohne jede Vorankündigung – brach ein Aufstand von mit Skimasken vermummten Männern und Frauen herein, der wenn nicht die Welt, so doch wenigstens große Teile der Linken, die unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung unter der Niederlage des Stalinismus litt, vom ersten Tage an in Atem hielt.
Mit rudimentären Fantasieuniformen bekleidet, die Kalaschnikow umgehängt gaben sie Zeitungen, Radiosendern und dem Fernsehen Interviews. Der Schock im Herzen des Establishments saß tief. Doch die Sympathien von Linken und Jugendlichen weltweit; von Menschen, die Hunger litten, deren Kinder an heilbaren Krankheiten starben, die ihre Arbeit verloren, die unter imperialistischen Kriegen leiden mussten, waren diesen Kämpfern gewiss.
Noch am ersten Tag des Aufstands, am 1.Jamuar 1994, verkündete die militärische Kraft, die hinter der Erhebung stand, die EZLN (Ejército Zapatista de Liberación National – Zapatistische Armee zur nationalen Befreiung), ihre „Deklaration des lakandonischen Urwald“. Subcommandante Marcos sprach voller Stolz in die herbeigeeilten Fernsehkameras: „Wir müssen die Welt nicht erobern. Es reicht sie neu zu erschaffen. Heute. Durch uns!“ Aus diesen Worten schien der in Lateinamerika noch immer legendäre Revolutionär Ché Guevara zu sprechen. „Seien wir realistisch, versuchen wir das unmögliche!“
Und wie überall rings um den Globus Ché Guevaras Konterfei schnell auf unzähligen T-Shirts zu sehen war und jeder wusste, was mit diesem Bild gemeint war. So tauchten bald auch Bilder von mit Sturmhauben verhüllten Gesichtern als Sprühschablonen oder auf Pullovern auf. Die Buchstaben EZLN erübrigten sich – jeder wusste was mit diesen Bildern gemeint war. Doch was wollten diese Guerilleros und Guerilleras mit ihrer Aktion erreichen?
Unterdrückung
Der Termin der Erhebung war klug gewählt, am ersten Januar 1994 trat das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko (NAFTA) in Kraft. Die Presseerklärungen waren geschrieben, die Kameras standen bereit, doch was der mexikanische Präsident Salinas zur „Feier des Tages“ zu sagen hatte interessierte niemanden mehr. Seine Lieblingsredewendung, mit der er NAFTA zu legitimieren suchte, handelte vom „Takeoff“ seines Landes in die erste Welt. Derlei Botschaften gedachte er auch am 1.Jamuar in die Öffentlichkeit zu posaunen. Doch die „Zapatistas“ machten ihm einen gekonnten Strich durch die Rechnung. Ihr zwei Jahre lang im Geheimen geplanter Handstreich zog die Medienöffentlichkeit der Welt auf sich.
Die Presse war voll von der tragischen Geschichte der Mayas, die von den europäischen Kolonisatoren abgeschlachtet, im mexikanischen Kaiserreich unterdrückt und in Salinas Mexiko bitterster Armut ausgesetzt waren. Nun erhoben sich ihre Nachkommen gegen den Rassismus der Herrschenden, gegen Hunger und Armut. Endlich war ihre Geschichte zu sehen, zu hören und zu lesen.
Doch es ging um mehr, als um einen vererbten Konflikt. Die bereits erwähnte Deklaration rief unverhohlen zum Sturz des Diktators auf. Und in den Augen der unterdrückten nationalen Minderheit musste Salinas genau das sein. Während die Bäuerinnen und Bauern in Chiapas unter den noch immer existenten feudalen Strukturen Südmexikos zu leiden hatten, schuf Salinas mit der NAFTA (North American Free Trade Agreement) ein Einfallstor für den Neoliberalismus. Freier Handel, Kauf und Verkauf von Land, Abschaffung von Zöllen – den Zapatistas war klar, wer vor allem darunter zu leiden hätte. Die billigen industriell hergestellten Produkte aus den USA würden den mexikanischen Markt in kürzester Zeit überschwämmen und das ohnehin schon unbeschreibliche Elend auf die unfassbare Spitze treiben.
