Neue Hülle, gleicher Inhalt: nach dem Verbot von verschiedenen Kameradschaften in Köln, Dortmund, Hamm und dem “Aachener Land” reorganisiert sich die gewaltbereite Naziszene um die „Autonomen Nationalisten“ in der Partei „Die Rechte“.
von Sebastian Förster, Dortmund
Christian Worch ist seit 1977 im rechten Spektrum aktiv. Er trat unter anderem als Organisator, Anmelder und Redner bei einer Vielzahl von Neonazi-Demonstrationen wie den Rudolf-Hess-Gedenkmärschen oder dem „Nationalen Antikriegstag“ auf und gilt als führender Kader unter den Anhängern der „Freien Kameradschaften“.
Im Juni 2012 hat er seine eigene Partei gegründet. Ihre Funktion: in Zeiten von Verbotsverfahren gegen Neonazistrukturen Sammelbecken der Naziszene zu sein.
Erst Nordrhein-Westfalen und Hessen, jetzt Brandenburg und Niedersachsen. Auch wenn die Mitgliedschaft laut eigenen Aussagen die 260 noch nicht überstiegen hat, bekommt die Organisation Zuwachs und baut weiter ihre Parteistrukturen auf.
Programmatisch gibt sich „Die Rechte“ Mühe, keinen Anlass für ein weiteres Verbotsverfahren zu geben. Zwar hetzt sie wie die NPD ohne Unterlass auf rassistische Art und Weise gegen MigrantInnen und angebliche „Überfremdung“. Andererseits gibt die Partei an, sich „ohne Vorbehalt zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen“. Ihre Selbstdarstellung gleicht der der ehemaligen Deutschen Volksunion (DVU), garniert mit braunem Pseudo-Antikapitalismus. Horch gibt sich Mühe, inhaltlich das parteipolitische Vakuum zu füllen, dass Rechtspopulisten in Deutschland bisher offen ließen.
Politisch beheimatet ist in der neuen Partei jedoch der extrem gewaltbereiten Teil der Neonaziszene, die von Verbotsverfahren betroffenen Kameradschaften und all jene, denen die NPD nicht radikal genug ist.
In NRW gibt die Worch-Partei an, acht Kreisverbände zu haben. Betrachtet man die Streuung der Orte, fällt sogleich ins Auge, dass dies größtenteils Regionen betrifft, in denen sich in den letzten Jahren Gruppen der sogenannten „Autonomen Nationalisten“ breit gemacht haben: in Aachen, Dortmund, Hamm (Westf.), Heinsberg, Mülheim/Ruhr, Münsterland, dem Rhein-Erft-Kreis und Wuppertal. 2012 wurden etliche ihrer Strukturen durch das Landesinnenministerium verboten
Dass die Namen der ehemaligen Anführer der verbotenen Kameradschaften mit denen der heutigen öffentliche Vertreter der Kreisverbände und des Landesverbandes der „Rechten“ übereinstimmen, sollte hier nicht überraschen.
Ernsthafte Gefahr?
Worchs Hauptaugenmerk liegt seit Jahren in Dortmund. Hier wohnen auch der Landessprecher seiner neonazistischen Partei, Dennis Giemsch, und seine Stellvertreter Michael Brück und Sascha Krolzig, die ehemalige Führungsfiguren der Dortmunder bzw. Hammer Kameradschaften. In der Ruhrgebietsmetropole hat der Landesverband seine mitgliederstärkste und aktivste Struktur.
Über Jahre hinweg sind Nazikader in die Stadt gezogen und haben gezielt versucht, mit dem „Nationalen Widerstand Dortmund“ (NWDO) eine Hochburg der Szene zu errichten. Der NWDO wurde schließlich im August 2012 verboten.
Die ehemaligen Räume der Kameradschaft, das sogenannte „Nationale Zentrum“, dienten in der Vergangenheit als Ort überregionaler Versammlungen und Veranstaltungen, zu denen Nazis aus verschiedensten Bundesländern pilgerten.
Hier war der rechte Versandhandel „Resistore“ angesiedelt, hier wurden Waffen gehortet und Aktionen gegen MigrantInnen und politisch Andersdenkende geplant. Im Umfeld des „Nationalen Zentrums“ versuchte die Kameradschaft eine Atmosphäre der Angst zu schaffen und eine „national befreite Zone“ zu errichten. Die Räume wurden schließlich von der Stadt gekauft und geschlossen.
