Der iranische Dichter Aziz Miri hat Asyl in Deutschland beantragt.
Wir veröffentlichen hier Gedichte von Aziz Miri, einem 29-jährigen regimekritischen Dichter aus dem Iran, der in Deutschland Asyl beantragt hat. Sascha Stanicic sprach mit ihm über seine Arbeit und die Verhältnisse im Iran.
Aziz, Du bist ein iranischer Dichter und hast in Deutschland Asyl beantragt. Was willst Du mit Deinen Gedichten zum Ausdruck bringen?
Ich wurde 1984 in Kuwait geboren und bin während des Einmarsches durch den Irak im Jahr 1990 in das Land meiner Mutter gezogen. Aus der Situation des Kriegs kam ich in ein Land, das Revolution und Krieg gerade hinter sich hatte. Ich habe die schrecklichen Lebensbedingungen der Menschen gesehen. Ich versuche diese Geschichte meines Landes und der Menschen zu verarbeiten. Ich fühle, was ich sehe und verarbeite das in meiner Arbeit. Meine große Sorge ist, dass sich die Geschichte wiederholen wird.
Warum ist es nicht möglich, solche Gedichte im Iran zu veröffentlichen?
Die iranische Regierung herrscht über das Mediensystem und versucht selbst das Denken der Menschen zu kontrollieren. Sie können mit den Menschen machen, was sie wollen: in den Krieg schicken oder ins Gefängnis stecken. Gedichte, wie meine werden von der Regierung als Teufelszeug betrachtet.
Was würde jemandem passieren, der solche Gedichte veröffentlichen würde?
Es gibt im Iran nicht die Möglichkeit, frei zu publizieren. Das Mediensystem ist von der Regierung kontrolliert. Wenn jemand zum Beispiel schreiben würde, dass es in unserem Land gar keine Republik, sondern in Wirklichkeit ein Königreich gibt, würde das ganz sicher nicht veröffentlicht. Diese Republik ist nur für den Teil des Volks, der die herrschende Ideologie unterstützt – die anderen gehören gar nicht zum Volk. Das ist wie in einem faschistischen System. Der Faschismus hat verschiedene Gesichter. Und es wird nur das veröffentlicht, was systemkonform ist.
Dein Asylantrag wurde bisher nicht akzeptiert. Was würde Dich erwarten, wenn der Antrag abgelehnt und Du abgeschoben würdest?
Natürlich weiß ich nicht, was genau mit mir geschehen würde. Aber der Iran ist ein Land, in dem sich die Gefängnisse schnell leeren, weil die Insassen hingerichtet werden und sich genauso schnell wieder füllen, weil andere Menschen inhaftiert werden. Das geschieht unabhängig davon, ob der Präsident Achmadinedschad oder Rohani heißt. Ich bin sicher, dass mich das Regime mit Gewalt zum Schweigen bringen würde – auf welche Art auch immer.
Drei Gedichte von Aziz Miri
Die Kuh und der kleine Hassan
Der kleine Hassan stimmt so mit einem Schlüssel
Sein Instrument
Grinsend
Dreht er den Schlüssel, mal in die eine, mal in die andere Richtung.
Der kleine Hassan macht die Türen auf und zu.
Der kleine Hassan hört auf seinen Vater!
Er weiß genau, dass die Gefängnisse keine Türen
Und die Schlösser keinen Schlüssel haben.
Er nimmt gerne
Die Unterstützung von seinem Papa an,
den er heldenhaft toleriert.
Der kleine Hassan
Hebt seine Arme mit großem Gelächter
Und tobt vor Freude
Über seine Taten.
Er hat den Schlüssel
zum Thron des Königs, streichelt die Tiger und verzaubert die Menschen.
Sitzt hinter verschlossenen Türen in Gesellschaft von Dämonen und spricht
Über den einzigen Führer der Religion.
Sei nicht erschöpft, kleiner Hassan!
