USA im Jahr 6 der Krise

Ty MooreWahlkampf sozialistischer KandidatInnen

Laut einer Umfrage vom September zeigen sich nur 41 Prozent aller AmerikanerInnen mit der Arbeit von Barack Obama zufrieden – besonders seine traditionellen Wählerschichten (Jugendliche, Latinos und AfroamerikanerInnen) sind maßlos enttäuscht vom Präsidenten. 40 Prozent sind der Meinung, die Regierungspolitik habe seit der Rezession nur den Reichen und den Großbanken gedient. Heute sind es nur die „obersten 0,01 Prozent“, wie sie Paul Krugman in der „New York Times“ bezeichnete, die vom mickrigen Aufschwung profitieren.

von Conny Dahmen, zur Zeit Minneapolis

Junge Menschen brechen unter den Kreditschulden aus der Ausbildung zusammen, die sich seit 2009 verdreifacht haben. Vermeintliche neue Arbeitsplätze wurden im letzten Jahr zu 62 Prozent im Niedriglohnsektor geschaffen.

Detroit – Symbol für ein Land im Niedergang

Das bankrotte Detroit wird zum Symbol für die dramatischen Folgen der Deindustrialisierung: ein Zehntel leerstehende Häuser, eine fünfmal so hohe Kriminalitätsrate wie im Rest der USA, zwei Drittel aller Kinder unter der Armutsgrenze – wer kann, zieht weg. Denn hier sind keine Rettungspakete zu erwarten.

Geld fließt hingegen immer noch in die US-Kriegsmaschinerie, immer noch gibt es Guantanamo, immer noch sind Truppen im Nahen Osten – dabei hätte der ursprünglich geplante Militärschlag gegen Syrien (laut Reuters) nur bei neun Prozent der Bevölkerung Zustimmung erfahren.

Linkstrend

Die Wut auf die Regierung hat sich bereits in einigen Arbeitskämpfen Bahn gebrochen, wie den teils erfolgreichen Streiks von LehrerInnen in Chicago im letzten Herbst und den Fast-Food-ArbeiterInnen für einen Mindestlohn von 15 Dollar die Stunde.

Die breite Unterstützung für die grüne Bürgermeisterin Gayle McLaughlin in Richmond, Kalifornien, welche die gesetzliche Möglichkeit der Enteignung für das Gemeinwohl („Eminent Domain Act“) auf Banken anwenden will, um HausbewohnerInnen ihr Heim wiederzugeben, oder der Sieg des demokratischen Bürgermeisterkandidaten Bill De Blasio bei den Vorwahlen in New York, der mit einem Programm für Sozialreformen und gegen Diskriminierung angetreten war, sind nur einige Anzeichen für einen spürbaren Linkstrend. Jetzt bietet sich tatsächlich eine Gelegenheit für die Linke, das Zwei-Parteien-System aufzubrechen und zu den Zwischenwahlen zum US-Senat im nächsten Jahr eigene unabhängige KandidatInnen ins Rennen zu schicken.

Kommunalwahlkampf

Um hierfür einen Beitrag zu leisten, stellt „Socialist Alternative“ (die SAV-Schwesterorganisation in den USA) eigene KandidatInnen bei den Kommunalwahlen in Boston, Seattle und Minneapolis am 5. November auf. In Seattle konnte Kshama Sawant, die im Zuge einer Initiative unabhängiger „Occupy“-KandatInnen antritt, in ihrem Wahlbezirk 44.000 Stimmen bei den Vorwahlen erzielen. Ty Moore liefert sich in Minneapolis ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Kandidatin der Demokraten. Dabei kann er auf 75 AktivistInnen zählen, die mit ihm von Tür zu Tür gehen, Spenden sammeln, Aktionen organisieren und mit „Occupy Homes“ bereits neun Zwangsräumungen verhindern konnten. Unter den UnterstützerInnen befinden auch VertreterInnen der lateinamerikanischen Community vor Ort wie die bekannte Gewerkschafterin Veronica Mendez, die im Juli mit der CTUL (Centro de Trabajadores Unidos en Lucha) einen Streik von GebäudereinigerInnen organisierte.

In einer Gallup-Umfrage vom 18. November 2012 sprachen sich 53 Prozent aller WählerInnen der Demokraten und selbst 23 Prozent der Republikaner-Anhänger für Sozialismus aus – obgleich die Vorstellungen davon noch sehr vage sind. In einer Presseerklärung zu seiner Kandidatur erklärte Ty Moore: „Es sieht immer mehr danach aus, als würden die Wähler vom Bezirk 9 viele dadurch überraschen, dass sie zum ersten Mal seit Jahrzehnten einen Sozialisten in den Stadtrat zu wählen.“