Am 27. November kommt es zu einer Volksabstimmung in ganz Baden-Württemberg. Ihr Ausgang ist höchst ungewiss, aber sie wird zu einer entscheidenden Weichenstellung für die weitere Auseinandersetzung.
von Ursel Beck, Stuttgart
S21-GegnerInnen ist bewusst, dass es bei der Volksabstimmung um eine Entscheidungsschlacht geht. Auch wenn klar ist, dass das undemokratische Quorum von einem Drittel der Wahlberechtigten für den Ausstieg so gut wie nicht gewonnen werden kann, ist es alles andere als egal, wie sich die abgegebenen Stimmen auf Gegner und Befürworter verteilen.
Die Kampagne für ein "Ja" zum Ausstieg hat begonnen
Entscheidend ist eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen in Stuttgart und möglichst auch im Land. Um dieses Ziel zu erreichen, legt das "Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21" und viele im Widerstand aktive Gruppen, wie Parkschützer, Stadtteilinitiativen, Gewerkschafter gegen S21, Jugendoffensive, Schwabenstreich-Gruppen einen Zahn zu im Widerstand gegen das Milliardengrab. Darüber hinaus hat sich ein landesweites Bündnis gebildet, dem unter anderem die Grünen, DIE LINKE, der BUND und der DGB Baden-Württemberg angehören. Erfreulicherweise kann sich die Kampagne auf sehr viele AktivistInnen mit einer ungeheuren Kreativität, Phantasie, Entschlossenheit und hoher Opferbereitschaft in puncto Zeit und Geld stützen. Dazu kommt: Noch immer – und trotz vorübergehendem Baustopp – beteiligen sich Montag für Montag um die 5.000 überzeugte S21-GegnerInnen an der Montagsdemo.
Waffengleichheit?
Von Waffengleichheit zwischen Befürwortern und Gegnern bei der Volksabstimmung kann keine Rede sein. Hinter Stuttgart 21 steht das Kapital. Und im Kampf um milliardenschwere Profite können pro-blemlos ein paar Millionen locker gemacht werden, um Anzeigen zu schalten, Werbeagenturen zu finanzieren und Lügen auf teuren Großflächenplakaten oder in Fernsehspots zu verbreiten. Die Tunnelparteien haben im Stuttgarter Regionalparlament eine Million aus der Verkehrsrücklage zweckentfremdet, um jeden Stuttgarter Haushalt mit Pro-21-Propaganda zu bedienen.
Und die Medien?
Die herrschende öffentliche Meinung ist im Kapitalismus die Meinung der Herrschenden. Und die Pressefreiheit ist nichts anderes als die Freiheit der kleinen Minderheit von Reichen. In Stuttgart hat diese Pressefreiheit den Namen Richard Rebmann. Er ist Verleger und steht hinter den beiden Stuttgarter Lokalzeitungen und vielen anderen Zeitungen im Land. Und er ist über mehrere Kanäle direkt mit S21 verfilzt. Die S21-Mafia betreibt ihre Propaganda-Kampagne nach dem Motto: noch dreister Lügen und mit noch mehr Dreck schmeißen. Dazu gehört auch, dass Lügen in Polizeiberichten unhinterfragt abgedruckt werden. Die weitere Kriminalisierung des Widerstands ist Teil der Kampagne der S21-Befürworter.
Der Widerstand gegen S21 hat die Frage der Medien immer wieder diskutiert. Inzwischen gibt es mit der Zeitung „einundzwanzig" und „Kontext" Ansätze für Zeitungen unabhängig von Kapitalinteressen. Und natürlich ist das Internet ein Vorteil für die Bewegung. Nicht umsonst konzentriert sich die Staatsanwalt darauf, filmende AktivistInnen mit Hausdurchsuchungen und völlig unhaltbaren Strafanzeigen einzuschüchtern.
Dennoch zeigt die Volksabstimmung, dass es notwendig ist, die Medien unter demokratische öffentliche Kontrolle zu bringen. Dazu gehört auch, die Pressezaren zu enteignen. Das wäre auch ein wichtiger Beitrag zur Befreiung der JournalistInnen, die in ihrem kürzlichen Streik nicht nur für eine bessere Bezahlung, sondern auch gegen den von den Chefetagen diktierten „Billigjournalismus" ankämpften.
Ursel Beck ist aktiv in der Initiative "Cannstatter gegen Stuttgart 21" und Sprecherin des Ortsverbandes DIE LINKE Bad Cannstatt
Weitere Infos unter: www.ja-zum-ausstieg.de
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21.11. 100. Montagsdemo
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