Den Bäuerinnen und Bauern in Chiapas mussten nur auf das Jahr 1989 schauen. Damals stürzte der Kaffeepreis auf dem internationalen Markt, was dramatische soziale Folgen nach sich zog. Der Generalangriff von NAFTA würde weitaus schlimmer ausfallen – bei Weitem nicht nur für die Mayas, die nun den Aufstand probten.
Im Januar 1994 trafen in Mexiko Mittelalter und neoliberaler Kapitalismus aufeinander. Doch letztgenannter brachte keinen Fortschritt mehr, so wie das im 19.Jahrhundert noch der Fall gewesen war, sondern drohte nur die feudale Unterdrückung in Chiapas durch die kapitalistische Ausbeutung zu ergänzen. Die „Zapatistas“ waren nicht bereit das länger hinzunehmen. Und so endete die bereits erwähnte Erklärung der EZLN auch mit den Worten „ya basta“, „es reicht.“
Gegenangriff
Salinas reagierte auf die einzige für ihn denkbare Weise. Er entsandte 10.000 Mann Militär und ließ das Aufständischengebiet bombardieren. Seine Rechtfertigung war die in der Deklaration der EZLN gegen sein Regime ausgesprochene Kriegserklärung. Dass der mexikanische Kapitalismus und vor diesem der mexikanische Feudalismus gegen nationale Minderheiten, gegen Arme, gegen ArbeiterInnen und Bäuerinnen und Bauern beständig selbst Krieg führte, interessierte ihn nicht. Gewiss, dieser Krieg kannte keine Schützengräben und Panzer, keine Kampfflugzeuge und Granatwerfer, es war ein sozialer Krieg, den Salinas‘ Regime im Namen der Großunternehmen für niedrige Löhne, gegen gewerkschaftliche Rechte, gegen die Rechte der Bevölkerung und gegen Minderheitenrechte führte. Und deshalb war dieser Krieg – wenigstens in Mexikos ärmster Region, in Chiapas, wo vielerorts der Hunger regierte – nicht weniger tödlich. Der Akt des Aufstandes war nichts weiter als der verzweifelte Versuch die eigene Haut zu verteidigen.
Solidarität
Der mexikanische Kapitalismus war beileibe nicht nur für die aufständischen Mayas eine Existenzbedrohung. Auch in den Städten sorgte er für Existenzängste und Not. Der Kampf der maskierten Rebellen im fernen Chiapas fand schnell AnhängerInnen in den industriellen Zentren. ArbeiterInnen gingen auf die Straße und verlangten einen sofortigen Stopp der Militäraktionen. Der Druck war gewaltig, alle Rechtfertigungsversuche der Salinas-Regierung halfen nichts. Der heroische Kampf der EZLN rief ungeheure Sympathien wach.
In der Situation in Chiapas, in Armut und der Not und der Spaltung der Bevölkerung in wenige Reiche und viele Arme erkannte sich die mexikanische Gesellschaft selbst wieder. In den Kämpfern der EZLN erblickten nicht Wenige die Hoffnung auf Widerstand gegen die sozialen Auswirkungen des neoliberalen Kapitalismus. Nicht die Guerilla als solche war es, die die städtischen ArbeiterInnen anzog, sondern die Botschaft, dass es möglich war zu kämpfen.
Salinas sah sich Angriffen von allen Seiten ausgesetzt: Die EZLN in Chiapas und die anrollende Bewegung in den Städten. Ihm blieb nichts als zurückzurudern und die Militäraktion zu stoppen. Die unvermeidlichen Gesprächsangebote folgten.
Subcommandante Marcos‘ sympathische Art, sein Witz, seine Spitzfindigkeit und sein tiefes Empfinden für Ungerechtigkeit nahmen die mexikanischen Massen vielfach für ihn ein. „Während die comandancia noch überlegt, ob man mich zu den Gesprächen schickt oder nicht, zerbreche ich mir den Kopf darüber, welche Kleidung ich mitnehmen soll“, gab Marcos bei einem Interview zum Besten. Ein Satz, der bei seiner Vorliebe für das immer gleiche Outfit nur als Persiflage auf die mediale Inszenierung des auf einmal freundlich-gesprächswilligen Salinas verstanden werden konnte.
