Linke Gegenstrategie gegen die AfD nötig
Das knappe Scheitern der Alternative für Deutschland – AfD an der Fünfprozenthürde ist ein Erfolg für die neu formierte Partei. Weitere Stimmengewinne bei den Euro-Wahlen im Mai 2014 sind wahrscheinlich. Was ist die AfD? Eine Sammlungsbewegung von Kritikern der EU und des Euro? Eine rechte Partei mit ideologischer Nähe zu versteckten und offenen Faschisten? Eine extrem neoliberale Wiedergeburt der FDP? Bisher war DIE LINKE die einzige Opposition gegen Merkels Kurs der Zertrümmerung des Lebensstandards in Südeuropa. Jetzt hat sie mit der AfD Konkurrenz von rechts bekommen. Welche Strategie braucht DIE LINKE, um die AfD zu stoppen?
von Claus Ludwig, Köln
Einige Kommentatoren haben die AfD teilweise mit der US-amerikanischen Tea Party, dem markt-extremistischen rechten Flügel der Republikaner und ihres Umfeldes verglichen und meinten, dieser Vergleich würde besser passen als die Vergleiche mit rechtsextremen Parteien.
Aber auch dieser Vergleich trifft nicht ins Schwarze. Während die Tea Party sich offen asozial und sozialdarwinistisch gibt, zeichnet die AfD ein anderes Bild von sich.
Unter dem Strich will die AfD auch massive Sozialkürzungen und Privatisierungen in den Euro-Krisen-Ländern. Ähnlich wie die Tea Party lehnt sie sowohl den Einfluss Gewerkschaften als auch die großen Konzerne aus mittelständisch-kleinbürgerlicher Sicht ab. Aber das stellt sie nicht in den Mittelpunkt.
Die AfD bezeichnet die „Rettungspakete“ als Maßnahmen zur Rettung von Banken und lehnt dies ab. Sie fordert die Haftung der privaten Großgläubiger und wendet sich dagegen, dass die Masse der SteuerzahlerInnen in den finanziell besser gestellten Euro-Ländern die Rettung der Bankenprofite bezahlt.
Dabei verwendet sie Parolen, die implizieren, dass Merkels Euro-Kurs sowohl für Griechen als auch für Deutsche schädlich ist und vertritt die These, es wäre auch für Griechenland besser, nicht im Euro zu sein.
„Wir fordern, dass die Kosten der sogenannten Rettungspolitik nicht vom Steuerzahler getragen werden. Banken, Hedge-Fonds und private Großanleger sind die Nutznießer dieser Politik. Sie müssen zuerst dafür geradestehen (…). Wir fordern, dass hoffnungslos überschuldete Staaten wie Griechenland durch einen Schuldenschnitt entschuldet werden (…). In der Schuldenkrise müssen Banken ihre Verluste selbst tragen oder zu Lasten ihrer privaten Großgläubiger stabilisiert werden.“ (Programm der AfD zur Bundestagswahl).
Auf einem Wahlplakat zum Bundestag nutzt die AfD die links klingende Losung: „Die Griechen leiden, die Deutschen zahlen, die Banken kassieren.“
Noch ist die Hauptlinie des deutschen Kapitals die Rettung des Euro und die Begrenzung der Verluste der Banken und Konzerne um den Preis der Anhäufung enormer öffentlicher Verbindlichkeiten und der Zerstörung und Plünderung der südeuropäischen Volkswirtschaften.
Der Widerstand gegen dieses Europa der Banken und Konzerne und die Rolle des Euro in den von den Kürzungen betroffenen Ländern ist fortschrittlich und wird von den Lohnabhängigen und ihren Organisationen getragen. Die Euro-Kritik in Deutschland ist eine Mischung aus nationalistischen und sozialen, linken Elementen. Bei vielen Menschen dürften die Grenzen dazwischen unklar sein.
Der Populismus der AfD ist im Kern rechts und nationalistisch, aber die Partei nutzte im Wahlkampf linke Versatzstücke der Euro-Kritik, um sich attraktiver für breitere Bevölkerungsschichten zu machen. Dass sie bei Gewerkschaftsmitgliedern 4,5% geholt hat, fast den selben Anteil wie im Bevölkerungsschnitt, ist ein Anzeichen, dass sie damit ansatzweise Erfolg hatte.
