Sinnlose Konzessionen

General Motors fordert von Opel Lohnkürzungen


 

General Motors (GM) verlangt von den Beschäftigten seiner deutschen Tochter Opel massiven Gehaltsverzicht – und das nicht zum ersten Mal. Den Opelanern soll ein Teil der ihnen in diesem Jahr zustehenden „üppigen Lohnerhöhung“ gestrichen werden. In der Summe schätzt die FAZ, die darüber schon am 4. Januar berichtete, den geforderten Verzicht auf etwa 10,8 Prozent. So geht es um die Rücknahme vorübergehender Einkommenskürzungen aus den vergangenen beiden Jahren (die im „Master Agreement“ von 2010 vereinbarte Streichung der im April 2011 fälligen Tarifsteigerung von 2,7 Prozent sowie die Halbierung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes laufen aus; außerdem könnte eine Lohnerhöhung im Rahmen der IGM-Tarifrunde anstehen). Insgesamt geht es laut FAZ um eine Summe von rund 1,1 Milliarden Euro, die das Opel-Management gerne reduzieren würde.

Die derzeitige Vereinbarung schreibt einen Lohnverzicht von deutschlandweit 176,8 Millionen Euro pro Jahr fest – und zwar bis 2014! Dass Bochums Betriebsratsvorsitzender Rainer Einekel gegenüber der jungen Welt erklärte, „Uns ist klar, dass Gespräche geführt werden müssen“, lässt nichts Gutes ahnen. Weiter sagte Einenkel: „Wenn es keine verbindlichen Zusagen für eine weitere Modellreihe gibt, kann ich der Belegschaft nicht vermitteln, wofür sie weitere Einsparungen mittragen sollte.“

Die Redaktion sozialismus.info

Opel fordert wieder Zugeständnisse

Lohnverzicht lohnt nicht. Wenn es für diese These noch eines Beweises bedurfte, hat ihn nun – wieder einmal – Opel geliefert. 2010 hatten die Belegschaften zum gefühlt zwanzigsten Mal Zugeständnisse zur Endlos-»Sanierung« des Autobauers gemacht. Die Lohnerhöhung von 2,7 Prozent für 2011 wurde nicht ausbezahlt, Weihnachts- und Urlaubsgeld wurden 2010 und 2011 halbiert. Damit war Opel der erste große Autohersteller, dessen Belegschaften teilweise unterhalb des Flächentarifs der Metallbranche entlohnt werden. Dennoch fordert die Konzernspitze nun weitere Konzessionen.

von Daniel Behruzi

Aus der Krise geholfen haben all die Zugeständnisse der Opel-Arbeiter dem Unternehmen nicht. Immer noch fährt die europäische Tochter des US-Konzerns General Motors (GM) Verluste ein. Das liegt eben nicht an zu hohen Gehältern, sondern vor allem an den Opel von GM auferlegten Beschränkungen: Westeuropa ist der einzige wichtige Automarkt, auf dem Opel in größerem Stil verkaufen darf. Die Boomregionen Ostasiens und Lateinamerikas sind für die Marke mit dem Blitz nahezu tabu, weil GM seinen anderen Modellen nicht selbst Konkurrenz machen will. In China lieferte Opel 2011 lächerliche 3000 Fahrzeuge aus. Zum Vergleich: Bei der VW-Tochter Skoda waren es 200000. Wenn sich daran nichts ändert – da können die Opelaner noch so viel verzichten – ist der Autobauer eher früher als später am Ende. Denn in Europa sind angesichts der von Brüssel und Berlin diktierten Sozialkürzungen und Entlassungen im öffentlichen Dienst Absatzeinbrüche insbesondere bei Klein- und Mittelklassewagen zu erwarten.

Was haben Betriebsräte und IG Metall durch ihre seit Anfang der 1990er Jahre bei Opel betriebene Politik des Nachgebens erreicht? Die versprochene Sicherung von Arbeitsplätzen? In Deutschland waren damals noch 56800 Menschen bei Opel beschäftigt, jetzt sind es noch etwa 22000. Allein die letzte »Sanierung« hat europaweit fast 8000 der 48000 Jobs gekostet. Die fast eine Milliarde Euro, die der Konzern dafür an Abfindungen ausgegeben hat, haben die verbliebenen Mitarbeiter durch Lohnverzicht selbst finanziert. Und der von Belegschaftsvertretern stets als K.-o.-Kriterium gehandelten Forderung nach Erhalt aller Werke wurde mit der Schließung der Fabriken im portugiesischen Azam­buja (2006) und im belgischen Antwerpen (2010) eben nicht entsprochen.

Auch jetzt ist die Zukunft der Standorte und Arbeitsplätze keineswegs gesichert. Vor allem Bochum gilt als gefährdet, da das anlaufende Astra-Modell spätestens 2017 nicht mehr produziert wird. Was dann kommt, steht in den Sternen. Dabei hatte die Belegschaft des Ruhrgebietswerks im Rahmen einer Betriebsvereinbarung 2008 schon einmal Zugeständnisse für den Bau eines weiteren Modells neben dem Zafira gemacht. Doch GM hat sein Versprechen gebrochen. Warum soll sich bei diesen Deals eigentlich immer nur die eine Seite an Vereinbarungen halten?

 
Dieser Artikel erschien zuerst in der Tageszeitung junge Welt.