Die Rebellion von Wukan

Lokale Unruhen in China als Vorbote größerer Bewegungen?


 

Seit einer Woche herrscht Ausnahmezustand im Ort Wukan. Die kleine Stadt mit 13.000 Einwohnern bietet der Staatsgewalt die Stirn.

von Torsten Sting, Rostock

Wukan liegt in der Vorzeigeprovinz des Riesenreiches, Guangdong. Hier liegt die Wiege jener kapitalistischen „Reformen“ die Ende der 1970er Jahre unter dem damaligen Staatschef Deng Xioping eingeführt wurden. Es hat daher etwas symbolträchtiges, dass es hier zu einem jener schweren Auseinandersetzungen zwischen arbeitender Bevölkerung und Staatsgewalt kommt, die in China zunehmen. Etwa „84.000 Massenproteste“ (FAZ 19.12.11) soll es jährlich geben.

Ursachen

Häufig spielen sich diese Konflikte auf dem Land ab. Lokale Parteibürokraten verkaufen illegal kollektives Land an ihre kapitalistischen Kumpels und halten die Taschen auf. Den kleinen Bauern und Landarbeitern wird damit die Existenzgrundlage geraubt. Die Zentralregierung in Peking ist über das zunehmend selbstherrliche Agieren der Provinzkader zwar besorgt und kündigt mit markigen Worten den Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft an. Wehren sich die Menschen gegen die Missstände, sind sich die unterschiedlichen Ebenen der KP aber darin einig, dass man Proteste nicht tolerieren darf, da sie ihre Herrschaft in Frage stellen.

Flucht der Autoritäten

Auch in Wukan brachte der Diebstahl von Land das Fass zum überlaufen. Protestaktionen und Demonstrationen sind seit Wochen an der Tagesordnung. Nachdem ein Anführer verhaftet und im Polizeigefängnis starb, kam es zur Eskalation. Die Bewohner von Wukan, haben de facto die Kontrolle über den Ort übernommen. Sie haben ein Komitee gegründet und demokratisch gewählt. Die lokalen Spitzen von Polizei und Partei sind geflohen!

Drohendes Massaker

Die Staatsmacht bereitet jedoch den Gegenschlag vor. Immer enger wird der Belagerungsring um das Städtchen gezogen. Ziel ist es die Bewohner auszuhungern. Der Widerstand der Menschen in Wukan, hat über das Internet bereits Viele erreicht, auch wenn die Regimetreuen Medien, die Vorgänge zu verschweigen suchen. Es ist nach derzeitigem Stand offen, ob es zu einem Massaker kommt. Das Regime könnte sich zu einem brutalen Vorgehen gezwungen sehen um für Abschreckung zu sorgen.

Ausblick

Wenn es nicht gelingt, den Kampf von Wukan auf andere Städte und insbesondere die größeren Betriebe auszuweiten, ist eine Niederlage vorprogrammiert. Dennoch kann der mutige Widerstand in Wukan Andere inspirieren.

Vor dem Hintergrund der Krise im Euroraum, sind die chinesischen Exporte zurückgegangen. In der Provinz Guangdong ist es bereits zu Firmenschließungen und Streiks von ArbeiterInnen gekommen. In Schanghai gab es zuletzt Demos gegen steigende Mieten. Die sich in Europa entwickelnde Rezession und die große Ansteckungsgefahr für den Rest der Welt, kann dramatische Folgen in China nach sich ziehen. Der KP-Traum von der „harmonischen Gesellschaft“ wird im Jahre 2012 zunehmend explosiven Klassenkämpfen Platz machen, deren Ausmaß nicht zu unterschätzen ist.