Chavez besiegt die Rechte

Foto: flickr.com/chavezcandanga CC BY-NC-SA 2.0

von Tony Saunois, Caracas

Tausende strömten am Sonntag Abend zum Präsidentenpalast „Miraflores“ in Caracas, um den Sieg von Hugo Chavez in der Präsidentschaftswahl zu feiern. In Szenen, die etwas an die Niederschlagung des rechten Staatsstreichs im Jahr 2002 erinnerten, hisste die Palastwache Flaggen vom Dach des Palasts, während andere SoldatInnen zu den ArbeiterInnen, Jugendlichen und Erwerbslosen stießen, die im Stadtzentrum die Niederlage des rechten Kandidaten Henrique Capriles feierten.

Der Sieg von Chavez, der fünfte Wahlsieg seit ’98, hat der Rechten eine weitere Niederlage zugefügt und wird vom CWI und seiner venezoelanischen Sektion Socialismo Revolucionario sowie ArbeiterInnen und SozialistInnen weltweit begrüßt. Ein Sieg der Rechten hätte einen Angriff auf die venezoelanische Arbeiterklasse, eine Rücknahme des Reformprogramms und eine politische Offensive der Herrschenden im Land und international, die die Niederlage der „Sozialismus“ feiert, bedeutet. Eine Wahlbeteiligung von über 80%, aufsteigend von 75% aus in 2006 und die höchste in Jahrzehnten zeigen die Klassenpolarisation, welche die venezoelanische Gesellschaft im Griff hält.

Nach der Auszählung von 98% der Stimmen hatte Chavez ca. 8,1 Millionen Stimmen (55,25%) gegenüber den ca. 6,5 Millionen Stimmen für den Geschäftsmann Capriles. Chavez gewann in 20 der 24 Bundesstaaten Venezuelas. Wenn er diese Amtszeit vollendet (weitere sechs Jahre), wird er zwei Jahrzehnte an der Macht gewesen sein. Damit wird er der dienstälteste venezoelanische Präsident seit Juan Vincente Gomez, welcher von 1908 bis 1935 herrschte. Der Unterschied zwischen beiden ist der, dass Chavez mit Massenunterstützung gewählt wurde, während Gomez ein Diktator war. Kapitalistische PolitikerInnen und die Führungen der ehemaligen Arbeiterparteien in Europa und auf anderen Kontinenten schauen vermutlich neidisch auf Chavez kontinuierliche Wahlunterstützung und seine Fähigkeit, die Millionen von UnterstützerInnen zu mobilisieren. Sicherlich hat kein anderer politischer Führer momentan in Wahlen diese Möglichkeiten gehabt, wiederholt Millionen zu Wahlveranstaltungen zu bewegen oder solche Menschenmassen seinen Sieg feiern zu lassen.

Der populistische Charakter der Kampagne der Rechten

Die diesmalige Wahl wurde in Venezuela als historisch bezeichnet, als eine, die die Zukunft des Landes bestimmt und die eine Wahl zwischen „zwei verschiedenen Modellen“ ist. Diese klare Wahl fand sich jedoch nicht darin wieder, dass Chavez für ein klares sozialistisches Programm zum Sturz des Kapitalismus argumentiert hätte. Auch bei seiner Ansprache an die ihn feiernden Massen vor Miraflores benannte er keine solche Alternative.

Die Wahlkampagne spiegelt wichtige und neue Aspekte des Kampfes wieder, die sich im Laufe der letzten 14 Jahre seit Chavez erstem Sieg entwickelt haben. Eine der bedeutendsten Eigenschaften der Wahl war der Charakter der rechten Wahlkampagne. Die Politik und die Kämpfe der letzten 14 Jahre führten zu massiver Unterstützung für radikal-soziale Politik und bis zu einem gewissen Grad auch für „Sozialismus“, was sich nun tief im allgemeinen politischen Bewusstsein wiederfindet.

Vor dem Hintergrund dieses dominierenden, radikalisierten linken Bewusstseins in der venezoelanischen Gesellschaft war Capriles dazu gezwungen, sein rechtes, neoliberales Programm in einer populistischen Art und Weise zu verbergen. Dieses Vorgehen markiert eine bedeutend veränderte Strategie der Rechten.

