Das Stück „Lawine“ von Bolat Atabayev, Tuncer Cücenoglu und Theater Aksaray aus Almaty ist eine Parabel auf die Diktatur in Kasachstan. Die Bewohner eines Bergdorfes verbringen den grössten Teil des Jahres in Stille, lautes Sprechen, Schreien, Singen oder Feiern sind wegen der Lawinengefahr unter Todesstrafe verboten. Als eine Frau trotzdem ein Kind zur Welt bringt und trotz seiner Schreie keine Katastrophe geschieht, schütteln die Menschen ihre Angst ab. Sie beginnen, aufzustehen und laut zu werden.
Zu Beginn hatte der Regisseur eine kurze Einführung zum politischen Hintergrund und den Inhalt des Stückes gegeben. Obwohl die Dialoge ausschließlich in kasachischer Sprache geführt werden, ist die Handlung so für jeden weitgehend nachzuvollziehen. Die hervorragenden Darsteller bringen das ständige Gefühl der Angst vor der drohenden Katastrophe intensiv zum Ausdruck, die Bildsprache der Kostüme unterstreicht den satirischen Inhalt noch weiter.
Der Regisseur Bolat Atabayev ist selbst von Repressionen des kasachischen Regimes bedroht. Erst zahlreiche Proteste und großer öffentlicher Druck konnten ihn letztes Jahr aus dem Gefängnis befreien, wo er wegen „Anstiftung zu sozialer Unruhe“ eingesessen hatte. Atabayev hatte sich 2011 mit dem Streik der Ölarbeiter in Schanaosen solidarisiert. Zur Zeit arbeitet er an einem neuen Theaterstück, was das Massaker der kasachischen Sicherheitskräfte an (offiziell) 17 Menschen am 16. Dezember 2011 thematisiert. Immer noch sind zahlreiche Arbeiteraktivisten „verschwunden“, im Gefängnis oder verfolgt. Doch trotz aller Repressionen kämpfen die ArbeiterInnen dort weiter.
Im Anschluss an die Aufführung dankte der Regisseur den Aktivisten der “Campaign Kazakhstan“ und dem anwesenden kasachischen Gewerkschafter Ainur Kurmanov für ihre Arbeit. Ainur, führender Kopf der Schwesterorganisation der SAV in Kasachstan, der wegen seiner politischen Arbeit bereits mehrere Gefängnisaufenthalte hinter sich hat, befndet sich wie viele andere AktivistInnen zur Zeit im Exil, sein Leben ist bedroht. Als spontane Solidaritätsaktion mit dem Widerstand in Kasachstan versammelten sich Künstler und Publikum zu einem Gruppenfoto.
Weitere Aufführungen von „Lawine“ finden am 27. und 28. Februar um 20 Uhr im ARTheater am Ehrenfeldgürtel statt. Außerdem wird Bolat Atabayev am 1. März um 20 Uhr in der Orangerie bei einer Veranstantstaltung der Theaterakademie zum Thema „Politik im Theater“ sprechen, das Theater Aksaray wird musikalische Beträge leisten.
„Campaign Kasachstan“ braucht weiterhin jede mögliche Unterstützung für ihre Arbeit, z.B. Spenden. Weitere Infos gibt es z.B. hier: http://campaignkazakhstan.org/
Diese und andere Hintergrundartikel zum Thema auf der bundesweiten Homepage der SAV:
https://www.archiv.sozialismus.info/2012/12/die-verantwortlichen-fuer-das-massaker-von-schanaosen-wurden-nie-belangt
https://www.archiv.sozialismus.info/2011/12/14585
https://www.archiv.sozialismus.info/2013/02/kasachstan-das-leben-eines-aktivisten-ist-in-gefahr
Dieser Artikel, den wir bei der Aufführung als Flugblatt verteilten, erschien am 13. Februar.