von Michael Koschitzki, Berlin
Es ging bei der Aktion auf der Reichstagswiese um ernste Inhalte: „Wir müssen handeln bevor der Kollaps kommt“ erklärte die ver.di Bundesfachbereichsleiterin für den Fachbereich 3, Sylvia Bühler, die Situation. Während vom Jahr 2000 bis 2011 die Zahl der Patienten um 5,8 Prozent stieg, wurde das Pflegepersonal um 10 Prozent reduziert. Es geht dabei um Menschenleben! Personalmangel ist der wichtigste Grund für steigende Anzahl von Todesfällen im Krankenhaus.
Um darauf aufmerksam zu machen, dass 162.000 Beschäftigte im Krankenhausbereich fehlen und um eine gesetzliche Regelung zur Personalbemessung zu fordern sind mehrere Hundert Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aus der ganzen Republik am 1. Oktober vor dem Bundestag zusammen gekommen. Aus Stuttgart war ein ganzer Bus mit Beschäftigten in einer zehnstündigen Fahrt extra dafür angereist, auch aus anderen Bundesländern kamen Aktivistinnen und Aktivisten.
„Geduld zu Ende“?
Die Aktion war ein vorläufiger Höhepunkt der Kampagne für mehr Personal im Krankenhaus. 61.000 Unterschriften wurden an SPD und CDU übergeben. Es wurde betont, dass man sich jetzt nach der Bundestagswahl und vor den Koalitionsverhandlungen einen guten Moment dafür ausgesucht hätte. Doch welche Ideen gibt es, wie es weiter gehen soll? Es wurde gesagt, „Die Geduld ist zu Ende“, aber was folgt jetzt? Reicht es Hoffnungen auf die SPD zu richten?
Für sie redete Karl Lauterbach, der versicherte, dass auch Steinbrück und Gabriel die Forderungen nach Verbesserung des Personals teilen würden und sie in die Koalitionsverhandlungen eingebracht werden.
Unklar blieb warum nicht auch andere ParteienvertreterInnen – zum Beispiel von der LINKEN bei der Kundgebung geredet haben. Laut Sylvia Bühler waren alle eingeladen und nur die SPD habe reagiert.
Mehr Krankenhauspersonal
Deutliche Worte fand Volker Mörbe vom Stuttgarter Klinikum. „Täglich werden Gesetze gebrochen. Es hagelt Überlastungsanzeigen“ beschrieb er die Situation im Betrieb. Er machte deutlich, dass es in der bevorstehenden Auseinandersetzung auch um Profit geht: „Wenn wir sehen, dass Fresenius 43 Krankenhäuser für 3 Milliarden Euro kauft und sagt, dass sie das aus den Krankenhäusern, das heißt aus den Kolleginnen und Kollegen rauswirtschaften wollen, dann wird das mit einer Personalbemessung nicht gehen. Die nächste Regierung muss sich mit den Renditeerwartungen dieser Unternehmen auseinandersetzen müssen.“
Unter den Berlinerinnen und Berlinern waren auch Beschäftigte der Charité vertreten. Ergänzend zur gesetzlichen Regelung versuchen sie einen Tarifvertrag zur Personalbemessung in ihrem Krankenhaus durchzusetzen. VertreterInnen des Bündnisses „Berlinerinnen und Berliner für mehr Personal im Krankenhaus“ sammelten Unterschriften für ihre Kampagne. Ein Erfolg an der Charité würde auch den Druck für eine gesetzliche Regelung erhöhen. Deshalb sollte ver.di bundesweit den Kampf an der Charité mit voller Kraft unterstützen und in Krankenhäusern mit kampfstarken Belegschaften ebenfalls in den Kampf für eine tarifliche Regelung einsteigen.