Mali: Nein zum Eingreifen der französischen Armee und der Bundeswehr

Kriegsvorbereitungen gegen Mali Foto: http://www.flickr.com/photos/andreavelluto/ CC BY-NC-SA 2.0

ArbeiterInnen und die verarmte Bevölkerung müssen einen Kampf zur Abwehr von Imperialismus und fundamentalistischer Reaktion führen

Dieser Artikel von der französischen Schwesterorganisation der SAV erschien zunächst am 17. Januar auf socialistworld.net Er beschreibt die Situation in Mali und das Eingreifen der französischen Armee aus Sicht von französischen AktivistInnen. Auch der deutsche Staat beteiligt sich bereits mit Flugzeugen und Geld an dem imperialistischen Einsatz in Mali. Die Argumente gegen ein Eingreifen der französischen Armee treffen auch ganz auf die deutsche Bundeswehr zu.

von Leila Messaoudi, „Gauche Révolutionnaire“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Frankreich)

Die plötzliche Entscheidung für ein direktes Eingreifen des französischen Militärs in Nord-Mali kam nicht völlig überraschend. Seit einigen Wochen schon liefen die Vorbereitungen für ein derartiges Vorgehen. Der französische Präsident Francois Hollande und sein Außenminister Laurent Fabius hatten bereits angekündigt, dass sie bereit seien, bald in der ein oder anderen Form in Mali zu intervenieren. Angeblich, um „dem malischen Präsidenten zu helfen, der Offensive der Islamisten entgegen zu treten“, die die Kontrolle über zwei Drittel der nördlichen Landesteile übernommen haben. Der prognostizierte Zusammenbruch der malischen Armee und des ganzen Staates hat den Gang der Dinge beschleunigt.

Am 11. Januar begann Frankreich dann mit der „Operation Serval“, es kam zu den ersten Kämpfen und das erste Todesopfer war zu beklagen. Schon hat das militärische Führungspersonal eine Intervention angekündigt, die „so lange dauern wird, wie sie dauern muss“, Wochen oder auch länger. Der ehemalige Premierminister Dominique Villepin spricht von einer möglichen „Patt-Situation“. Grund dafür ist, dass das militärische Eingreifen Frankreichs zwar unter dem Vorwand stattfindet, Teil des Kampfes gegen den Terrorismus zu sein, dabei aber auch andere Beweggründe eine Rolle spielen. Vergleichbar ist das alles mit den „Kriegen gegen den Terrorismus“, die man in Afghanistan und dem Irak vom Zaun gebrochen hat und die auch nach zehn Jahren immer noch andauern.

Was passiert in der Sahelzone und in Mali?

Die siegreiche Offensive der aufständischen Kräfte im Winter 2012 führte rasch zur Spaltung des malischen Staates. Besagte Offensive gründete auf einem heiklen Abkommen zwischen Teilen der separatistischen Tuareg-Organisation MNLA („Nationale Bewegung zur Befreiung von Azawad“) mit islamistischen und djihadistischen Kräften von „Al Kaida im islamischen Maghreb“ (AQMI) und „Ansar Dine“, einer islamistischen Abspaltung der MNLA. Ein vom Militärbefehlshaber Hauptmann Sanogo durchgeführter Putsch führte zur Absetzung des Präsidenten, was offiziell mit dessen Inkompetenz im Kampf gegen die Aufständischen begründet wurde. Auch wenn der Putsch vom 21. März nicht unmittelbar von Frankreich unterstützt wurde, so fand die Einleitung eines neuen Prozesses zur Einführung einer neuen Verfassung seit Anfang April und somit zwei Wochen nach dem Putsch doch den Zuspruch Frankreichs. Damit war dann auch die gewaltsame Absetzung der Regierung und des Präsidenten durch die Putschisten von der CNRDRE verbunden, was auch von der Gemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) gutiert wurde.