Die Kuh von Hassan ist vor vielen Jahren gestorben.
Jetzt bin ich die Kuh geworden.
Den Acker werde ich pflügen,
meine Milch wird Joghurt und Käse geben.
Die Mühe verbrennt meine Kräfte doch ich werde mich weiter mühen.
Unter Sanktionen und Raub,
Wird die Kuh lautlos sterben,
mit messerscharfen Hieben
von Hinten und von Vorn.
Ich bin seine Kuh geworden und er ist am sterben.
Wann kann Hassan sein Recht zurück bekommen ?
Hassan, du hast doch den Schlüssel zum Thron.
Du kannst nachdenken.
Du hast Macht und Milde.
Du hebst deine Arme mit großem Gelächter, du hast zig tausend Untertanen.
Vater König ist unermesslich reich, mit seinem Schlüssel kannst du
alle Türen öffnen.
Deine Toleranz ist heldenhaft.
Hörst was die Kuh sagt und vergisst doch Alles.
Das reicht für Dich kleiner Hassan ….. .
Das reicht für Dich kleiner Hassan …… Ach … es reicht Dir
unendliche Jahre.
Das Rätsel zwischen Uns und Euch ist lösbar.
Aber zwischen Euch und Uns unlösbar.
Was soll ich noch sagen, kleiner Hassan, ich bin so müde.
Hab mein Kinn auf die Erde gelegt. Du feierst in deiner Freude,
weil die Kuh das schwere Joch
Weiter trägt um deinen Boden zu bestellen.
Tyrannen und Diktatoren sind gegangen, nun bist du an der Reihe.
Der Eine geht, der Andere kommt.
Doch was wird sich für uns ändern ?
Der Geistlichte, der wie ein König aussiehst
Geistlicher, du hast den Turban wie eine Krone auf deinem
Kopf gebunden.
Gehst Hand in Hand mit Königen.
Für uns wissende Menschen bist du nicht mehr als eine kleine Figur
Du hast deine magischen Kräfte versteckt.
Kräfte mit denen du die Menschen manipulierst.
Deine magischen Kräfte sind der Umhang, den du trägst.
Das Brot vom Bauern, die Milch für die Kinder, den Trost für die
utter und das von dir krank gewordene Volk hast du fallen lassen.
Nach vielen Jahren Unterdrückung werden die Schreie der
Menschen lauter.
Kein Geistlicher hat die Menschen so betrogen.
Du hast die menschliche Grenze verlassen und die Menschen
seelisch verhungern lassen.
Du hast deine magischen Kräfte versteckt.
Das Volk blutet und du lachst und nimmt die trauernde Brust
des Volkes als Zielscheibe.
Und Alles in Gottes Namen.
Das Warten von Hiob machst du länger als Noahs Leben.
Der Vogel ist im Käfig gestorben und seine Hoffnung ist hinaus geflogen.
Unsere Leben hast du nur mit Trauer und Elend ausgestattet.
Sadi hat über Menschenwürde gesprochen.
Aber du hast deinen Umhang als Maßstab, für uns bestimmt.
Ich bin so müde von der Lyrik, von Balladen und Erzählungen.
Wo hast du deine magischen Kräfte versteckt ?
Werfe deinen trügerischen Umhang, deine Lügen und deine Intrigen weg!
Wir sind Menschen! Warum betrachtest du dich als Übermensch?
Planen wie Hyänen
Hyänen planen so :
Die Alpträume der letzten Nacht bringen sie zur bösen, alten Hexe
Und fragen sie um Rat wie sie sich und die Wölfe und Geier
bewahren können, von Rehen, Pferden, Kamelen und Zebras
vernichtet zu werden.
Sie fragen wie ihr Durst nach Blut nie gesättigt wird.
Und die alte böse, bucklige Hexe antwortet: ,,Ihr müsst das Fell
eurer Feinde tragen und Euch darin Verstecken und weiter Blut vergießen und töten“.