[Flugblatt der SAV, 16. November 2012]
- Nein zum Krieg der israelischen kapitalistischen Regierung!
- Schluss mit der Blockade gegen Gaza! Öffnet die Grenze zu Ägypten!
- Für den sofortigen Rückzug der israelischen Armee aus den Palästinensergebieten!
- Für das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes!
- Für eine neue Intifada: Für Massenmobilisierungen der palästinensischen Bevölkerung unter ihrer eigenen demokratischen Kontrolle
- Keine nationale Befreiung ohne soziale Befreiung: Kampf gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Kapitalismus im gesamten Nahen Osten – für sozialistische Demokratie in Palästina, Israel und der gesamten Region
Die israelische kapitalistische Regierung von Benjamin Netanjahu hat die Waffenruhe gebrochen und hunderte brutale Angriffe auf die Bevölkerung im Gaza-Streifen geflogen. Dutzende PalästinenserInnen, darunter Kinder und schwangere Frauen wurden dabei getötet. Ausgangspunkt der Eskalation war die Ermordung des Hamas Militärchefs Ahmed al-Dschabari, die nur eine von vielen gezielten Ermordungen von PalästinenserInnen durch den Staat Israel war. Israel zieht Bodentruppen an der Grenze zum Gaza-Streifen zusammen und hat 16.000 ReservistInnen mobilisiert. Es droht ein weiterer Krieg in Nahost.
Netanjahu führt tödlichen Wahlkampf
Die Verantwortung dafür liegt bei einer israelischen Regierung, die einzig und allein die Interessen der herrschenden Kapitalistenklasse vertritt und die im letzten Jahr durch eine Fülle von Massenbewegungen der israelischen Arbeiterklasse für soziale Gerechtigkeit unter Druck geraten ist und für Januar Neuwahlen ausrufen musste. Netanjahu führt Wahlkampf mit Raketenangriffen auf Gaza und mit toten ZivilistInnen. Er hat die Reaktion der Hamas, die nun im Gegenzug Raketen (allerdings weitaus weniger wirkungsvolle als die israelischen) auf israelische Städte abfeuert, einkalkuliert und stellt sich nun als Verteidiger der israelisch-jüdischen Bevölkerung dar. Zynisch nennt das israelische Militär ihren Angriff auf die PalästinenserInnen „Operation Pfeiler der Verteidigung“. Doch wie Noam Chomsky sagt: „Wenn Israelis in den besetzten Gebieten nun behaupten, dass sie sich verteidigen, dann verteidigen sie sich in dem Sinn, in dem sich jeder militärische Besatzer gegen die Bevölkerung verteidigen muss, die er zu unterjochen versucht… Man kann sich nicht verteidigen, wenn man das Land von jemand anderem militärisch besetzt. Das ist keine Verteidigung. Nenn‘ es, wie Du willst, aber nicht Verteidigung.“
Die Herrschaft der Netanjahus und Baraks in Israel gründet sich auf der Spaltung der einfachen Bevölkerung in der Region. Es gelingt ihnen, die eigene Arbeiterklasse durch Billiglöhne und Abbau von Sozialleistungen immer mehr auszubeuten und deren Unterstützung trotzdem dadurch zu mobilisieren, dass sie sich als Verteidiger gegen die angebliche palästinensische bzw. islamische „Bedrohung“ präsentieren. Das ist eine moderne Form des „Teile und Herrsche“-Prinzips.
Das palästinensische Volk hat das Recht sich gegen Besatzung, Blockade und Raketenbeschuss zu verteidigen. Solange ein israelischer Soldat in den besetzten Gebieten steht, liegt die politische Verantwortung für jede Eskalation bei der israelischen Regierung. Aber Raketenangriffe auf Zivilistinnen und Zivilisten in israelischen Städten schwächen Netanjahu nicht, sondern treiben potenziell mehr jüdische Israelis in die Arme der Regierung. Genau diesen Effekt hat die Regierung einkalkuliert.