Weil die Ordnung im Land dadurch aber nicht hinlänglich sichergestellt werden konnte, um die Aufständischen zu bekämpfen, blieb es nicht bei diesem Putsch. Im Gegenteil wurden die Rebellen dadurch sogar noch animiert, weitere Vorstöße zu wagen. Und das, obwohl es bei ihnen starke interne Trennungslinien zu verzeichnen gibt. Die Imperialisten – und allen voran der französische Staat – trafen dann Schritt für Schritt die Entscheidung, sich stärker im Sinne der provisorischen Regierung Malis einzusetzen. Sanogo wurde immer mehr zum neuen „starken Mann“ des Regimes. Benachbarte oder in der Nähe befindliche Staaten unterstützten das Regime ebenfalls immer stärker, und sie werden nun mit handfester militärischer Hilfe aufwarten. Sie haben Angst, dass die dortige Instabilität schnell über die malischen Grenzen hinausgehen könnte.

Das Erbe des Kolonialismus und die Krise des Kapitalismus

Wenn Mali sich tatsächlich in einer derart desolaten Situation befindet, dann ist das kein Zufall. Als ein Land, das aus der Zeit der französischen Kolonialisierung heraus entstanden ist, weist Mali einige äußerst konstruierte Merkmale auf (seine Grenzen wurden teilweise vollkommen willkürlich und durch die Kolonisatoren gezogen) und der Kern des Staates hält zusammen, weil verschiedene gesellschaftliche Bewegungen und Bewegungen kultureller Minderheiten Unterdrückung ausüben.

Was das Land aber definitiv ruiniert hat, ist eine Politik, die auf mannigfaltige Art und Weise im Dienste des Imperialismus steht. Der „Internationale Währungsfonds“ (IWF) trieb Mali dazu, 1997/98 den neoliberalen Weg einzuschlagen und sicherte im Gegenzug Investitionen aus dem Ausland zu. Im Namen der „Strukturanpassungsprogramme“ wurde Mali angewiesen, Teile des öffentlichen Dienstes zu privatisieren, die Landwirtschaft des Landes auf den Export von Baumwolle und damit auf Kosten anderer Getreidesorten neu auszurichten und 1994 die Währung CFA Franc um 50 Prozent abzuwerten. Versteckt hinter den offiziellen Zahlen eines wirtschaftlichen Wachstums geriet das Land und seine Wirtschaft dann ins Hintertreffen. Diese Volkswirtschaft war plötzlich und auf Kosten des einheimischen Marktes auf den Export orientiert. Abgelegene Gebiete im Tal des Niger-Flusses erlebten dabei den schwersten Rückgang. 2005 brachen die Baumwollpreise ein und führten zum Ruin der ProduzentInnen. Heute verkaufen die Bäuerinnen und Bauern Baumwolle nur noch mit Verlust.

Auflösungserscheinungen des Staates und der ökonomische Kollaps – das sind die Bestandteile der aktuellen Lage in Mali. Dazu ist es gekommen, obwohl das Land vom Imperialismus als eine beispielhafte Demokratie in Westafrika dargestellt wird, die demnach seit zwei Jahrzehnten bestens funktioniert. Und es ist auch die Erklärung dafür, weshalb die malische Regierung nicht in der Lage ist, sich ohne Hilfe von außen behaupten zu können und weshalb man so wenig Unterstützung von Seiten der Bevölkerung genießt. Wahr ist, dass in dieser Zeitspanne ein korruptes Regime unter Amadou Toumani Touré herrschte, der selbst mit Hilfe eines Putsches an die Macht gekommen war und den ein Gericht aufgrund von Korruption und Vetternwirtschaft zu vier Jahren Haft verurteilte.

Eine neue mögliche Abwertung des CFA Franc, wie sie im IWF bereits diskutiert wird, hätte Folgen, die die Situation wesentlich verschlimmern und die Wirtschaft noch stärker vom Export abhängig sowie jede Einfuhr lebenswichtiger Waren für die Bevölkerung unmöglich machen würden.