Capriles Reden und Propaganda waren auf die Notlage der Armen ausgerichtet und versprachen die Verteidigung des Sozialstaats. Er argumentierte, er würde die „Missionen“ (die Reformprogramme von Chavez für Gesundheit und Bildung) beibehalten. Er forderte die Verteidigung der „unabhängigen“ Gewerkschaften und versuchte Unterstützung unter den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zu gewinnen, indem er versprach, die obligatorische Anwesenheit bei Protesten und Veranstaltungen von Chavez zu beenden, die ein wichtiger Grund für Unzufriedenheit ist. Capriles durchkreuzte das Land und versuchte sich dabei als „radikaler“, unverbrauchter Kandidat gegenüber dem älteren, „ermüdeten“ Chavez zu präsentieren, um die Stimmen von Jugendlichen zu gewinnen. Ihm war dabei ein gewisser Erfolg beschieden.

Das wirkliche Programm der Rechten aber fand sich in ihrem Material, wo sie für weniger Staatsinvestionen und mehr Anteil von Privatinvestitionen in der Wirtschaft argumentierten. Während des vereitelten Staatsstreichs 2002 war Capriles in den rechten Überfall auf die kubanische Botschaft verwickelt. Wenn die Rechten in dieser jetzigen Wahl gesiegt hätten, hätte eine Regierung von Carpriles versucht, die Reformprogramme der Chavez-Regierung zurückzunehmen und weitere neoliberale Maßnahmen durchzuführen.

Dieser Wechsel in der Propaganda der Rechten spiegelt die momentane Ausgeglichenheit der politischen Kräfte in der momentanen Phase wieder. Capriles war gezwungen, die extreme Rechte zu bremsen. Die Niederlage für Capriles wäre nur noch größer geworden, wenn er Kräfte von Rechtsaußen losgelassen oder explizit für neoliberale Maßnahmen argumentiert hätte.

Eine ernste Warnung

Trotz des begrüßenswerten Siegs von Chavez ist der Wahlausgang auch eine Warnung, die eine Lehre sein muss, um in der Zukunft einen rechten Wahlsieg zu verhindern. Chavez Anteil an allen Stimmen fiel im Vergleich zu 2006 um 7,6 Prozent, Capriles erhöhte seinen Anteil um 7,2 Prozent. Durch die höhere Wahlbeteiligung hat Chavez seine absolute Stimmenanzahl um ca. 800000 Stimmen erhöht, doch Capriles hat seine Stimmenzahl gleichzeitig um ca. 2,2 Millionen erhöhen können. Das ist eine ernste Warnung. Abgesehen vom Referendum über die Verfassungsreform im Jahr 2007 war das der niedrigste Stimmenanteil für Chavez überhaupt. Die Rechte hat ihren Stimmenanteil über die Jahre hinweg kontinuierlich ausgebaut, was einer langsamen, schleichenden Konterrevolution entspricht. Gleichzeitig bleibt momentan die Unterstützung für linksradikale Politik vorherrschend und die Massen der Bevölkerung, auch Teile von der WählerInnen der Rechten, sind in Opposition gegenüber jeglichem Versuch zurück zu dem System vor Chavez.

Das Versagen jedoch, nicht mit dem Kapitalismus zu brechen und ein sozialistisches Programm mit demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die ArbeiterInnen und Ausgebeuteten einzuleiten, führt dazu, dass die Rechten den wachsenden Unmut über sich verschlechternde soziale Bedingungen, Korruption und Ineffezienz für sich nutzen können. Dies sind Begleiterscheinungen der wachsenden chavistischen Bürokratie, vor denen das CWI seit jeher gewarnt und sie abgelehnt hat.