Eine Tea-Party-gemäße Parole hingegen wäre, dass die Griechen sehen sollten, wie sie zu Geld kommen und dass man für Hungerleider, die alles verprasst hätten, keinen Cent zahlen würde. Rechte Euro-Gegner in anderen Ländern wie z.B. die Wahren Finnen verwenden tatsächlich eine solch rabiate Argumentation. Die AfD lässt hingegen offen, ob sie Kürzungspakete gegen die griechische Bevölkerung durchsetzen möchte.
Sahra Wagenknecht bewertet diese Taktik in einem Artikel im Neuen Deutschland: „Sie [die AfD] hat sich bisher geschickt verhalten und in Sachen Euro-Rettung bei der LINKEN abgeschrieben.“
Die Verschiebung der Euro-Kritik nach rechts scheint von der Führung der AfD als mittelfristiges Projekt angesehen zu werden. Um breite Wählerschichten über die für einen Wahlerfolg zu kleinen Kerne hartgesottener mittelständischer und kleinbürgerlicher Neoliberaler hinaus zu mobilisieren, hat die AfD in der Euro-Frage links angetäuscht.
Am Ende wird gekürzt
Im Programm zur Bundestagswahl versucht die AfD jeden Eindruck zu vermeiden, offensiv für Sozialkürzungen einzutreten. Bei den Renten gibt sich die AfD sozial: „Wir fordern, dass die Höhe der Renten langfristig garantiert ist. Die Schulden der Eurokrise dürfen nicht zu einer Rente nach Kassenlage führen.“
Lediglich die Unterstützung der Schuldenbremse ist ein Hinweis darauf, dass die AfD unter dem Strich für Sozialkürzungen eintritt. Da aber alle etablierten Parteien inklusive der sich sozial gebenden SPD und der Grünen die Schuldenbremse für Bund und Länder beschlossen haben, ist das nicht gerade ein Alleinstellungsmerkmal der AfD.
Die linke Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke schreibt in ihrer Analyse der AfD: „Wo gespart werden soll, verschweigt das AfD-Programm wohlweislich, um keine potenziellen Wähler abzuschrecken. Doch Äußerungen von AfD-Funktionären machen deutlich, dass der Rotstift die Lohnabhängigen und Empfänger von staatlichen Sozialleistungen treffen soll.“
2006 unterstützte der heutige Parteisprecher Konrad Adam in einer Kolumne in der „Welt“ die zuvor geäußerte Meinung eines Gastautoren, „den Inaktiven und Versorgungsempfängern das Wahlrecht abzuerkennen“.
Der AfD-Frontmann Bernd Lucke initiierte 2005 den „Hamburger Appell“ und forderte darin weitere Lohnsenkungen: „Wer behauptet, Deutschland könne und müsse ein Hochlohnland bleiben, handelt unredlich oder ignorant. (…) Die unangenehme Wahrheit besteht deshalb darin, dass eine Verbesserung der Arbeitsmarktlage nur durch niedrigere Entlohnung der ohnehin schon Geringverdienenden, also durch eine verstärkte Lohnspreizung, möglich sein wird. Eine Abfederung dieser Entwicklung ist durch verlängerte Arbeitszeiten, verminderten Urlaubsanspruch oder höhere Leistungsbereitschaft möglich.“
Lucke spricht sich auch gegen die Vermögenssteuer aus und vertritt das Märchen, dass Unternehmer ihre Gewinne reinvestieren würden:
„Was Unternehmer durch die Abschaffung der Vermögenssteuer sparten, investieren sie in der Regel wieder in das Unternehmen. Durch diese Investitionen, die Forschung und Ausbildung zugute kommen, profitieren die Allgemeinheit und der Staat in vielfacher Weise, nicht zuletzt mit dauerhaft steigenden Steuereinnahmen.“
Die AfD unterstützt zudem das „Kirchoffsche Steuermodell“, das angeblich die Steuererhebung vereinfachen soll. Der Kern dieses Modells ist jedoch die Abschaffung der Progression und die Einführung von drei Stufen mit 15, 20 und 25% Besteuerung für alle Einkommensgruppen. Dies würde zu einer massiven Entlastung der Besitzenden und der Reichen und zu sinkenden Staatseinnahmen. Schuldenbremse und sinkende Staatseinnahmen würden zu einer Automatik der Sozialkürzungen führen, so die ökonomische und ideologische Auffassung der Neoliberalen.
Rechtspopulisten?
Das Programm der AfD ist ein Programm von Sozialkürzungen und Angriffen auf die Rechte und die Einkommen der Lohnabhängigen. Die AfD radikalisiert die Politik der etablierten kapitalistischen Parteien und nimmt dabei Ideen auf, die in extremer Form vor allem in der FDP präsent waren.