Französische Interessen in den Ländern der Sahelzone

Zu den Ländern der Sahelzone zwischen der Sahara und den Savannen Afrikas gehören der Senegal, Mauretanien, Mali, Algerien, Burkina Faso und der Tschad. Bei ihnen handelt es sich um Länder, die zum von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich beherrschten Territorium gehörten und die im Großen und Ganzen von Frankreich kreiert wurden, um seinen eigenen Interessen zu entsprechen. Sie alle waren also französische Kolonien.

Diese Region ist für Frankreich in vielerlei Hinsicht von strategischer Bedeutung. Natürlich ist das erste Ziel der jetzt durchgeführten Militärintervention, den Einfluss Frankreichs in der Region aufrecht zu erhalten und französische Interessen zu schützen. So unterhält beispielsweise der französische Konzern „Areva“ ein Uran-Bergwerk in Mali. Französische Beschäftigte von „Areva“ werden in der Region zur Zeit als Geiseln gehalten. Seit gestern, dem 16. Januar, werden weitere BürgerInnen westlicher Staaten von djihadistischen Gruppen in Südalgerien als Geiseln festgehalten. Die Rede ist von einer „Vergeltungsaktion gegen die französische Intervention in Mali“. Eine große Zahl von ihnen ist vermutlich getötet worden, nachdem die algerische Armee versucht hat, auf das Gelände vorzudringen. Dieses letzte Beispiel zeigt, wie dieser Krieg nicht dazu beiträgt, Staatsangehörigen Frankreichs oder anderer westlicher Länder – bei denen es sich meist um ArbeiterInnen handelt – Sicherheit zu geben. Das Gegenteil davon ist vielmehr der Fall.

Die Entwicklung islamistischer Gruppierungen und Milizen in der Region stellt eine direkte Bedrohung für die strategischen Interessen des französischen Kapitalismus dar. Das gilt vor allem für die Sahelzone, bei der es sich um eine der wenigen Gebiete handelt, in den die Bodenschätze noch gar nicht zur Gänze überblickt geschweige denn ausgebeutet werden können. Diese Gegend bietet äußerst lukrative Möglichkeiten. Mali ist (hinter Ghana und Südafrika) der drittgrößte Goldexporteur Afrikas, und einige ExpertInnen gehen davon aus, dass das Land in Zukunft an Platz eins rücken wird.

Hinzu kommt ein Wettstreit zwischen den imperialistischen Mächten, der Frankreich gezwungen hat, die Intervention zu starten, um eine führende Rolle im „Hinterhof“ des Landes zu behalten.

Die französische Mali-Politik

Die veränderten Machtkonstellationen, die sich aufgrund des sogenannten „Arabischen Frühlings“ entwickelten, trugen mit dazu bei, die Krise in Mali herbeizuführen, die sich bereits seit Jahren abzeichnete. Der Sturz Gaddafis in Libyen trug anfänglich zum Wiederaufleben der Tuareg-Aufstände bei, da tausende Tuareg-Kämpfer, die in Diensten des Gaddafi-Regimes standen und einen bedeutenden Teil seiner Armee ausmachten, Richtung Südwesten in Richtung der abgelegenen Gebiete in der Sahara in Südalgerien, nach Niger und eben Mali flohen und dabei einen ganzen Haufen an Waffen mitbrachten.

Als Mali unabhängig wurde, bezog der Staat mit Nachdruck auch eine Reihe verschiedener nationaler und ethnischer Stämme mit ein, die weiterhin unterdrückt wurden. Das galt vor allem für diejenigen, die ursprünglich nicht aus dem Niger-Tal stammten, darunter auch die Tuareg.

Frankreich setzte hingegen im benachbarten Niger auf die Tuareg, um gegen die stärker werdenden Islamisten von AQMI anzukämpfen. Eine neuerliche sezessionistische Rebellion der MNLA gegen den Staat Mali im Januar 2012 hat die Konstellation der Kräfte dann aber erneut verändert. Hinzu kam ein taktisches und zeitlich beschränktes Abkommen zwischen Teilen der Tuareg-Führer und AQMI. Die Lage ist vor allem in Nord-Mali nun eine andere, weil die schwache und säkulare MNLA von islamischen Kräften praktisch kaltgestellt und vertrieben worden ist.