Das bisher beste Wahlergebnis von Chavez war in der Wahl 2006 mit 62% der Wählerstimmen. Bezeichnenderweise war damals auch Chavez radikalste Wahlkampagne, als die Frage des Sozialismus vorherrschend war und im Fokus der Kampagne stand. Damals gab es eine revolutionäre Entwicklung nach der Niederschlagung des Putschversuchs und der Aussperrungen 2002/2003. Nach diesem Sieg allerdings ist dieser revolutionäre Prozess nicht durch ein Programm zum Sturz des Kapitalismus und für eine wirklich demokratische Arbeiterkontrolle vorangeschritten, sondern verzögert sich und befindet sich auf dem Rückzug.

Die Regierung hat vermehrt mit der herrschenden Klasse zusammengearbeitet und versucht Übereinstimmungen zu finden, daraus folgt dann die Regierungspolitik der „nationalen Versöhnung“ und die getroffenen Vereinbarungen mit dem Arbeitgeberverband. Das in Verbindung mit der Entstehung einer Schicht von Neureichen aus der Chavez-Bewegung heraus (die „Boli-Bourgeoisie“) hat zu dem wachsenden Unmut und zu den Protesten gegen die Regierung geführt.

Die Reformen und die Verzweiflung in den Barrios

Auch die Antwort der Regierung auf die jetzige Weltwirtschaftskrise war nicht, den Bruch mit dem Kapitalismus voranzutreiben, sondern in die Gegenrichtung, nach rechts, zu arbeiten und versuchen, damit die Krise abzumildern. Seitdem gab es vermehrt Steuerzugeständnisse an multinationale Konzerne. Die staatliche Ölgesellschaft PDVSA, die die „Missionen“-Reformprogramme finanziert, hat deren Finanzierung um fast 30 % gekürzt.

Die Repressionen gegenüber ArbeiterInnen und anderen Streikenden hat ebenso zugenommen in den letzten Jahren. Beschäftige des öffentlichen Dienstes unterliegen dem Gesetz zur nationalen Sicherheit. Das bedeutet, dass im öffentlichen Dienst weder Streiks noch Proteste erlaubt sind. Die Bundespolizei in der Stadt Barcelona tötete zwei ArbeiteraktivistInnen in einer Mitsubishi Fabrik, der Gouverneur des dortigen Bundesstaates ist Chavez-Anhänger. Den ArbeiterInnen bei Toyota erging es ähnlich.

Trotz der populären Reformpolitik der „Missionen“, die die Situation im Gesundheits-, Bildungs und anderen Bereichen verbessert hat, bleiben die sozialen Bedingungen in den ärmsten Barrios katastrophal und zeigen wenig Zeichen der Verbesserung. Diese waren die Grundlage für den enormen Anstieg von Kriminalität, Gewalt und Kidnappings (um an das Geld der Familien der Opfer zu kommen). Venezuelas Mordrate ist eine der höchsten in der Welt: Die offizielle Statistik geht von 19000 Toten im Jahr 2011 aus und das ist wahrscheinlich eine Unterschätzung des Ausmaßes dieses Massakers.

Venezuela ist eins der gewalttätigsten Länder momentan. In El Hatillo, einem eher wohlhabenden Distrikt in der Nähe von Caracas, gab es bisher schon 70 Kidnappings. Die Erfahrungen von CWI-Mitgliedern ist bezeichnend. Eines unserer Mitglieder aus einem Barrio kam zu einem Treffen am Tag vor der Wahl und berichtete, dass sein Schwager erschossen wurde. Ein anderer erzählte von der Erschießung seines Vermieters. Wieder andere haben gekidnappte Arbeitskollegen. Jemand weiteres musste dienstlich Geld von der Bank holen und wurde nur fünf Minuten später von bewaffneten Jugendlichen auf Motorrädern ausgeraubt. Sie hatten von Bankangestellten Bescheid bekommen, welche dafür ein Teil des Geldes bekommen. Solche Angriffe machen das Leben der Armen und der Mittelschicht zu einem permanenten Zustand der Sorgen und der Angst.