Gleichzeitig vertritt sie deutlich nationalistische Ideen und sieht die Interessen „Deutschlands“, des deutschen Kapitals, im Gegensatz zu den Interessen anderer EU-Länder. Damit befindet sie sich im Widerspruch zu den etablierten politischen Vertretern des Kapitals, welche EU und Euro noch als gemeinsames Projekt der Herrschenden in Europa retten wollen.
Durch diese nationalistische Ausrichtung ist die AfD programmatisch und praktisch anschlussfähig für aggressiv nationalistische und rassistische Ideen, wie sie in der extremen Rechten vertreten werden.
Allerdings hat die Führung der AfD bisher streng drauf geachtet, sich von Rechtsextremen zu distanzieren und hat sich auf ökonomische Fragen rund um den Euro konzentriert. Die Passagen im Bundestagswahlprogramm zum Thema Migration sind z.B. nicht rechter als die der CDU:
„Wir fordern eine Neuordnung des Einwanderungsrechts. Deutschland braucht qualifizierte und integrationswillige Zuwanderung (…). Wir fordern ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild. Eine ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme muss unbedingt unterbunden werden. (…) Ernsthaft politisch Verfolgte müssen in Deutschland Asyl finden können. Zu einer menschenwürdigen Behandlung gehört auch, dass Asylbewerber hier arbeiten können.“
Allerdings sind einzelne Kandidaten der AfD mit aggressiveren Parolen aufgetreten. Zudem ist die AfD für Teile der Rassisten als Arbeitsfeld interessant, weil sie die Euro-Debatte ethnisiert und nationalistisch beantwortet, im Unterschied zur LINKEN, der bisher einzigen Opposition gegen Merkels Euro-Kurs.
Die AfD hat eine – dumme, aber eher harmlose – Störung einer Wahlkampfkundgebung in Bremen durch mutmaßliche Autonome genutzt, um eine mehrtägige hysterische Kampagne über „linke Gewalttäter“ zu pushen, eine Methode rechter Mobilisierung, die sie offensichtlich von ProNRW oder Die Freiheit abgeguckt hat.
Unter dem Strich ist die AfD nicht nur neoliberal, der Nationalismus spielt eine wichtige Rolle. Es wäre jedoch offensichtlicher Unfug, die AfD als faschistische Organisation oder versteckte Nazi-Partei zu sehen.
Der Begriff des „Rechtspopulismus“ ist nicht unproblematisch und zudem verschwommen. Die meisten „rechtspopulistischen“ Parteien in Europa sind offen rassistisch und islamophob. Die Bandbreite der rechtspopulistisch genannten Parteien in Europa reicht von den nur oberflächlich getarnten Nazis der Schwedendemokraten über größere Parteien, in denen sich rechtsbürgerliche, rechtspopulistische und faschistische Elemente mischen – wie in der österreichischen FPÖ oder derm Vlaams Belang aus Belgien – bis hin zu Parteien, die eher der AfD ähneln. Sonderfälle sind die Partei für die Freiheit des Niederländers Geert Wilders und die Dänische Volkspartei. Diese haben keine faschistischen Wurzeln, geben sich in vielen Fragen auch liberal, aber sie verbreiten das Gift des Islamhasses mit einem Eifer, der seinesgleichen sucht.
Die Unterschiede zur AfD sind deutlich. Trotzdem macht es Sinn, die AfD als „rechtspopulistisch“ im eigentlichen Sinne des Wortes zu definieren. Die AfD vertritt ein Programm, welches kompatibel mit den rechten Flügeln in Union und FDP ist.
Die Haltung der AfD zur zentralen Frage des Euro hingegen ist nicht kompatibel mit den etablierten bürgerlichen Parteien. Hier nimmt die AfD eine Position gegen das Establishment ein und befindet sich im Konflikt mit der Mehrheit des deutschen Kapitals und seiner Parteien. Dabei suggeriert die AfD, an den Interessen und der Forderungen der Mehrheit der Bevölkerung anknüpfen zu wollen. Insofern ist die Partei „populistisch“.
Die AfD ist keine faschistische Organisation und wird sich mittelfristig auch nicht als ganze Partei in diese Richtung bewegen. Es wäre falsch, wenn Linke und AntifaschistInnen auf die AfD antworten würden, wie sie auf offene und versteckte Nazis antworten. Blockaden und sonstige Verhinderungsaktionen sind nicht die Mittel der Wahl.