Fehler
Vielleicht waren die Gespräche zwischen Regierung und Guerilla, die Anfang Februar in San Cristobal de las Casa begannen wirklich alternativlos. Mitunter war der Druck auch auf die EZLN so groß, dass man zu dieser Zeit mit dem verhassten Salinas in Verhandlungen eintreten musste. Und sicher war das Treffen auf dem Salinas Frauen und Männern mit Sturmhauben gegenüber saßen, für die Herrschenden in Mexiko eine schwere Demütigung. Nur setzten die EZLN-VertreterInnen von Beginn an die falschen Zeichen. Gemeinsam mit Salinas hielten sie die mexikanische Nationalflagge und ließen sich in dieser Pose in den Zeitungen ablichten. Sie forderten von der Regierung nicht „vergessen“ zu werden und – viel bedeutender – sie unternahmen keine realen Schritte, um mit der Protestbewegung in den Städten in Austausch zu treten. Gespräche mit der Arbeiterbewegung in den urbanen Zentren wären jedoch weitaus bedeutender gewesen als mit den Herrschenden Mexikos, die beide – ArbeiterInnen und indigene Bäuerinnen und Bauern – gleichsam unterdrückten.
Die Folgen waren katastrophal: Die Bewegung in den Städten verebbte, das war für Salinas das Startsignal. Zunächst ließ er die Gespräche platzen. Doch noch immer schaltete die EZLN nicht um. Als 1994 Präsidentschaftswahlen stattfanden, rief sie auf, eine Stimme für die Demokratie abzugeben – was immer das auch heißen sollte. Nun rächte es sich, dass die EZLN auf Gespräche mit der Regierung gesetzt hatte, statt mit den ArbeiterInnen der Städte gemeinsam eine politische Alternative aufzubauen. Man hatte bei den Präsidentschaftswahlen den ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern und den verarmten Massen schlicht nichts anzubieten. Salinas, der laut mexikanischer Verfassung nicht noch einmal kandidieren durfte, wurde durch einen Mann mit Namen Zedillo ersetzt. Das eine Gesicht an der Spitze des korrupten Staatsapparats wurde durch ein anderes ersetzt. Bald schon drangen einige der kriminellen Machenschaften Salinas an die Öffentlichkeit: Von Verstrickungen in den Drogenhandel und Übereinkommen mit der Mafia war die Rede. Auch sein Amtsnachfolger war von Verdächtigungen nicht frei.
Zedillo nahm ab 1995 die Offensive gegen die EZLN wieder auf und bildete rechtsradikale, rassistische Paramilitärs aus, die gegen die indigene Basis der EZLN mobilisiert wurden. In den Folgejahren waren sie für schreckliche Massaker unter den Bäuerinnen und Bauern in Chiapas verantwortlich.
Die EZLN versuchte nun vor allem politisch wieder in Vorhand zu kommen und es gelangen ihr dabei nicht zu unterschätzende Erfolge. Schon 1996 lud sie in den Urwald der Provinz Chiapas zu einem „Intergalaktischen Treffen gegen den Neoliberalismus“. So ironisch wie der Titel zunächst wirkt, war die Zusammenkunft an sich nicht. Immerhin 4.000 TeilnehmerInnen aus über 40 Staaten eilten in die Aufstandsregion um gemeinsam über Alternativen zum neoliberalen Kapitalismus zu diskutieren. Zumindest den Teilnehmerzahlen nach war das Attribut „intergalaktisch“ also gar nicht so falsch… Zedillo geriet ob des Erfolgs der „Zapatistas“ von Neuem unter Druck und bot wieder Verhandlungen an. Und wieder verhandelte die EZLN mit Abgesandten des Präsidenten.
Die Besprechungen waren zäh und langwierig, das Ergebnis erfüllte die EZLN dennoch mit einer gewissen Portion Zufriedenheit. Immerhin, die Herrschenden Mexikos bekannten sich zu den demokratischen Rechten der Indios und wollten diese sogar in die Verfassung aufnehmen. Nur leider braucht man einen sehr langen Löffel, wenn man mit dem Teufel von einem Teller Suppe isst. Die „Zapatistas“ verbrannten sich den Mund. Frech erhob Zedillo Einspruch gegen die Verfassungsänderung und verhinderte so mittels des Vetos des Präsidenten die Aufnahme von Rechten der indigenen Minderheiten in die mexikanische Verfassung.
