Kolumne von Lucy Redler
Kristina Schröder als Vorkämpferin für Pflegebedürftige und deren Angehörige? Wenn aus dem Familienministerium ein neues Gesetz kommt, um Pflege und Beruf besser zu vereinbaren, sollte man erstmal skeptisch sein.
Seit Anfang 2012 gilt das sogenannte Familienpflegejahr. Beschäftigte können ihre Arbeit um zwei Jahre reduzieren, um Angehörige zu pflegen. Vor dem Hintergrund, dass 76 Prozent der Berufstätigen gern ihre Angehörigen so weit wie möglich selbst betreuen möchten, könnte man meinen, das sei eine gute Idee. Viele Menschen leisten Außergewöhnliches, wenn sie versuchen, neben der Arbeit eine bestmögliche Pflege zu gewährleisten.
Doch Schröder (CDU) geht es nicht um die Ermöglichung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, sondern darum, in der professionellen Pflege Kosten zu sparen und die Aufgaben auf die Familien abzuwälzen.
Während in Deutschland etwa 2,25 Millionen Menschen pflegebedürftig sind, nimmt die Zahl der professionellen Pflegekräfte ab. Heute fehlen mindestens 50.000 Pflegekräfte, bis 2020 wird die Lücke auf 400.000 geschätzt. Hinzu kommt, dass in Pflegeheimen zwei Drittel der Kosten anfallen, obwohl nur ein Drittel der pflegebedürftigen Menschen in einem Heim versorgt wird. Was läge also näher, als ein Gesetz zu verabschieden, um durch häusliche Pflege, die deutlich billiger ist, Kosten zu sparen und weitere Stellen abzubauen?
Beim Pflegejahr erhalten die Pflegenden 75 Prozent des Bruttoeinkommens, wenn sie ihre Arbeitszeit um 50 Prozent reduzieren. Arbeiten sie später wieder Vollzeit, müssen sie Gehaltsabschläge hinnehmen.
Die pflegenden Angehörigen – vor allem Frauen – werden also nicht besser entlohnt, sondern ihre Bereitschaft zur Pflege wird ausgenutzt, um Stellen in der professionellen Pflege abzubauen. Das Familienpflegejahr ist sowohl pflege- als auch frauenpolitisch ein Rückschritt.