SAV-Bundeskonferenz 2013

BundeskonferenzEin Wochenende voller Debatten und des Erfahrungsaustausch

Vom 15. Bis 17. März trafen sich einhundert Delegierte und Mitglieder der SAV im nordhessischen Helmarshausen zur 14.Bundeskonferenz der SAV.

von Kati, Köln

Weltperspektiven

Die Bundeskonferenz begann mit einer Diskussion über Weltperspektiven. Aron Amm gab in seiner Einleitung einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen und Klassenkämpfe. Die Krisenländer Griechenland und Portugal standen besonders im Fokus. Trotz des Optimismus bürgerlicher Kommentatoren ist die weltweite Krise bei Weitem nicht beendet. Seit Beginn der Krise 2008 sind die bestehenden Überkapazitäten nicht ausreichend abgebaut worden, die Staatsverschuldungen bewegen sich heute auf Rekordniveau.

In der Diskussion gab es viele Beiträge zu den spezifischen Situationen in einzelnen Ländern wie Ägypten, Tunesien und Venezuela. Ein besonders interessanter Beitrag wurde vom eigens aus Ankara angereisten Genossen Nihat, Mitglied der (erfreulicherweise) neuen Gruppe des Komitees für eine Arbeiterinternationale (CWI – die internationale sozialistische Organisation, der die SAV angeschlossen ist) in der Türkei, eingebracht. In der Region mischt die Türkei als Regionalmacht an allen dort angesiedelten Konflikten mit. Nihat sprach von der Kriegsgefahr hinsichtlich eines Eingreifens der Türkei in den syrischen Bürgerkrieg, die dadurch angeheizt wird, dass das Eigeninteresse der Türkei in der Kurdenfrage auch die türkische Außenpolitik bestimmt.

Eurokrise

Das Thema Eurokrise prägte auf dieser Bundeskonferenz sowohl bei den „Weltperspektiven“ als auch in den samstäglichen Plenumsdiskussionen zu „Deutschen Perspektiven“ (eingeleitet durch Holger Dröge) und „Unser Programm gegen die Krise“ (eingeleitet durch Doreen Ullrich) die Debatten.

Seit der letzten Bundeskonferenz haben sich die negativen Auswirkungen für die Bevölkerung der südeuropäischen Länder immens verstärkt. Ebenso die Repressionen. Zum Beispiel wird gegen Streikende in Griechenland mittlerweile mit Kriegsrecht vorgegangen. Das ist eine Reaktion auf die nicht abbrechenden Kämpfe. So gab es allein zwanzig Generalstreiks, von denen vier ganze 48 Stunden andauerten. Auch Claire, eine seit kurzem in Berlin lebende griechische Genossin, berichtete, wie die ausbleibenden Erfolge nach der vorrevolutionären Situation sich derzeit als Resignation in der Arbeiterklasse niederschlagen. Sie bezeichnet den aktuellen Zustand als Dampfkochtopf, der schwelt, aber durchaus Explosionsgefahr birgt. Die Schwäche der Linken beweist sich darin, dass sie den Protestierenden keinen Weg aus der Misere aufzeigt. Es wurde darauf hingewiesen, dass es zwar möglich ist, dass noch in diesem Jahr eine SYRIZA-geführte Regierung das Amt übernehmen könnte, es aber gleichzeitig völlig offen ist, ob diese sich mit dem Kapital anlegt oder gegenüber den Forderungen der Troika einknicken wird. Unsere Sektion in Griechenland gründete gemeinsam mit anderen Linken, die innerhalb und außerhalb von SYRIZA aktiv sind, die „Initiative der 1000“. Diese tritt für eine Einheit der Linken und eine SYRIZA-geführte Regierung auf Basis eines Bruchs mit dem Kapitalismus und eines sozialistischen Programms ein. Zur Gründungsveranstaltung in Athen kamen allein 600 TeilnehmerInnen.