Und nun holten die von Militär und Establishment aufgestellten Paramilitärs zum Schlag gegen die EZLN und die Indio-Bauern in Chiapas aus. Massaker an wehrlosen Bäuerinnen und Bauern häuften sich: 1997 und 2006 waren zwei Beispiele, in denen rechte Paramilitärs ihre Skrupellosigkeit im Vorgehen gegen einfache DorfbewohnerInnen unter Beweis stellten.
Lehren
Hegel schrieb einmal, dass sich alle historischen Ereignisse mehrmals abspielen. Im Mexiko des Jahres 1994 wiederholte sich nicht einfach die Situation des Jahres 1917 in Russland. Elemente desselben traten jedoch in Mexiko auf.
Doch man muss nicht erst lange suchen, um zu erkennen, was der Hauptunterschied zwischen beiden ist. Das eine Land schüttelte, wenigstens bis zu Stalins Konterrevolution, die Last der Unterdrückung von seinen Schultern, das andere bezwang seine Herrschenden nicht.
Russland war ein Bauernland, die Arbeiterklasse klein, aber gut organisiert, die nationale Kapitalistenklasse fast ohne Bedeutung. Russlands Industrie war vielfach in der Hand ausländischer Großunternehmer. Die Verhältnisse auf dem Land erinnerten an die Zeit vor der französischen Revolution. Wenn auch das Zeitalter des Computers längst angebrochen und die Menschheit auf dem Mond gelandet war, die sozialen Verhältnisse in Mexiko im ausgehenden 20.Jahrhundert waren in den ländlichen Regionen erschreckend feudal. Die mexikanischen Kapitalisten hingen am Tropf ausländischer – vorrangig US-amerikanischer – Unternehmer.
Nicht umsonst benannten sich die Aufständischen in der Provinz Chiapas nach dem legendären Bauernführer Emiliano Zapata, der die Macht der Großgrundbesitzer brechen wollte. Noch heute kennt jedes mexikanische Kind die Geschichte dieses Revolutionärs, der schließlich, nach sieben Jahren Kampf, ermordet wurde. Sein Tod fiel ausgerechnet in jenes Jahr, in dem die Bolschewiki in Russland die Revolution machten.
Propagandistisch hätte die Namenswahl der mexikanischen Guerilleras und Guerilleros nicht besser ausfallen können. Doch politisch offenbarte sie eben auch ihre Schwächen. Während den Bolschewiki 1917 klar war, dass eine so schwache Unternehmerklasse nicht die bürgerliche Revolution machen konnte, also nicht die Neuaufteilung des Grund und Bodens und nicht die Lösung der nationalen Frage – also der gesetzlichen Anerkennung der politische Rechte nationaler Minderheiten – bewerkstelligen konnte. Während sie wussten, dass das in einem Land wie Russland nur die Arbeiterklasse tun konnte. Und während sie daraus den Schluss zogen, dass die ArbeiterInnen kaum beim Kapitalismus stehen bleiben würden, sondern die Revolution vorantreiben mussten hin zu einem sozialistischen Umbruch, blieben die „Zapatistas“ an dieser unsichtbaren Schranke stehen.
Deshalb die Verhandlungen mit den Herrschenden, deshalb nicht der ernstgemeinte Versuch mit den ArbeiterInnen in den Städten gemeinsam gegen Salinas und später Zedillo und deren ganzen System der Korruption und Lüge anzugehen, deshalb keine politische Alternative bei den Präsidentschaftswahlen 1994. Den „Zapatistas“ fehlte jene Einsicht, zu der sich die Bolschewiki in ihrer Zeit durchgerungen hatten: zur Theorie der Revolution in Permanenz (die von Leo Trotzki entwickelt worden war).
Gerade in den Ländern Lateinamerikas können Revolutionen nur siegen, wenn die RevolutionärInnen sich darüber im Klaren sind, dass sich Erhebungen entlang dieser Linie entwickeln müssen, oder aber zum Scheitern verurteilt sind.