Die Revolutionen und Massenbewegungen in der arabischen Welt haben die Position Israels geschwächt. Der Funke ist nach Israel über gesprungen und hat hunderttausende Menschen in Protesten für soziale Gerechtigkeit mobilisiert. In Ägypten wurde der brave US-Vasall Mubarak gestürzt. In den Palästinensergebieten gab es Proteste und Druck der Massen für eine Überwindung der Spaltung in Westjordanland und Gazastreifen. Nun versucht die israelische Regierung den Bürgerkrieg in Syrien und die wachsenden Spannungen im Libanon auszunutzen, um politisch und militärisch in die Offensive zu kommen und die Anerkennung eines palästinensisches Staates durch die Vereinten Nationen zu verhindern. Unabhängig davon, ob sie einen Einmarsch von Bodentruppen in den Gazastreifen planen, kann diese Situation außer Kontrolle geraten. Leidtragende werden nur die einfachen Menschen – ArbeiterInnen, Bauern und Bäuerinnen, Jugendliche und RentnerInnen – in den Palästinensergebieten und auch in Israel sein.
Internationale Solidarität!
Diesem zynischen Machtspiel der israelischen kapitalistischen Regierung muss Einhalt geboten werden. Internationale Solidarität mit dem palästinensischen Volk und Proteste gegen den israelischen Staatsterror sind nötig! Der Widerstand in Palästina muss in die Hände der unterdrückten Massen. Die Führer von Fatah und Hamas sind selber Teil einer Elite, die die eigene Bevölkerung unterdrücken. Bleibt die Verteidigung der PalästinenserInnen unter ihrer Kontrolle wird das nur eine Fortsetzung der endlosen Kette von militärischen Eskalationen bedeuten. Statt Raketen auf Tel Aviv ist eine Massenmobilisierung der palästinensischen Bevölkerung und deren Selbstorganisation in Gewerkschaften, einer Arbeiterpartei und demokratischen Widerstandskomitees nötig – und ein Appell an die einfachen israelisch-jüdischen Arbeiterinnen und Arbeiter zum gemeinsamen Kampf für Frieden und soziale Gerechtigkeit auf Basis einer gegenseitigen Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts, des Rückzugs Israels aus den besetzten Gebieten und eines Endes der Blockade gegen Gaza. Man sollte nicht vergessen, dass beim letzten Krieg Israels gegen Gaza im Jahr 2008/09 eine Mehrheit der israelischen Bevölkerung eine Bodenoffensive ablehnte.
In Israel hat die Schwesterorganisation der SAV, die Bewegung „Sozialistischer Kampf“ (Ma’avak Sozialisti/Nidal Eshteraki), unmittelbar nach Beginn der Luftangriffe erklärt, dass „die Opposition gegen die Kriegspläne von Netanjahu, Barak und Lieberman nun innerhalb Israels und in den Palästinensergebieten organisiert werden muss, um eine schärfere Eskalation des militärischen Konflikts zu vermeiden.“ Ma’avak Sozialisti ruft die israelische Arbeiterbewegung, die Gewerkschaften und sozialen Bewegungen dazu auf, die Offensive gegen Gaza zu verurteilen und zu öffentlichen Protesten dagegen aufzurufen. Als SozialistInnen treten sie für den Aufbau einer Arbeiterpartei ein, die die gemeinsamen Klasseninteressen jüdischer und arabischer ArbeiterInnen zum Ausdruck bringt.
Wir fordern ebenso von den Gewerkschaften und linken Parteien in Deutschland und international eine deutliche Verurteilung des israelischen Staatsterrors, die Beteiligung an Antikriegsprotesten und eine Unterstützung des Aufbaus einer unabhängigen Arbeiterbewegung in den Palästinensergebieten. International muss sich der Protest auch gegen die Unterstützung der israelischen Regierung durch die Regierungen des imperialistischen Westens richten. Gerade die deutsche Regierung hat erst kürzlich der Lieferung von atomwaffenfähigen U-Booten an Israel zugestimmt.
Ohne die Spaltung der einfachen Bevölkerung im Nahen Osten kann der Kapitalismus und Imperialismus seine Herrschaft in der Region nicht aufrecht erhalten. Der nationale Konflikt wird von den herrschenden Klassen auf allen Seiten ausgenutzt, um die eigene Bevölkerung vom Kampf für soziale Rechte abzuhalten. Im Rahmen des Kapitalismus gibt es keine Lösung für die national und soziale Unterdrückten. Solange der Kapitalismus herrscht, ist ein unabhängiges Palästina eine Illusion bzw. wäre ein solches immer abhängig vom Staat Israel. Nur wenn die arbeitenden und armen Menschen selber die Kontrolle über die Regierungen erhalten, können sie auf Basis der gemeinsamen Interessen nach sozialer Entwicklung und Frieden auch die nationalen Konflikte lösen. Deshalb muss der Kampf für nationale Befreiung mit dem Kampf für eine sozialistische Demokratie verbunden werden.