Wem nützt ACTA, Patent- und Urheberrecht?
Im Februar diesen Jahres sind weltweit hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen um gegen die Ratifizierung des „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“ (ACTA) zu demonstrieren. Das sogenannte „Handelsübereinkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie“ lässt in bewusst schwammigen Formulierungen genug Spielraum, neben der Durchsetzung von Urheber- und Patentrechten auch weitere Überwachungsmaßnahmen zu rechtfertigen.
von Jens Meyer, Kassel
Die Beratungen über das multilaterale Abkommen bewegten sich dabei durchaus im Rahmen kapitalistischer Gepflogenheiten, die bei der Erarbeitung von Gesetzen inzwischen die Regel sind. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und parlamentarischer Vertretungen wurde seit 2008 an dem Entwurf gearbeitet. Gezielt und im Rahmen von Stillschweigevereinbarungen war es einschlägigen Lobbyverbänden wie der „Motion Picture Association of America“ aber auch Medienkonzernen wie „Time Warner“ möglich, Änderungswünsche zu diktieren. Passend dazu sieht der Entwurf mit dem sogenannten „ACTA-Ausschuss“ die Schaffung einer Institution vor, die für die Umsetzung und Auslegung des Abkommens verantwortlich sein soll und sogar ohne jegliche öffentliche Rechenschaftspflicht Änderungen an der Vereinbarung vornehmen kann. Demokratie sieht anders aus.
Überwachung durch Hintertür
Daten zu rund 300.000 Internetverbindungen geben Internet-Provider in Deutschland monatlich an Plattenfirmen, Filmstudios und andere Rechteinhaber heraus, die ihrerseits an den darauf folgenden Abmahnungen verdienen. Die neue Qualität von ACTA besteht darin, dass nun auch Internet-Providern auferlegt werden könnte, die Daten der Anbieter von Internetinhalten zur Durchsetzung von Urheberrechtsansprüchen für einen längeren Zeitraum aufzubewahren und ggf. selbst zu überprüfen. Es wird befürchtet, dass bei Verstößen dann auch Internetanschlüsse von Nutzern gesperrt werden könnten. Das Internet ermöglicht heute die Vernetzung von Protestbewegungen wie unlängst bei den Aufständen im arabischen Raum. Weitreichende Kontrollmöglichkeiten durch Konzerne oder den Staat durch Vorratsdatenspeicherung böten die Möglichkeit solche früh zu erkennen und gegebenenfalls zu bekämpfen. Auch bei uns.
Wissen ist Marktmacht
Das Patentrecht ist ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung von Profiten der Unternehmen. Es soll sicherstellen, dass auf dessen Basis über einen gewissen Zeitraum eine Monopolstellung bei der Produktion einer Ware aufrechterhalten wird. Dass dieses nicht von jedem Menschen in Anspruch genommen werden kann, dafür sorgen horrende Kosten bei der Erteilung eines solchen Patentes aber auch bei dem Versuch der gerichtlichen Durchsetzung gegen Patentbrecher. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass vor allem international agierende Großunternehmen aus den Industriestaaten Inhaber dieser Patente sind. Patente werden immer häufiger auch in Bereichen erteilt, die ganz unmittelbar die Existenz vieler Menschen gefährden. Durch Patentrechte wird beispielsweise die Herstellung von günstigen Nachahmerprodukten im medizinischen Bereich, wie bei der Herstellung von Medikamenten für die AIDS-Therapie, unterbunden. Bauern in „Entwicklungsländern“ werden von Agrarkonzernen wie Monsanto mit Hilfe des Patentrechtes daran gehindert mit der Wiederaussaat von Teilen der genmanipulierten Ernte ihr Überleben zu sichern. Geforscht wird dort, wo Profite erzielt werden können und nicht wo sie zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Mehrheit der Menschen beitragen. Auch deshalb ist es richtig, wie die Partei DIE LINKE zu fordern, dass es ein Verbot von Patenten auf Pflanzen, Tiere und Menschen gibt.
Fotos der ACTA-Proteste am 11. Februar
UrheberInnnen wehrt euch!
Kriminalisierung und Verfolgung von Urheberrechtsverstößen müssen sofort aufhören. Nur mit der Abschaffung des in dieser Form bestehenden Urheber- und Patentrechtes zum Nutzen privater Konzerne und mit ihnen des Kapitalismus im Allgemeinen kann der freie Zugang zu Wissen für alle sichergestellt werden. Durch radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich und dem Ausbau von unkommerziellen kulturellen Angeboten müssen viel mehr Menschen in die Lage versetzt werden, Kultur zu schaffen. Diese muss frei verbreitet, geteilt und weiterverwendet werden können. Für KünstlerInnen gibt es ein Bedürfnis, dass sie für ihre Kunst entlohnt werden. Das Verwertungsrecht an ihren kreativen Werken liegt jedoch zumeist bei den Medienkonzernen an die ein Großteil der Erlöse geht. Wenn Urheberrecht noch 70 Jahre nach dem Tod des/der UrheberIn gilt, dann geht es nicht mehr um ihren oder seinen Schutz. Das Prinzip von freiwilligen Zahlungen für Downloads, die direkt an die KünstlerInnen gehen, funktioniert heute schon teilweise. Vollzeit tätige KünstlerInnen, ForscherInnen und ProgrammiererInnnen müssen jedoch sozial und finanziell durch die Gesellschaft abgesichert sein, damit sie zum Wohle der Allgemeinheit kreativ tätig sein können.