Die AfD muss politisch-inhaltlich bekämpft werden. Sie knüpft mit ihrer Agitation gegen den Euro an realen Problemen an und hat es geschafft, über ihr Klientel liberaler Professoren und rechtskonservativer D-Mark-Fans auch Menschen anzusprechen, die mit der Bankenrettung auf Kosten von Europas SteuerzahlerInnen unzufrieden sind. Diese Menschen müssen argumentativ überzeugt werden, dass die AfD keine Alternative darstellt.
Störaktionen gegen die AfD würden die Grenze zwischen Faschisten und anderen Reaktionären unklarer machen. Wenn man versucht, AfD-Veranstaltungen zu blockieren, müsste man dann nicht gegen jede CSU-Versammlung vorgehen? Dies wäre offensichtlich unsinnig. Die Linke und die Arbeiterbewegung muss die Auseinandersetzung mit bürgerlichen Ideologien politisch führen, mit Argumenten überzeugen.
Die physische Verhinderung z.B. durch Blockaden sollte faschistischen Gruppierungen vorbehalten werden, die einen ungestörten Aufbau nutzen würden, um mit Gewalt und Einschüchterung gegen Linke, Migranten und die Arbeiterbewegung vorzugehen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die AfD entwickelt. Bisher hat sie keine besondere Feinschaft gegen Muslime erkennen lassen oder harte Parolen gegen Flüchtlinge verbreitet.
Das heißt jedoch nicht, dass die AfD ungefährlich wäre. Sie leistet einen Beitrag dazu, linke, soziale Antworten auf die Euro-Krise zu erschweren. Sie verschiebt den Euro-Diskurs nach rechts, hin zur Frage der Nationalitäten, weg von den Klassenfragen. Entsolidarisierung ist ein Kern ihrer Programmatik.
Auf dem Boden der Ablehnung des Euro aus nationalistischer Sicht gedeihen auch rassistische Stimmungen, die sich gegen „die faulen Griechen“ – in Griechenland oder als Migranten hierzulande – richten. Wer Transferleistungen in ärmere Regionen der EU prinzipiell ablehnt, der ist auch schnell dabei, Flüchtlinge hierzulande aus „sachlichen“, ökonomischen Gründen als überflüssig und schädlich zu definieren und dies öffentlich zu einem Thema zu machen.
Das wäre allerdings keine Besonderheit der AfD, denn schon jetzt fährt Innenminister Friedrich (CSU) einen Kurs, den man nur als rechten Populismus bezeichnen kann. Die Praxis der SPD in Hamburg, Berlin, Dortmund oder Duisburg unterscheidet sich kaum davon. Aber die Etablierung einer Partei rechts von CDU/CSU würde einerseits dem ohnehin vorhandenen staatlichen Rassismus mehr Spielraum verschaffen und könnte andererseits ein Kristallisationspunkt für rassistische Stimmen in der Bevölkerung sein.
Eine erfolgreiche AfD wird zu einem Anwachsen von Nationalismus und Rassismus führen, ob unter dem Dach der Partei selbst oder, wenn diese sich stark nach rechts außen abgrenzt, außerhalb der Partei, ist durchaus offen.
Wirkung auf andere Rechte
Eine eurokritische, rechtspopulistische Partei in Deutschland lag schon lange in der Luft. Die Stimmung war vorhanden, das zeigten die Debatte rund um Sarrazins Bestseller „Deutschland schafft sich ab“, die Unruhe in FDP und CDU rund um die Euro-Rettungspakete und die Wahlerfolge der Pro-Bewegung auf kommunaler Ebene in NRW.
Die selbst ernannten „Rechtspopulisten“ konnten von dieser Stimmung nur gering profitieren. Gruppen wie Pro NRW riechen zu sehr nach Nazi, Organisationsversuche im Umwelt des hysterischen Islam-Hassers-Portal Politically Incorrect spiegelten den islamophoben Wahn des norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik wider. Der Freiheit des Berliner CDU-Abtrünnigen Stadtkewitz, die gerade versucht, sich in der AfD aufzulösen, gelang es nie, auch nur eine kleine Gruppe von fähigen Organisatoren zusammenzufassen.