Seit Jahrzehnten werden Angehörige der Tuareg marginalisiert und unterdrückt. Häufig werden sie wie BürgerInnen zweiter Klasse behandelt und müssen unter katastrophalen Bedingungen leben. „Gauche Revolutionnaire“ und das CWI stehen für die Verteidigung gleicher Rechte für die Tuareg. Dazu zählt insbesondere auch das Recht auf Selbstbestimmung. Wir stehen gegen die Diskriminierung von Minderheiten und sind gegen die Teile-und-Herrsche-Politik, die vom Imperialismus wie auch von den herrschenden Klassen in der Region sehr, sehr lange angewandt wurde.

Wie kann die MNLA aber weiterhin so tun, als würde sie die demokratischen und legitimen Rechte der Tuareg verteidigen, wenn sie sich selbst mit ultra-reaktionären Kräften und Unterstützern einer islamistischen Diktatur verbündet?

Was die Gruppierungen „Ansar Dine“ und AQMI angeht, so ist zu sagen, dass es sich bei ihnen keineswegs um homogene Strukturen handelt. Und das, was sie zu tun im Stande sind – wie z.B. die Massaker, die sie in Timbuktu angerichtet haben oder die dort vorgenommene Beschlagnahme von Wohnraum – zeigt, dass es sich bei ihnen nicht um Befreier handelt, wie einige vielleicht vermutet haben. In Wirklichkeit stoßen diese Kräfte lediglich in ein Vakuum hinein. Sie sind mit jenen Söldnern groß geworden – Djihadisten und andere –, die insbesondere durch die Explosion der Ereignisse in Libyen freigesetzt wurden. Dabei handelt es sich um dieselben Islamisten, wie die, die wir im libyschen Bengasi erleben durften – Menschen, die dabei mitgeholfen haben, die gerade beginnende libysche Revolution zu sabotieren und dabei auf die Unterstützung der imperialistischen Mächte zurück zu greifen. Laut „Human Rights Watch“ haben sie schon damit begonnen, Truppen mit Kindersoldaten aufzustellen. Ihr Ziel ist es, einen heiligen Krieg gegen den kleinen „französischen Satan“ zu führen.

Was das angeht, scheint der Wechsel der französische Armee aus dem Morast des Krieges in Afghanistan in die Sahelzone reichlich risikobehaftet zu sein. Es geht um die Ausnutzung der militärischen Feuerkraft Frankreichs zur Durchsetzung ökonomischer und geopolitischer Interessen, was auch von früheren Präsidenten schon mehrfach durchexerziert worden ist. Wenn Frankreich sich abwartend verhalten hätte, dann wäre es womöglich stückweise von den USA abgehängt worden, die schon mit geheimdienstlichen Missionen und Militärübungen in der Region begonnen haben. Deshalb hat Hollande entschieden, das Problem lieber selbst in die Hand zu nehmen – auch, wenn es dabei um die Beteiligung an einem Krieg geht und korrupte Mächte unterstützt werden.

Ehemaliger Minister von Diktator Traoré im Amt

Die derzeitige malische Regierung ist nicht gerade für ihre Liebe zur Demokratie bekannt. Hollande und Fabius beteiligen sich an einer militärischen Bodenoffensive, die von den Truppen Diango Sissokos, des momentanen Präsidenten Malis, unterstützt wird. Dieser war am 11. Dezember 2012 an die Macht gekommen. In einem Land, das von Strukturlosigkeit gekennzeichnet ist, in dem Militärputschisten und mittelmäßige PolitikerInnen herumlaufen, die sich selbst als „Verbesserer“ der Demokratie verstehen, fiel die Wahl auf Diango Sissoko. Bis dato handelte es sich bei ihm um einen getreuen Gefährten des autoritären Regimes von Moussa Traoré, der während einer Revolte im März 1991 gestürzt wurde. Diango Sissoko war der Generalsekretär des Präsidenten im Rang eines Ministers. Letzterer schaffte es aber, schnell wieder auf die Beine zu kommen und im Staatsapparat an Einfluss zurück zu gewinnen. 2002 war er dann Mitglied im Kabinett exakt der Person, die Traoré aus dem Amt verdrängt hat.

