Neue Gewaltakte, unfreie Wahlen und Machtkämpfe
Nach dem der Staatsapparat Kasachstans Mitte Dezember mit aller Brutalität gegen die streikenden ÖlarbeiterInnen in Schanaosen und Aktau vorging, entmachtete Nursultan Nasarbajew einen seiner Schwiegersöhne, der lange als potenzieller Nachfolger gehandelt worden war. Hat damit ein Umdenken des Regimes begonnen?
von Michael Koschitzki, Berlin
Timur Kulibajew, einer der Schwiegersöhne Nasarbajews, besaß eine einflussreiche Stellung im Land – mit seinen Positionen in der Führung des Ölunternehmens KazMunaiGaz und beim sogenannten Nationalen Fonds Samruk-Kazyn. Seine Absetzung lässt jedoch keineswegs auf einen Sinneswandel an der Spitze des Regimes schließen. Vielmehr zeichnet sich so etwas wie ein Palastputsch ab.
Es scheint, dass der Feuerbefehl auf die DemonstrantInnen am 16. Dezember und die darauffolgenden Ereignisse entweder von Kräften der herrschenden Elite geplant waren oder zumindest gezielt genutzt wurden, um sich bestimmter Personen des obersten Zirkels zu entledigen. So kursieren derzeit auch Gerüchte, den Kopf des Geheimdienstes auszustauschen.
Parlamentswahl
Die für den 15. Januar angesetzten Wahlen wurden nach dem Massaker zwar nicht abgesagt und sogar in Schanaosen abgehalten. Aber auch hier kann von Entspannungssignalen nicht die Rede sein. Wahlbeobachter berichteten, dass an fast allen öffentlichen Plätzen nur Plakate der Regierungspartei „Nur Otan“ zu sehen waren. Zahlreiche KandidatInnen und Parteien waren gar nicht zugelassen worden.
In einer Kaserne wurde das Wahllokal nach zweieinhalb Stunden geschlossen, weil angeblich alle Soldaten gewählt hatten. Wäre dem so gewesen, hätten pro Minute 10,6 Personen zur Wahl registriert und abgefertigt werden müssen. Das Ergebnis waren 1.536 Stimmen für die Regierungspartei und eine ungültige Stimme. Andere Berichte lassen vermuten, dass die Wahlbeteiligung künstlich nach oben korrigiert wurde.
In Schanaosen galt noch immer der Ausnahmezustand, Hundertschaften der Polizei patrouillierten auf den Straßen. Schätzungweise 3.000 dort stationierte Polizisten nahmen an der Wahl in den örtlichen Wahllokalen teil.
Wachsende Repression
Nach den Wahlen wurde die Repression nochmal verschärft. Zahlreiche JournalistInnen und Oppositionelle wurden Ende Januar unter fadenscheinigen Vorwänden verhaftet. Darunter der Parteichef der nicht zur Wahl zugelassenen liberalen Partei Alga sowie zwei weitere Parteimitglieder. Von Festnahmen betroffen sind auch zwei Mitglieder der „Sozialistischen Bewegung Kasachstan“.