Die Wohnungssituation ist besonders in den ärmsten Barrios weiterhin hoffnunglos. Im Vorfeld der Wahlen hat die Regierung hastig ein Programm für den sozialen Wohnungsbau verabschiedet, das behauptet, 200000 Unterkünfte geschaffen haben. Viele Leute stellen diese Zahlen in Frage. Viele, die ihrer Unterkunft bei den heftigen Regenfällen im Jahr 2010 davonschwimmen sahen, leben seitdem in einfachen Hütten. Dort sind die Bedingungen teilweise so schlimm, dass es sogar Massaker an BewohnerInnen von anderen BewohnerInnen oder den dort operierenden Drogenkartellen gab. Was aber gerade neu gebaut wird, sind in Wahrheit die neuen Ghettos: kleinste Wohnungen in Wohnblocks ohne Infrastruktur, die wahllos auf jeden Fleck leeres oder enteignetes Land gesetzt werden. Neuentwickelte Gebiete sind abgeschottet mit nur einer Zu- und Abfahrtsstraße und einer Entfernung von einer Autostunde bis zur nächsten U-Bahn.

Korruption, das Fehlen demokratischer Planung und Kontrolle und unpassende Ingenieurstechnik führten oft dazu, dass schon Risse in der Bausubstanz auftraten, noch bevor sie überhaupt bewohnt wurden.

Diese Bedingungen sind der Nährboden für Jugendgangs, die zum Überleben zu Raubüberfällen und Kidnappings gezwungen sind. Sie sind aber genauso der Nährboden für Unzufriedenheit, auf welche die Rechten aufbauen können oder die zu Demoralisierung und Regierungsverdrossenheit führen könnte. Das passiert bereits und war innerhalb der Kampagne offensichtlich.

Minimaler Bezug zum Sozialismus

Der Wahlkampf von Chavez ist im Vergleich zu dem von 2006 nach rechts gegangen. Damals hatte Chavez kurz danach die Gründung der PSUV (Vereinigte sozialistische Partei von Venezuela) als revolutionäre Partei ausgerufen. Chavez berief sich auf Trotzki, auf die permanente Revolution und auf das Übergangsprogramm. Er redete vom Aufbau einer „fünften Internationalen“ von „linken Parteien“. Bei der diesmaligen Wahlkampagne war davon nichts zu bemerken. Der Bezug zum Sozialismus war minimal bis zur letzten Wahlkampfwoche. Chavez Hauptslogan war stattdessen „Chavez, das Herz des Vaterlandes“. Er nahm einen sehr nationalistischen Charakter an, mit Versprechungen, das „Vaterland“ zu entwickeln. Die Wahl war stark personenbezogen in beiden Lagern. Die Straßen von Caracas waren zwar gefüllt bei der Abschlusskundgebung, aber auf den Plakaten sah man nur Chavez und das „Vaterland“ ohne politischen Inhalt. Es gab weder Banner von der PSUV noch von den Gewerkschaften. Viele ArbeiterInnen trugen Shirts der Firmen für die sie arbeiten und sagten, sie seien gekommen, weil ihr Arbeitgeber sie dazu verpflichtet hatte.

Viele scharten sich um Chavez als einzige Hoffnung und aus Angst vor der Rechten, einige allerdings wurden über inhaltslosen Gesang für „Chavez und das Vaterland“ mobilisiert.

Diese Merkmale zeigen das Fehlen einer unabhängig organisierten politischen Kraft der ArbeiterInnen und der Armen, worüber das CWI schon in vorherigen Artikeln geschrieben hat. Das, zusammen mit dem bürokratischen Top-Down-Ansatz der Regierung, hat die Bewegung von Anfang an geschwächt, eine Tatsache, vor der das CWI seit jeher gewarnt hat. Dieser Top-Down-Ansatz hat sich in der Wahlkampagne wieder gezeigt. Bei zwei Gelegenheiten, als Chavez auf Massenveranstaltungen in den Bundesstaaten redete, riefen manche „Ja zu Chavez, nein zu …“. Sie bezogen sich damit auf die eingesetzten chavistischen KandidatInnen für die Dezemberwahlen der Bundesstaaten. Chavez reagierte darauf, indem er sagte, wenn diese KandidatInnen auf Ablehnung stoßen, dann ist das auch eine Ablehnung von Chavez.

