Trotz Medienhetze und Repressalien müssen die Proteste unvermindert durchgeführt werden
Die Stadt Frankfurt hält weiterhin an den Verboten fest. Gleichzeitig fechtet sie mit allen rechtlichen Mitteln die bereits erlaubten Demonstrationen an. Die Aufenthaltsverbote für 419 AktivistInnen wurden aufgehoben. Im gleichen Atemzug wurde eine weitere Demonstration für Versammlungsfreiheit in der Innenstadt illegalisiert.
von René Kiesel, z.Z. in Frankfurt/Main
Die Frankfurter Innenstadt wurde bereits in den Ausnahmezustand versetzt. Auf einer heutigen Pressekonferenz der Polizei wurde vermittelt, dass 5.000 PolizistInnen immer gleichzeitig im Einsatz seien. Eine massive Konzentration der Kräfte. Die Europäische Zentralbank ist mit einer Doppelreihe „Hamburger Gitter“ eingezäunt. In Teilen rund um das Bankenviertel werden ebenfalls Barrikaden der Polizei mit Kontroll- und Durchlasspunkten errichtet. Für Donnerstag und Freitag seien alle Aktionen verboten. So auch die Kundgebung des sonst unverdächtigen „Komitees für Grundrechte und Demokratie“ für die Versammlungsfreiheit am Donnerstag von 12-18 Uhr auf dem Paulsplatz (Stellungnahme: Stadt Frankfurt entlarvt sich selbst – Grundgesetz außer Kraft gesetzt). Das sei auch der Grund, warum Personenkontrollen und die Sperrung der Innenstadt an den beiden Tagen gerechtfertigt seien. Ohne Aktion gebe es keinen Grund, sich dort aufzuhalten, heißt es. Dazu wird der U-Bahnhof Willy-Brandt-Platz nahe der EZB vollkommen geschlossen und nicht mehr angefahren. Ebenso wie der Bahnhof Taunusanlage.
Die Beschäftigten der umliegenden Banken sind angehalten, sich einen Brückentag oder Zeit im „Homeoffice“ zu nehmen, Bankfilialen bleiben geschlossen. Den Erfolg dieser Kampagne mag der Umstand erleichtert haben, dass die OrganisatorInnen es verpasst haben, die Beschäftigten rechtzeitig mit Forderungen, ihre Lebensrealität betreffend, angesprochen und eingebunden zu haben. Der Streik bei der Postbank im letzten Jahr und die steigende Konkurrenz und der Arbeitsdruck bei den Angestellten der Banken bieten dafür einen guten Anknüpfungspunkt. Auch hier wird vor Lohndrückerei und Entlassungen (zum Beispiel nach Fusionen) nicht Halt gemacht.
Abgerundet werden die Provokationen von einer Medienkampagne der widerwärtigsten Art. Von allen Bürgerlichen sticht die Springerpresse in einer Abart heraus, dass sich Geschichtskundige an die 68er erinnert fühlen mögen. Dort spielte diese Form der Berichtserstattung gern die Rolle des geistigen Brandstifters, um antikapitalistische Proteste zu kriminalisieren und isolieren. Das tut sie auch jetzt. Mit Erfolg: Schlagzeilen wie „Blockupy vor den Krawallen“ wird in der Bevölkerung eine Angst geschürt, die einem an jeder Ecke entgegen schlägt. GenossInnen der SAV wurde ein Infotisch vor der Fachhochschule verboten, da solchen politischen Organisationen keinen Raum gegeben werde und die Demonstration von vornherein gewalttätig würde.
Doch nicht nur dies. Sie heizt auch die Stimmung unter den AktivistInnen an, schürt die Wut gegen das kapitalistische System und dessen Staatsapparat. Ein gewollter Nebeneffekt, denn diese aufgestaute Wut werden sich Provokateure gezielt zu Nutze machen wollen, damit sie das Feuer ernten, das sie sähen. Damit haben sie ihre Bilder und ihren Präzedenzfall, um entschlossen gegen weitere Proteste gegen die Macht der Troika aus EZB, EU und IWF vorzugehen. Das darf nicht der Fall sein. Und deshalb müssen Provokationen und jene, die provozieren, entschieden zurückgewiesen werden.
Geschlossen und entschlossen Proteste durchführen
Auf einem Blockupy-Aktiventreffen wurden von etwa 40 Anwesenden die Aktionen des nächsten Tages besprochen. Ein italienischer Aktivist, der mit etwa 50 weiteren an diesem Abend in Frankfurt ankam, berichtete davon, dass die Polizei zu ihrem Camp kam und sofort die Personalien und Ausweise von allen verlangte (auch von denen, die noch kommen werden). Das zeigt, dass das Zusammenstehen und gegenseitige Solidarität das Gebot der Stunde sind.
Das Occupy-Camp vor dem Gebäude der EZB bekam trotz Verlängerung bis zum 23. Mai die Auflage, morgen um 8 Uhr bis zum Ende der Protesttage den Platz zu verlassen, damit das Gebiet weiträumig abgeriegelt werden kann. Die OrganisatorInnen rufen alle dazu auf, bereits um 7 Uhr vor Ort zu sein, um mit einer Sitzblockade die Räumung des Camps durch die Polizei zu verhindern. Die Räumung des Camps so effektiv wie möglich zu verhindern, hat eine Auswirkung auf die Stimmung und Motivation für die kommenden Protestaktionen sowie eine große Medienwirksamkeit, da bereits am heutigen Tage Übertragungswagen vor Ort waren. Nicht zuletzt ist die Symboltracht durch die Nähe zur EZB für wirkungsvollen Protest wichtig. Bereits heute Abend reisen viele Aktive an, um im Camp zu übernachten und es zu schützen. Um 14 Uhr ist eine Kundgebung an diesem Ort angekündigt.
Später wird es um 16 Uhr eine Asamblea der Blockupy-Aktiven geben, um neu Angekommenen einen Orientierungspunkt und die Möglichkeit zum Austausch zu geben. Wenn das Occupy-Camp zu diesem Zeitpunkt noch intakt ist, wird sie dort stattfinden. Ansonsten auf dem Hof des DGB-Hauses (Zugang über Untermainkai 68, Straßenbahnstation Baseler Straße, Linie 12, in der Nähe des Hauptbahnhofes). Dort ist ebenfalls die Volksküche untergebracht. Derartige Versammlungen werden jeden Tag organisiert.
Um 18.30 ist dann der Treffpunkt an der Hauptwache für die erste offizielle Aktion im Rahmen der Protesttage. Um 19 Uhr beginnt dort ein Rave durch die Innenstadt.
Für Anreisende ist das Infotelefon (0160 57 23 438) bereits geschaltet. Der Ermittlungsausschuss (0160 95 65 74 26) steht ab morgen 8 Uhr zur Verfügung. Alle Informationen gibt es in einer Übersicht zum Download als .pdf). Ständig aktualisierte Infos über Aktionen unter http://blockupy-frankfurt.org/. Da alle Infopoints bislang verboten sind, wird es mobil Informationen und Material geben.