Mangels Alternativen entschied man sich mehr der weniger für den gleichen und hoffte dabei, die Lage schnell wieder zu beruhigen. Das ist in gewisser Weise die Wahl Frankreichs und auch der Grund für die momentane Militärintervention. Wenn die malische Staat auseinander fliegt, dann würde das zu einem politischen Vakuum im Gebiet der Zentral-Sahara und der Sahelzone führen. Frankreich hat ein Interesse sicherzustellen, dass in Mali eine starke Macht installiert ist und zur Verfügung steht – auch, wenn es sich dabei um einen autoritären Herrscher handelt. Die Hauptsache dabei ist, dass Frankreichs Interessen einfach nicht bedroht werden und unkontrollierte islamistische Gruppierungen keinen Zugang zur Hauptstadt Bamako bekommen.

Ist eine Militärintervention in der Region gerechtfertigt?

Auf internationalem Parkett wird das französische Eingreifen in Nord-Mali begrüßt. In Frankreich selbst unterstützen fast alle Parteien die Haltung Hollandes. Jean-Luc Mélenchon von der „Front de Gauche“ (Linksfront) und Noel Mamère (Grüne) mögen einwenden, dass man zuvor die UNO-Vollversammlung hätte einbeziehen müssen, sie gehen aber nicht in eindeutige Opposition zu diesem Krieg.

Bilder von Menschen aus Bamako, die das Eingreifen Frankreichs freudig begrüßen, suggerieren, dass diese Intervention „nur“ aus humanitären und moralischen Gründen durchgeführt wird. Demnach will man lediglich islamistische Gruppen daran hindern zu plündern, zu brandschatzen, Menschen zu töten und reaktionäre Gesetze einzuführen, die auf der Sharia beruhen. Alles geht vonstatten, als handele es sich um einen vollkommen „gerechtfertigten Krieg“ und als ob die Milizen nur durch terroristische Mittel und Plünderei die Oberhand gewonnen hätten. Rund 150.000 Menschen sind in die benachbarten Länder geflohen und es wird berichtet, dass mehr als 230.000 Menschen zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden sind.

Drei Städte im Norden Malis sind nun unter der Kontrolle von AQMI und in den umliegenden Dörfern siedeln sich islamistische Kämpfer an, heiraten und sorgen für die teilweise Wiederherstellung einiger Versorgungsdienste. Der malische Staat hat hier quasi gar nicht mehr existiert. Einige Milizen haben die Rolle des Staates übernommen und sorgen zum Teil für die Organisierung des Gemeinwesens. Wir können zwar nicht sagen, die ortsansässigen BewohnerInnen würden die Islamisten bevorzugen. Aber sie können kaum so beschrieben werden, als seien sie die SympathisantInnen des momentanen Staates Mali, der sie um Jahrzehnte zurückgeworfen hat.

Darüber hinaus steht die malische Armee nicht gerade für Integrität und demokratisches Vorgehen. Wie „amnesty international“ berichtet, ist sie für zahlreiche Gewaltakte und Missbrauchsfälle verantwortlich. Aufgeführt werden in diesem Zusammenhang willkürlich Verhaftungen, Morde, Bombardierungen und die Folterung von Angehörigen der Tuareg-Minderheit, „was offenbar nur auf Grundlage etnischer Zugehörigkeit geschieht“. Viele fürchten zudem, dass die vom Imperialismus gestützte Offensive voraussichtlich mit gewaltsamen Vergeltungsschlägen gegen Tuareg einhergehen wird, und die ethnischen Konflikte somit noch angeheizt werden.

