Nulltarif statt Großstadtmief!

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Ein kostenloser ÖPNV ist nötig

Während sich die Städte mit einem stetig steigenden Verkehrsaufkommen auseinandersetzen müssen, leiden die Menschen unter den Folgen von Feinstaubbelastung, Lärm und Stress.

von Florian, Stuttgart

Dabei werden meist nur halbherzige Ideen vorgebracht, um die Probleme einzudämmen. So zum Beispiel in Stuttgart: Einerseits soll das Straßen- und Tunnelnetz erweitert und andererseits die Feinstaubbelastung durch „intelligente“ Ampelschaltungen und Verkehrsleitsysteme reduziert werden. Sinnvoller und zielführender sind Diskussionen über einen kostenlosen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

Verschiedene Konzepte für einen kostenlosen ÖPNV

In diese Diskussion hatte sich der Grüne-Oberbürgermeister aus Tübingen, Boris Palmer, eingebracht, der einen kostenlosen Busverkehr etablieren möchte. Dafür setzte er zunächst auf eine City-Maut. Mit dieser sollten Autofahrer von außerhalb der Stadt eine Gebühr bezahlen, mit der dann der lokale ÖPNV finanziert werden sollte.

Ähnliche Vorstellungen hat auch der Stuttgarter Stadtrat Hannes Rockenbauch von der Fraktionsgemeinschaft SÖS/LINKE. Er plädiert für einen kostenlosen ÖPNV, finanziert durch City-Maut und eine Kfz-HalterInnen-Abgabe.

Soziale Aspekte werden vernachlässigt

Zwar wird bei diesem Konzept seitens SÖS (Stuttgart Ökologisch Sozial) betont, dass Hartz-IV-EmpfängerInnen am gesellschaftlichen Leben stärker teilhaben könnten. Dennoch würden darunter schlecht bezahlte Beschäftigte leiden, die schon heute durch steigende Benzinpreise belastet werden, aber keine Möglichkeit haben, den ÖPNV zu nutzen. Denn der ÖPNV ist außerhalb von Stadtzentren nur unzureichend ausgebaut. Gerade SchichtarbeiterInnen sind daher oftmals auf ein Auto angewiesen. Bei schlechter Bezahlung werden solche Belastungen immer gravierender.

Gerechter wäre es, die großen Unternehmen, die zudem von der städtischen Infrastruktur profitieren, zu belasten. Hier sitzt der gesellschaftliche Reichtum, der von den Beschäftigten erwirtschaftet wird. Dieser Reichtum sollte zur Finanzierung des ÖPNV herangezogen werden!

„Das kann doch die Stadt nicht bezahlen“

Auf solche Forderungen folgt stetig die Mär von der Unfinanzierbarkeit. Dabei gibt es bereits Beispiele. Eines der bekanntesten ist die belgische Stadt Hasselt. 1997 wurde dort ein kostenloser Busverkehr eingeführt, was zur Folge hatte, dass sich Umsatz und Arbeitsplätze im Einzelhandel verdreifachten. Die Fahrgastzahl stieg von 360.000 auf über vier Millionen pro Jahr, innerhalb von acht Jahren. Die Verkehrsbelastung konnte stark gesenkt und die Lebensqualität gesteigert werden. Finanziert wurde dies zur Hälfte durch die Stadt Hasselt selbst und zum anderen durch das Land Flandern. Für die Stadt bedeutet dies lediglich eine Belastung von ein Prozent ihres Gesamthaushaltes.

Ein anderes Beispiel ist die südfranzösische Stadt Aubagne. Dort wird ein kostenloser ÖPNV nicht auf Pkw-FahrerInnen abgewälzt, sondern durch eine Unternehmensteuer gegenfinanziert. Und dies ist auch logisch.

Ab 2013 wird es ebenfalls in der estnischen Hauptstadt Tallinn einen kostenfreien ÖPNV geben. Bei einem Volksentscheid sprachen sich 75 Prozent der Wahlberechtigten dafür aus. Die Kosten von circa 20 Millionen Euro übernimmt dabei die Stadt.

Natürlich sind das nur wenige Einzelfälle, die in der Regel massiven Druck von unten voraussetzten. Denn freiwillig rücken die Konzerne nichts raus. Und die meisten Politiker tanzen nach ihrer Pfeife.

Bahn frei …

Es ist aus sozialer Sicht nicht ausreichend, ein Sozialticket für Hartz-IV-EmpfängerInnen zu fordern, wie dies einige von der LINKEN tun. Für alle Menschen muss die Benutzung des ÖPNV kostenlos sein, wenn wir zudem die Verkehrs- und Umweltprobleme in den Griff bekommen wollen. Gesamtgesellschaftlich gesehen macht das auch wirtschaftlich Sinn. Schließlich übersteigen die Folgekosten des Autoverkehrs (gesundheitliche Schäden, Verkehrsunfälle, Umweltzerstörung, Landschaftsraub, …) die Subventionen für den ÖPNV bei Weitem. Übrigens spart man sich damit auch Fahrkartenautomaten und Kontrolleure.

Als Erstes muss der öffentliche Nahverkehr für SchülerInnen, Erwerbslose und Studierende kostenlos sein – als Schritt hin zu einem kostenlosen ÖPNV für alle.