Am 22. Juni gab es in Köln ab 12 Uhr eine Solidaritätsaktion mit den Protesten in der Türkei unter dem Motto „Überall ist Taksim, überall ist Widerstand“, um 14 Uhr die Kundgebung „Recht auf Stadt“ sowie um 14 Uhr auch noch eine Solidaritäts-Demonstration zu den Protesten in Brasilien und am Schluss um 18 Uhr eine Solidaritäts-Konzert zu den Protesten in der Türkei.
von Jakob Meindorf, Köln
Die Kölner Initiative „Recht auf Stadt“ hatte für den 22. Juni zu einer Kundgebung am Rudolfplatz aufgerufen. Etwa 300 Menschen nahmen an dieser Aktion teil. Nach der Kundgebung sollte noch eine Demonstration stattfinden – aus Solidarität mit den Protesten in der Türkei, zu denen Zehntausende kamen, wurde sie aber kurzfristig abgesagt. Es sprachen Siggi Heidt, Sozialarbeiterin in Chorweiler, und Jürgen Auth, Sozialraumkoordinator in PorzFinkenberg. Beide beschrieben anschaulich die Situation in den dortigen Hochhäusern. Diese gehören Immobilienkonzernen, welche die Wohnungen geradezu verkommen lassen (haben). 1.200 Wohnungen in Chorweiler befinden sich in Zwangsverwaltung, weil der Investor insolvent ist. Dort ist nahezu alles marode, seit Anfang Juni können die Menschen nicht mehr duschen, weil die Wasserleitungen mit Legionellen verseucht sind. Jan Henkel sprach für „kein mensch ist illegal“ zur katastrophalen Situation bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Köln. Für die Initiative redeten Christian Frings und Claus Ludwig (Mitglied der SAV). Am Schluss redete noch ein Vertreter des Autonomen Zentrums Köln, das von Räumung bedroht ist.
Die Initiative „Recht auf Stadt“ hat sich gebildet, um den Widerstand gegen Mietsteigerung, Wohnungsprivatisierung, Zwangsräumungen und Vermieterwillkür zu stärken und zu vernetzen.
In immer mehr Städten bilden sich Initiativen, die sich gegen steigende Mieten wehren, für die immer mehr Menschen 40-50 Prozent ihres Einkommen aufbringen müssen. Immer mehr Menschen mit geringem oder durchschnittlichem Einkommen können sich die Mieten in ihren Stadtteilen nicht mehr leisten.
Alternativen gibt es in Köln kaum: Der öffentlich geförderte Bau von Sozialwohnungen ist faktisch zum Erliegen gekommen. Die Zahl der Sozialwohnungen ist in den letzten 20 Jahren von 100.000 auf knapp 40.000 gesunken, obwohl fast die Hälfte der Bevölkerung den Anspruch hätte, eine Sozialwohnung zu beziehen.
Große Wohnungsbestände sind privatisiert worden. Immobilienkonzerne wie die Deutsche Annington in Kalk, Talos in Finkenberg oder BGP in Chorweiler sind lediglich an schneller Rendite interessiert. Es gibt immer mehr Beispiele von Mieterhöhungen bei gleichzeitiger Vernachlässigung von Häusern und Wohnungen.
Die Kundgebung am 22. Juni hat Appetit auf mehr gemacht. Wohnen ist ein Menschenrecht und darf nicht dem Profitwahnsinn einiger weniger Kapitalisten untergeordnet werden. Wir müssen unsere Wut gegen Mietwucher oder Prestigeprojekte wie Stuttgart 21 zusammentragen. Wir können uns nicht auf die regierenden Parteien verlassen, die letztendlich ihre Politik im Interesse der Reichen machen, diese haben die Privatisierungen erst ermöglicht und Mieterrechte geschleift.