Das Fehlen einer demokratischen, unabhängigen Arbeiterbewegung ist eine der größten Schwächen und Gefahren. Es hat den Rechten bereits erlaubt, einige Erfolge und Vorstöße zu machen. Wenn die Arbeiterklasse, die Jugend und die Armen keine demokratische, unabhängig organisierte Kraft aufbauen, dann wächst die Gefahr durch die Rechten und den Vorstoß der Konterrevolution. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Rechten bei den Wahlen im Dezember aufgrund der schlechten Kandidaten von Chavez einige Erfolge erringen werden.

Leider hat Chavez nach seinem Sieg in seiner Rede vor seinen UnterstützerInnen keine Anzeichen gemacht, Schritte in Richtung Sturz des Kapitalismus zu unternehmen. Er bot der Opposition Dialoge und Debatten an. „Wir alle sind Brüder des Vaterlandes“, donnerte er, nachdem er die Opposition für das Akzeptieren der Wahl lobte. Er redete vom Aufbau eines vereinigten Venezuelas. Beide Seide betonten eben diesen Punkt gegen Ende des Wahlkampfes. Als die Wahlurnen geschlossen hatten, gab es ein Sperrfeuer an Fernsehpropaganda für Frieden, Einheit und Versöhnung von beiden Seiten. Sowohl Chavez als auch Capriles drängten auf Ruhe und Gelassenheit und befürchteten offensichtlich, dass die Polarisierung zu Zusammenstößen und sozialen Unruhen führen könnte.

„Mischwirtschaft“ oder Bruch mit dem Kapitalismus

Als Chavez sich nach seinem Sieg an die Massen wandte, machte er zwei beiläufige Bemerkungen zum Sozialismus. Diese wurden allerdings in Verkündigungen von „Es lebe Bolivar! Es lebe das Vaterland! Es lebe Venezuela!“ ertränkt. Während der Wahlkampagne hatte er argumentiert, dass der „Sozialismus“ Sowjetunion gescheitert sei und ein neuer „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ nötig sei. Das war aber keine Absage an das ehemalige totalitaristische, stalinistische Regime, das sich als Sozialismus ausgab und keine Argumentation für ein Programm für Arbeiterdemokratie. Chavez Politik zeigt, dass er mit „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ eine Art Mischwirtschaft meint, eine Wirtschaft, die Kapitalismus mit Staatseingriffen und Reformen verbindet. Die Reformen, die wir als CWI unterstützten, werden nur wieder zurückgenommen und gekürzt. Sie können nur aufrechterhalten und gestärkt werden auf der Basis des Bruchs mit dem Kapitalismus und der Einführung einer demokratisch-sozialistischen Planung der Wirtschaft.

Capriles wartet, bis seine Zeit kommt und versucht jetzt, seine Wählerbasis nach dem Wahlkampf zu konsolidieren. Chavez wird seine Politik der Versöhnung fortsetzen und mit all denjenigen Teilen der herrschenden Klasse zusammenarbeiten, die bereit sind, mit ihm zu kollaborieren. Eine solche Politik wird seine Regierung in steigendem Maße in Konflikte mit ArbeiterInnen und Armen bringen. Die soziale Unzufriedenheit wird zunehmen. Der Aufbau einer demokratisch-sozialistischen Arbeiterbewegung mit einem Programm zum Sturz des Kapitalismus ist dringend notwendig. Wenn das nicht erreicht wird, dann wird sich neben sozialem Zerfall und Entfremdung eine Gefahr durch die Rechte entwickeln.

Die sich verschärfende kapitalistische Weltwirtschaftskrise wird einen großen Effekt auf Venezuela haben. Ein starker Preisverfall beim Öl, Venezuelas Hauptexportgut (60 Millionen US-Dollar letztes Jahr), würde Chavez Politik ernsthaft untergraben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Chavez zurück nach links getrieben wird und mehr radikale Maßnahmen gegen den Kapitalismus unternimmt. Das ist jedoch sehr unwahrscheinlich und diese würden an sich noch keine sozialistische Umgestaltung bedeuten. Der Bruch mit dem Kapitalismus und der Aufbau einer echten demokratischen, sozialistischen Alternative braucht immer noch den dringenden Aufbau einer unabhängigen, demokratischen und politisch bewussten sozialistischen Arbeiterbewegung.