Die AfD hingegen hat den bürgerlichen Unbedenklichkeitsstempel, ohne den Makel zu haben, überwiegend aus gescheiterten Parteipolitikern von FDP und CDU zu bestehen. Das Siegel der „Professoren-Partei“ ist der Partei von den Medien verpasst und über diese transportiert in die öffentliche Wahrnehmung transportiert worden.
Die bürgerlichen Medien scheinen durchaus froh über eine scheinbar unverfängliche rechte Opposition zum Pro-Euro-Kurs von CDU, SPD, Grünen und FDP berichten zu können und nicht DIE LINKE als einzige Opposition gegen das Europa der Bankenretter erwähnen zu müssen.
Die Entwicklung der AfD könnte die rechte Konkurrenz in Schwierigkeiten bringen. Die Freiheit hat schon aufgegeben. Bei den kombinierten Europa- und NRW-Kommunalwahlen im Mai 2014 wird sich zeigen, wie groß die Zahl der hartgesottenen Islamhasser und offenen Rassisten ist, die trotz der AfD ProNRW die Stange halten. Diese Gruppe könnte auf das Rheinland zurück geworfen werden und selbst dort an Boden verlieren.
Faschistische Gruppen wie die NPD oder bekennende Nazis werden nicht offen oder in großen Gruppen zur AfD wechseln. Sie verfolgen eine grundsätzlich andere Strategie des Organisationsaufbaus, mit der Präsenz auf der Straße und Konfrontationen als zentrale Methoden.
Aber sie könnten Einzelne in die AfD schicken, um dort Positionen zu erobern und Verbindungen zwischen ihnen und noch nicht so extremen Rechtspopulisten zu befördern. Vielleicht ergeben sich Möglichkeiten auf örtlicher Ebene für faschistische Gruppen, Positionen und Mehrheiten in der AfD zu erobern und deren Charakter vor Ort zu verändern.
Kein schnelles Verschwinden
Der 4,7%-Wahlerfolg der AfD hat das Parteiensystem in Deutschland verändert. Eine starke parteipolitische Formierung rechts der Union war bisher unterblieben, weil die Gegner von Merkels Eurokurs innerhalb der etablierten Parteien Angst hatten, durch eine Abspaltung Posten, Pfründe und Einfluss zu verlieren. Sie waren sich wegen der relativen Ferne der Euro-Krise in Deutschland nicht sicher, ob eine neue Formation einen Wahlerfolg schaffen würde.
Die Tarnkappen-Faschisten von den Republikanern bis zu Pro Deutschland konnten hingegen nicht bundesweit aufbauen, weil ihnen der braune Muff in der Kleidung hing.
Vor dem Hintergrund der schwelenden Euro-Krise wird die AfD keine Eintagsfliege bleiben. Sie repräsentiert ein reales Bedürfnis mittelständischer und kleinbürgerlicher Schichten, eine populistische Opposition gegen die Hauptlinie des deutschen Kapitals, die europäische Integration im eigenen Interesse zu retten, zu formulieren. Diese Hauptlinie wird von allen etablierten Parteien bisher durchgehalten, aber die Risse sind schon sichtbar geworden. Wenn die Euro-Krise in schärferer Form heim zu Mutti kommt, wird es auch innerhalb der herrschenden Klasse stärkere Differenzen geben.
Die Europawahlen am 25. Mai kommen für die AfD zu einem idealen Zeitpunkt. Die gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahlen in mehreren Bundesländern bieten der Partei gute Möglichkeiten, Mitgliedern und Sympathisanten Posten anzubieten, denn ein Einzug in viele Stadt- und Gemeinderäte wäre möglich.
Es ist davon auszugehen, dass die AfD auch bei den Euro-Wahlen ein gutes Ergebnis im Rahmen ihres Bundestagswahl-Resultats einfährt, möglicherweise sogar deutlich darüber. Damit würde die Partei ins Euro-Parlalment einziehen, weitere staatliche Mittel und jede Menge mediale Aufmerksamkeit bekommen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass zukünftig innerparteiliche Konflikte ausbrechen um die Frage, wie sehr man offen für Sozialkürzungen eintritt oder wie man mit rechtsextremen Forderungen, die unweigerlich in der Partei aufkommen werden, umgehen soll. Aber man muss davon ausgehen, dass die AfD nicht von selbst verschwindet.