Fotos der Konferenz


Die herrschende Klasse Europas versucht bisher alles, um den Euro zu erhalten. Die deutsche Bundesregierung verkauft die hiesige wirtschaftliche Stabilität als den Erfolg der eigenen Europapolitik. Unter zunehmenden wirtschaftlichen Druck geraten bereits die „FISH“-Staaten (Frankreich, Italien, Spanien und Holland). Auch das deutsche Wachstum gerät ins Stocken. Das Gerede über eine Agenda 2020 ist ein Vorbote der Kürzungspolitik in Deutschland, die nach der Bundestagswahl zu erwarten ist. Diskutiert wurde auch die wachsende Zahl von Arbeitskämpfen in diesem und im letzten Jahr.

Apropos Bundestagswahl

Der Ausgang der Bundestagswahl ist offen. Es ist noch nicht klar, wie viele Parteien im Bundestag vertreten sein werden. Der Wahlkampf und die Mitarbeit der SAV in der LINKEN war Thema bei der Bundeskonferenz. Mitglieder aus verschiedenen Orten berichteten über ihre Aktivitäten in der Partei, so über die Kampagne gegen hohe Mietpreise im Kölner Ortsverein Schäl Sick, Aktivitäten gegen die Privatisierung der Altenpflege in Kassel und gegen Stuttgart 21 im dortigen Ortsverein Bad Cannstadt. Andere GenossInnen berichteten von ihrer Mitarbeit in der AKL und bei Linksjugend [’solid], so zum Beispiel Svenja aus Dortmund über die dortigen antifaschistischen Aktionen und Franzi aus Berlin über antisexistische Kampagnen.

Diskutiert wurde auch, ob sich die Außenwahrnehmung der LINKEN seit dem Göttinger Parteitag und mit dem neuen Führungsduo Bernd Riexinger und Katja Kipping verbessert habe. Im Bundestagswahlkampf ist mit einer größeren Beteiligung an gewerkschaftlichen und außerparlamentarischen Auseinandersetzungen der LINKEN zu rechnen. SAV-Mitglieder leisten einen Beitrag dazu, DIE LINKE zu stärken, aufzubauen und darin für eine sozialistische Politik einzutreten.

Betriebe und Gewerkschaften

Berichte über unsere Betriebs und Gewerkschaftsarbeit fanden sich auf der Konferenz vor allem in den Beiträgen der in den Tarifauseinander-setzungen involvierten LehrerInnen aus der GEW, der GenossInnen, die an der Berliner Charité für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen und von GenossInnen die kritische Gewerkschaftsarbeit bei Daimler in Stuttgart und Berlin betreiben. Guido aus Köln gab einen Einblick in die Proteste der angestellten Lehrer in NRW. Johannes ergänzte mit ähnlichen Erfahrungen aus Berlin.

Diskussionen gab es um die Bedeutung der Autoindustrie und das Bewusstsein in der Arbeiterklasse. Diese Fragen sollen in einem Diskussionsprozess weiter diskutiert, für den eine Betriebs- und Gewerkschaftskommission gebildet wurde, die intensiv dazu arbeiten wird. Unser betriebliches und gewerkschaftliches Engagement in verschiedenen Betrieben und Gewerkschaften wird fortgesetzt.

Mieterkampagne

Mieterkampagnen werden in verschiedenen Orten betrieben. So berichtete beispielsweise Ursel Beck aus Stuttgart von dortigen Mieterinitiativen, die sich gegen bis zu 60-prozentige Mieterhöhungen wehren müssen. In der Mieterinitiative engagieren sich zahlreiche AnwohnerInnen, darunter auch MigrantInnen aus dem Stadtteil. Die allgemeine Politisierung seit Stuttgart 21 hilft ihnen bei der Arbeit. Ihre eigenen Position in der Linken konnten die Stuttgarter GenossInnen zudem durch die Aktivitäten im Mieterbereich steigern.

