Gewerkschaft und Bündnis erhöhen Druck auf Arbeitgeber – Verhandlungen gehen weiter
Der Kampf der Charité-Beschäftigten in Berlin für einen Tarifvertrag zu einer Mindestpersonalbesetzung und Gesundheitsschutz geht in die nächste Runde. Am Dienstag, den 17. September wurde die gewerkschaftliche Verhandlungskommission von über einhundert KollegInnen und UnterstützerInnen aus dem Bündnis „Berlinerinnen und Berliner für mehr Personal im Krankenhaus“ mit einer Protestaktion in die Tarifverhandlungen begleitet (Fotos hier).
Unterstützung kam u.a. von der jungen GEW und einer Delegation streikender Einzelhandelsbeschäftigter. Jan Richter hielt für diese KollegInnen ein Grußwort und sagte anknüpfend an den Slogan der ver.di-Betriebsgruppe „Mehr von uns ist besser für alle“: „Mehr von euch ist besser für uns!“ Auch der Berliner LINKE-Vorsitzende Klaus Lederer beteiligte sich an dem Protest.
Am Tag darauf hatte das Bündnis zu einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Streiken für mehr Personal?“ ins Berliner ver.di-Haus geladen. Sechzig TeilnehmerInnen kamen, die einem breit zusammen gesetzten Podium zuhörten. Die ModeratorInnen Ulla Hedemann von der ver.di-Betriebsgruppe und Sascha Stanicic vom Bündnis erklärten Ziele der Tarifbewegung und Motivation der Bündnis-Gründung bevor Stephan Gummert von der ver.di-Betriebsgruppe über den aktuellen Stand der Tarifverhandlungen berichtete. Unter anderem erzählte er von den großen Augen, die die Arbeitgebervertreter bei den Verhandlungen gemacht haben, als die GewerkschafterInnen ihnen in einer einstündigen Präsentation ihre Forderungen hergeleitet haben. Während das Bündnis auch betont, dass eine bessere Personalausstattung auch dem Patientenwohl dient, konnte die ver.di-Verhandlungskommission überzeugend darstellen, dass auch die Gesundheit der Beschäftigten leidet, wenn die Stationen unterbesetzt sind und der Arbeitsdruck so hoch ist, wie es aktuell der Fall ist. Gegenargumente fielen dem Arbeitgeber spontan nicht ein und er kündigte an zu einem nächsten Verhandlungstermin im Oktober, eine Skizze für Vorschläge von seiner Seite zu unterbreiten. Dieser Vorschlag muss nun abgewartet werden, bevor entschieden werden kann, ob die Verhandlungen von Seiten der Gewerkschaft für gescheitert erklärt werden und zum Streik aufgerufen wird. Es wird also erst einmal weiter verhandelt, während die Streikbereitschaft unter den KollegInnen gleichzeitig weiter steigt.
Die Veranstaltung drehte sich aber auch um die Frage, welche Bedeutung der Kampf an der Charité für andere Belegschaften und für PatientInnen hat. Jan Richter, H&M-Betriebsrat und aktiver Gewerkschafter im Einzelhandel und Christoph Wälz, Lehrer-Personalrat und GEW-Aktiver, berichteten von den Streiks in ihren Bereichen und betonten beide, dass ein Erfolg an der Charité große Auswirkungen für ihre Kämpfe hätte. Sie sprachen sich für eine bessere Koordinierung und ein Zusammenführen verschiedener Arbeitskämpfe aus. Auch KollegInnen der Alternative-Gruppe aus dem Berliner Daimler-Werk, von der Telekom und den PsychotherapeutInnen in Ausbildung (P.I.A.) erklärten ihre Solidarität. V
Vorschläge, wie eine bessere Zusammenarbeit verschiedener Bereiche umgesetzt werden kann wurden diskutiert. So hatte Lucy Redler, SAV-Mitglied und aktiv im Bündnis, die Frage aufgeworfen, gemeinsame Streikleitungstreffen durchzuführen. Andere warfen die Frage auf, Streiktage gemeinsam zu koordinieren, um zeitgleich auf die Straße gehen zu können. Carsten Becker, Vorsitzender der ver.di-Betriebsgruppe an der Charité, brachte in seinem Redebeitrag aber auch auf den Punkt, dass man hinsichtlich dieser Frage nicht darauf warten darf, was die offiziellen Gewerkschaftsgremien entscheiden: „Einfach machen!“, sagte er und rief dazu auf von unten gegenseitige Besuche der Solidarität zu organisieren, womit in Berlin ja auch schon begonnen wurde.
Marcus Putzig, Jugend- und Auszubildendenvertreter an der Charité, berichtete von dem erfolgreichen Protest der Auszubildenden für eine Übernahme aller auslernenden Azubis. Kirsten Schubert vom Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte stellte eindrucksvoll dar, dass das heutige System der Krankenhausfinanzierung abgeschafft werden muss, weil es marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten folgt und die Bedürfnisse von PatientInnen und Beschäftigten dabei zwangsläufig auf der Strecke bleiben.
Das nächste Treffen des Bündnisses findet am 24. September um 18 Uhr im ver.di haus am Paula-Thiede-Ufer im Heinrich-Böll-Saal statt.