Linke Gegenstrategie
Es gibt eine perfekte Methode, mit der die Partei DIE LINKE garantieren kann, dass sich der AfD weitere Räume für Erfolge bei Wahlen und beim Parteiaufbau eröffnen: DIE LINKE müsste jede Opposition gegen den Euro und die EU als nationalistisch diffamieren, ihr im Wahlprogramm noch vorsichtig formuliertes Bekenntnis zum Euro bei jeder Gelegenheit laut hinausposaunen und sagen, dass es keine Alternative zur bestehenden EU und ihren Institutionen gäbe, nur sozialer müsse sie natürlich sein.
Damit würde sie es ermöglichen, dass Euro-Kritik in Deutschland in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem von rechts kommt, wie es z.B. in Österreich der Fall ist, wo sich die FPÖ in den meisten Politikfeldern als Anti-Establishment-Partei darstellen kann.
Mit solch einer Haltung würde DIE LINKE der Politik der Etablierten hinterher traben, würde sich als deren – hilf- und machtloser – sozialer Flügel darstellen. Alles Beteuern, man wäre doch gegen die Sozialkürzungen in der europäischen Peripherie und man wolle die EU sozial reformieren, würde jämmerlich klingen, wenn man sich bei den Etablierten in der Euro-Frage einreiht.
Absurd? Keineswegs. Genau diese Positionierung schlagen große Teile der Parteirechten und des Apparates vor.
Stattdessen wäre es nötig, der Euro-Kritik von rechts eine Euro-Kritik aus der Sicht der Lohnabhängigen, von einem linken und internationalistischen Standpunkt entgegen zu setzen. Keineswegs sollte sich DIE LINKE an die AfD anpassen und die Währungsfrage betonen. Die Losung „Raus aus dem Euro“ hätte in Deutschland aktuell keine fortschrittliche Wirkung, sondern würde lediglich helfen, nationale und Währungsfragen in den Vordergrund zu stellen.
Sowohl die Vertreter der Merkelschen Angriffe gegen Südeuropa als auch nationalistische Euro-Kritiker betonen die nationalen Unterschiede und wollen den Eindruck erwecken, „wir Deutschen“ bezahlen, weil „die Griechen“ nicht mit Geld umgehen können oder „über ihre Verhältnisse gelebt“ haben. In Wirklichkeit bezahlt die Masse der Griechen für die Bereicherung der – deutschen und griechischen – Banken und Konzerne. Und irgendwann bezahlt auch die Masse der deutschen SteuerzahlerInnen für die Löcher im Staatshaushalt.
Der AfD sollte im Euro-Wahlkampf vorgehalten werden, dass es gerade die von ihr begrüßte Agenda-2010-Politik war, die umfassende Lohnsenkung in Deutschland, die zur verstärkten Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Konzerne und damit zum Niederkonkurrieren der Staaten der europäischen Peripherie geführt hat.
Für DIE LINKE muss es darum gehen, die gemeinsamen Interessen der Lohnabhängigen in Europa zu betonen. Das geht allerdings nur, wenn sie dieses Europa, die EU der Banken und Konzerne ablehnt, wenn sie sich eindeutig vom kapitalistischen Establishment abgrenzt.
Wenn in Griechenland eine SYRIZA-Regierung die Mehrheit hätte, würde sie bald die Eurozone verlassen müssen – entweder, weil sie eine eigene Währung unter ihrer Kontrolle braucht, um überhaupt handlungsfähig zu sein oder weil sie kurzerhand rausgeworfen würde, wenn sie sämtliche „Memoranden“ für ungültig erklären würde. Mit diesem Präzedenzfall würde das Auseinanderfliegen der gesamten Eurozone beginnen.
Die Linke in Deutschland sollte die Debatte um den Euro-Ausstieg nicht in den Mittelpunkt stellen. Aber sie muss das Recht Griechenlands und anderer Staaten verteidigen, aus der Währung aussteigen zu dürfen. Dies verträgt sich nicht mit einem Loyalittätsschwur zu EU und Euro.
Der Europa-Wahlkampf 2014 muss von der LINKEN mit einer zentralen Aussage geführt werden, die Gegnerschaft gegen dieses Europa, gegen die Troika aus EU, EZB und IWF, gegen den Wettbewerbs-Druck der Eurozone ausdrückt und ein anderes Europa skizziert, ein Europa von unten, dass sich aus dem grenzüberschreitenden Widerstand gegen das EU-Regime entwickelt. „Von Athen bis Berlin – nein zum Europa der Banken und Konzerne – wir zahlen nicht für die Profite der Banken“ wäre mein zugegeben etwas holpriger Arbeitstitel. Kreativere, elegantere, plakattauglichere Formulierungen sind jederzeit willkommen.