Ungleichheit und Armut bereiten den Boden für den Aufstieg der reaktionären Kräfte. Die französische Regierung wird nicht für eine echte Alternative zu diesen Kräften sorgen. Schließlich schlägt sie die Wiedereinsetzung derselben korrupten Leute vor, die vorher schon gewütet haben – oder anderer, die sich von Erstgenannten nicht unterscheiden werden. Die Tatsache, dass Außenminister Laurent Fabius erklärt hat, er sei zuversichtlich, dass „die arabischen Golfstaaten beim Vorgehen in Mali helfen werden“, sagt einiges aus über die angeblich „demokratischen“ Beweggründe der französischen Regierung in diesem Krieg.

Es ist sicher, dass die französische Militärintervention die Spannungen nur weiter verschärfen wird. Und es ist wahrscheinlich, dass daraus eine langwierigen Militäraktion werden wird, deren Kosten man in Zeiten zunehmender Austerität und einer ökonomischen Krise auf die Schultern der französischen Arbeiterklasse übertragen wird. Der „Kampf gegen den Terror“ wird auch benutzt, um in den französischen Städten eine erhöhte Militär- und Polizeipräsenz zu rechtfertigen.

Die französische Regierung wird sich mit Sicherheit und auf dem Rücken der malischen Bevölkerung auch Dinge aneignen, die sie zu verteidigen und zu befreien vorgibt. Dabei werden garantiert „ein paar Vorteile“ (wie z.B. Sonderkonditionen bei Zugriffsrechten auf bestimmte Ressourcen, Bodennutzungsrechte o.ä.) herausspringen, die zum Schaden der Entwicklung Malis sind.

Frankreichs Kriegsbeteiligung hat in ganz Mali zum Ausnahmezustand geführt. Für die MalierInnen, die gegen den Krieg und AQMI sind, ist es unmöglich, ihre Ansichten öffentlich zu machen oder in der Presse zu verbreiten. Und die Zensur ist bereits neu installiert. Nur ein energischer Kampf für die Rechte aller – im Norden wie im Süden – und für angemessene Lebensbedingungen, dafür, dass die Bevölkerung die Kontrolle über den Umgang mit den Bodenschätzen des Landes ausübt, um die Bedürfnisse aller zu befriedigen, würde die Einflussmöglichkeiten von Islamisten eindämmen und diese definitiv stoppen.

Wir fordern:

• Abzug der französischen Truppen und der ECOWAS-Einheiten – gegen den Imperialismus. Die Bevölkerung Malis braucht keine Bomben und Düsenjäger sondern wirtschaftliche Kooperation und Entwicklung, was nicht im Interesse der multinationalen Konzerne aus Frankreich und anderen Ländern ist.

• Der Reichtum Malis gehört der malischen Bevölkerung! Für die Verstaatlichung des Bodens und der Schlüsselbetriebe dieser Volkswirtschaft. Ein echter Plan für wirtschaftlichen Aufschwung muss finanziert werden, der auf den Bedürfnissen der Massen in Mali basiert und von ihnen demokratisch kontrolliert wird.

• Nein zum Ausnahmezustand! Für die Wiederherstellung aller demokratischer Freiheiten in Mali

• Selbstbestimmung für die Völker und Stämme der Sahelzone und der Sahara sowie für die Völker in jedem Land. Grundlage muss die rechtliche Gleichstellung sein.

Für das malische Volk bestünde die einzige Lösung darin, in den Wohnvierteln und am Arbeitsplatz zusammen zu kommen, um dort mit der Selbst-Organisation zu beginnen. Auf diese Weise könnten die gemeinsamen Forderungen formuliert und bewaffnete multi-ethnische Verteidigungskomitees gegründet werden, um sich jeder Form von Diktatur zu widersetzen – egal, ob es sich um eine von Frankreich oder von den Islamisten eingesetzte handelt.

Die Revolutionen in Tunesien und Ägypten haben gezeigt, wie es gehen kann: Nur mit Hilfe des massenhaften Kampfes bzw. des Kampfes der Massen, durch die arbeitenden Menschen und die Armen kann ein Wandel erreicht werden.