Nun der zweite Anlauf: im Dortmunder Stadtteil Huckarde will „Die Rechte“ nun ihre Landeszentrale einrichten. Der Vorort soll zu ihrem neuen Zentrum überregionaler Aktivitäten zu werden.
Die Führungsriege der von Verbotsverfahren betroffenen Neonazis wurde in den Kreis- und Landesvorstand der Partei gewählt und versucht sich nun in der Huckarder Straße 336 einzunisten.
Bisher konnte „Die Rechte“ ihr Ladenlokal noch nicht eröffnen, da ihr das Bauamt auf die Pelle gerückt ist – hatten die Faschisten doch eine tragende Wand aus den Räumen geschlagen. Jetzt ist es wichtig, die Zeit zu nutzen um in Dortmund ein Zeichen zu setzen und „Die Rechte“ abzudrängen.
Ernsthafter Widerstand!
Seit Monaten gibt es Proteste der AnwohnerInnen. Im letzten Jahr versammelten sich auf wöchentlicher Grundlage bis zu 400 Personen auf dem Marktplatz in Huckarde um gegen die Eröffnung des Büros zu demonstrieren. Nun finden die Kundgebungen an jedem ersten Samstag im Monat statt. Am 20. April soll es einen zusätzlichen Protest geben.
Die Behörden prüfen derzeit, ob „Die Rechte“ NRW und ihre Kreisverbände Ersatzorganisationen der verbotenen Kameradschaften in Köln, Dortmund, Hamm und dem “Aachener Land” sind und eine Ausweitung des Verbotsverfahrens von 2012 auf die Worch-Partei möglich ist.
Es stimmt, dass gerichtliche Verbote von Nazistrukturen, z.B. in den 1990er Jahren gegen die „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP) und jüngst des „Nationalen Widerstands“ die Szene kurzzeitig schwächen konnten. Unter dem Strich haben sie das Nazi-Problem aber nicht gelöst.
Zuletzt hat die Verwicklung des Verfassungsschutzes in den NSU-Skandal noch einmal gezeigt, dass im Kampf gegen Rechts auf den bürgerlichen Staatsapparat kein Verlass ist.
Anstatt allein die Forderung nach einem Verbotsverfahren in den Vordergrund antifaschistischer Mobilisierung zu stellen, ist es wichtig, die Selbstorganisation und Eigeninitiative der Jugendlichen, Beschäftigten und Erwerbslosen zu fördern, die die Nazis stoppen wollen.
Noch breiter als zuvor muss Aufklärung geleistet werden, was es mit der „Rechten“ auf sich hat; müssen Neonazis gesellschaftlich isoliert werden. Noch stärker als zuvor muss gegen ihre Aktivitäten mobilisiert werden.
Am 1. Mai – dem traditionellen Kampftag der Arbeiterklasse – wollen sie versuchen, in Dortmund aufzumarschieren.
Hier muss wie in Dresden durch entschlossene Gegenproteste und Blockadeaktionen von AntifaschistInnen, Gewerkschaften, Migrantenorganisationen, der Partei DIE LINKE und anderen klargemacht werden: Sie kommen nicht durch. Kein Raum für Nazis, weder in Dortmund noch anderswo!
„Die Rechte“ behauptet, sie seien gegen den Sozialabbau der etablierten Parteien und gegen den Kapitalismus. Für die wachsende Arbeitslosigkeit machen sie in ihrem Demoaufruf jedoch nicht die Unternehmer, sondern die Zuwanderung von MigrantInnen, vor allem aus Bulgarien und Rumänien verantwortlich.
Um dieser rassistischen Hetze einen Riegel vorzuschieben ist es auch nötig, aufzuzeigen, wie sie versuchen, uns zu spalten – und damit nur den Banken und Konzernen nutzen. Die Grenzen verlaufen nicht zwischen Deutschen und Nichtdeutschen, sondern zwischen oben und unten.
Deswegen muss die antifaschistische Mobilisierung gegen die Nazis verbunden werden mit dem Kampf für soziale Verbesserungen, für Arbeit für alle und ein lebenswertes Leben!
Der 1. Mai gehört uns! Nie wieder Krieg und nie wieder Faschismus!
Aktionen in Dortmund:
20.4. Kundgebung gegen das Nazibüro in Dortmund
1. Mai Naziaufmarsch in Dortmund blockieren!