Diskursguerilla
Wer glaubt, die „Zapatistas“ seien bezwungen worden, der irrt! Die EZLN wurde geschlagen, ziog sich zurück, formierte sich neu, griff wieder an und dort wo sie das nicht konnte, versuchte sie politisch dien Offensive zu kommen. Sie veranstaltete internationale Treffen, versuchte politische Prozesse in Gang zu setzen und proklamierte Solidarität mit Streikbewegungen weltweit. Die Idee der globalen Solidarität der Unterdrückten fasste Subcommandante Marcos in einem Interview zusammen, als er zu seiner Identität gefragt wurde: „Marcos ist Schwuler in San Francisco, Schwarzer in Südafrika, Asiat in Europa, Anarchist in Spanien, Palästinenser in Israel, Indio in San Cristóbal (Chiapas), Jude in Deutschland.“
Mit einem Radiosender versuchen die „Zapatistas“ ihre politischen Vorstellungen zu verbreiten und noch immer stehen 3.000 Angehörige der EZLN unter Waffen, um die Indo-Bäuerinnen und –Bauern vor den Übergriffen rechtsradikaler Paramilitärs zu schützen. Die EZLN hat nie aufgegeben!
„Es gibt keine Alternative als die sozialistische Revolution!“ (Ché Guevara)
Der Mut der Aufständischen wird für immer eine Inspiration für die Unterdrückten weltweit bleiben, ihre politischen Fehler bilden unsere Lehren für die Zukunft. Doch das klingt beinahe fatalistisch. Zu Fatalismus hingegen gibt es keinerlei Anlass! Die Wahlerfolge erklärter SozialistInnen in den USA (Kshama Sawant, Socialist Alternative) und der „Front der Linken und ArbeiterInnen“ (FIT) in Argentinien zeigen, dass etwas in der Luft liegt. Die Tage des Kapitalismus sind gezählt, dass zeigt die Krise dieses Systems, aus der die Herrschenden weltweit keinen Ausweg zu finden scheinen. Wie lange wir ihn noch ertragen müssen ist eher eine Rechenaufgabe, denn Kaffeesatzleserei. Die Dauer seiner weiteren Existenz wird bestimmt durch die Zeit, die die Unterdrückten weltweit benötigen, um Organisationen zu schaffen, die – wie die Bolschewiki 1917 – dieses überlebte System, beiseite zu schieben in der Lage sind.
Der Aufbau solcher Massenorganisationen ist jedoch – und hierin liegt die vielleicht größte Herausforderung für die SozialistInnen unserer Tage – kein rein technischer Akt. Die Einsicht, dass mit dem Kapitalismus etwas Grundlegendes nicht stimmen kann, wird weltweit von Millionen Menschen geteilt. Nur folgt daraus nicht mehr automatisch – wie es noch in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts der Fall gewesen war – die Schlussfolgerung, für eine sozialistische Zukunft zu kämpfen. Dieses offensichtliche Manko ist in zweierlei Hinsicht das Ergebnis der Niederlage des Stalinismus Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre. Zum Einen scheint der Kapitalismus durch dieses Ereignis seine Übermacht bewiesen zu haben, zum Anderen fällt es ihm im Hinblick auf die offenkundigen Verbrechen des Stalinismus sehr leicht sozialistische Ideen zu diskreditieren.
Und so bleibt es die Aufgabe von SozialistInnen die zu zeigen, dass eine grundlegende gesellschaftliche Alternative nur dem Namen nach mit dem verwandt ist, was vor 1989/90/91 im Ostblock existierte. Darüber hinaus müssen sie jedoch auch aufzeigen wie bedeutend es für die aktuellen Kämpfe ist, sie mit sozialistischen Ideen zu verbinden. Nur wer bereit ist, die kapitalistische Logik zu durchbrechen; nur wer bereit ist, die Profite den Menschen und nicht die Menschen den Profiten zu opfern, hat eine grundlegende Lösung für die weltweite ökonomische Krise zu bieten.
Man könnte auch sagen, in Anbetracht von einer Milliarde (!) Menschen, die weltweit hungern, in Anbetracht von Kriegen und Umweltzerstörung ist die sozialistische Revolution alternativlos!