Workshops

In Workshops widmeten sich die TeilnehmerInnen der Konferenz am Samstagnachmittag verschiedenen Themen detaillierter. Es gab Workshops zur Arbeit in der GEW und zur Autoindustrie, außerdem Arbeitskreise zur aktuellen Abo-Kampagne, zum Linke-Wahlkampf, zur Jugendarbeit und zur Situation von Frauen.

Die Bilanz unserer frauenpolitischen Arbeit wurde auch im Plenum im Anschluss an den Workshop aufgegriffen. Zur letzten Bundeskonferenz hatten wir beschlossen uns verstärkt der Aktivierung von Frauen und der Integration von Frauen in die SAV zu widmen. Die Konferenz konnte einige Fortschritte bilanzieren, wenn man sich auch einig war, dass diese noch nicht zufrieden stellen können. Jedoch ist das Thema offensiv und engagiert angegangen worden. Es gab im letzten Jahr ein erfolgreiches Frauenseminar, in vielen Orten beteiligten wir uns am „One-Billion-Rising-Day“, aktuell wird in Berlin eine Kampagne zum „BarbieDreamHouse“ organisiert und unser neuen Blog „Rosa Reloaded“ geht bald online, Mitarbeit dabei dringend erwünscht. Auch wenn Fortschritte gemacht wurden, appellierten mehrere Genossinnen, dass unser Engagement in dem Bereich nicht nachlassen darf und wir an dem Thema dran bleiben müssen.

Aufbau der Organisation

Unmittelbar mit der Konferenz startet die Kampagne für das Kombiabo der Zeitung Solidarität und des Magazins sozialismus.info. Die Abos sollen von derzeit rund 300 Abos der Zeitung auf 500 Kombiabos gesteigert werden. Unter www.archiv.sozialismus.info/abo gibt es mehr Informationen dazu. Die Konferenz bekräftigte, die anstehenden Proteste von Blockupy und Umfairteilen nutzen zu wollen und die Mitgliederwerbung zu steigern. In mehreren Orten werden im Juni Sozialismustage organisiert.

Internationaler Bericht

Sascha Stanicic informierte am Sonntag über die Arbeit und Situation der einzelnen Sektionen des CWI. Herausragende Beispiele seien hier aufgeführt:

Die CWI-Sektion Südafrika, Democratic Socialist Movement (DSM) gründet gemeinsam mit den Streikkomitees der Bergarbeiter und anderen linken Kräften eine neue Partei, die „Workers‘ and Socialist Party (WASP)“. Dafür werden eine Million Unterschriften bis zum nächsten Jahr gesammelt. Die DSM selber konnte durch entschlossene Unterstützung der Bergarbeiterstreiks im letzten Jahr erfolgreich aufgebaut werden. Zur Unterstützung der Aktivitäten in Südafrika wurden auf der Konferenz 3.000 Euro gesammelt.

Die pakistanische Sektion, Socialist Movement Pakistan, spielt eine führende Rolle beim Aufbau eines Gewerkschaftsdachverbandes. Und dies unter extrem schwierigen Bedingungen. Elf Mitglieder zahlten im letzten Jahr bei Anschlägen der Taliban mit ihrem Leben.

In Kasachstan führen CWI-Mitglieder in der „Sozialistischen Bewegung Kasachstans“ die einzige ernstzunehmende Opposition gegen die Nasarbajew-Regierung. Unsere GenossInnen arbeiten auch hier seit den Öl-Arbeiter-Streiks unter gefährlichen Bedingungen.

Erfolge wurden unter anderem vom amerikanischen Kontinent berichtet: In Brasilien hat die mit 160 Teilnehmern bisher größte CWI-Schulung in Lateinamerika stattgefunden, an der Mitglieder aus Brasilien, Venezuela, Bolivien und Chile teilnahmen. In den USA konnte Socialist Alternative im letzten Jahr in Seattle einen herausragenden Wahlerfolg erzielen und landesweit viele neue Mitglieder gewinnen.

Die Bundeskonferenz war ein wichtiger Beitrag, die Debatten der SAV fortzusetzen und die Grundlagen zum Aufbau der SAV in 2013 zu legen.