Das ist die Forderung, mit der seit Juni dieses Jahres mehrere tausende SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und Beschäftigte gegen die chilenische Schulpolitik protestieren.
Der Großteil der Bevölkerung kann sich kein Universitätsstudium leisten. Das Bildungssystem wird dominiert von privaten Schulträgern und ist daher für Viele unbezahlbar. Bildung ist auch in Chile eine Klassenfrage.
Seit drei Monaten demonstrieren zahlreiche Menschen gegen die ungerechte Schulpolitik und die Proteste nehmen kein Ende. Doch wie sieht die derzeitige Schulpolitik in Chile aus und was sind die Forderungen der Protestbewegung? Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gab heraus, dass in Chile nahezu die höchsten Bildungskosten weltweit herrschen. Ca. 17% des jährlichen Budgets der Universität von Chile werden vom Staat finanziert. Den Rest müssen die Studierenden selbst tragen, weshalb viele mit einem Schuldenberg von knapp 42.000 Euro ins Berufsleben starten. Der Zentralstaat ist folglich nicht mehr für die Finanzierung des Bildungswesens zuständig, sondern die Kommunen, die sich keine freie Bildung für Alle leisten können. Die Forderungen der Protestierenden sind daher freie Bildung für jedeN, die Verstaatlichung aller Bildungsträger, das Mitreden bei der Neugestaltung des Bildungssektors und das Ende mit einem Schulsystem, bei dem die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht.
Repression
Der Präsident Sebastián Piñera weist die Forderung nach kostenloser Bildung zurück. Nach fehlgeschlagenen Versuchen die SchülerInnen, Studierenden und LehrerInnen mit unzureichenden Vorschlägen zur Verbesserung des Bildungssektors zu besänftigen, reagiert er mit Repressionen. Seine Ankündigung, den streikenden LehrerInnen keinen Lohn mehr zu zahlen und das laufende Schuljahr nicht anzurechnen, zeigten keine Wirkung. Auch der Versuch die Proteste zu verbieten hinderte die Menschen nicht daran auf die Straße zu gehen. Ganz im Gegenteil: All die Versuche die Protestbewegung durch Drohungen und Unterdrückung auseinanderzutreiben, bewirkten eine immer stärker werdende Protestwelle. Die SchülerInnenbewegung solidarisierte sich mit dem Streik der KupferminenarbeiterInnen am 11. Juli. Die Idee entstand, die Kupferminen zu verstaatlichen um mit dem Gewinn kostenlose Bildung zu finanzieren. Am 5. August besetzten rund 200 DemonstrantInnen den Fernsehsender Chilevision. Dieser Universitätskanal gehörte bis 2010 Piñera und dient nun den Schülern als eine Art Infoprogramm für die Demonstrationen und als Vermittlung von den Neuigkeiten der Protestbewegung. Am 13. August protestierten ca. 150.000 Menschen in Santiago de Chile gegen die Bildungspolitik. Es kam zu massenhaften Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Protestierenden. Brennende Barrikaden behinderten den Berufsverkehr und Autos wurden angezündet – Ein eindeutiges Zeichen dafür, in welcher verzweifelten Situation sich die SchülerInnen und Studierenden derzeit befinden. Die Polizei reagierte mit rund 1900 Festnahmen.
Studierende und Arbeiterklasse kŠmpfen gemeinsam
Am 24. und 25.9 fand die Bewegung Unterstützung vom Gewerkschaftsverband CUT. Mit einem 48 Stunden- Generalstreik erklärten sich 10.000 Arbeiter solidarisch mit den SchülerInnen. Behörden blieben geschlossen, Menschenketten wurden gebildet, eine Reihe von Demos fanden statt und Barrikaden wurden errichtet. In der Hafenstadt Puerto Montt protestierten 20.000 Menschen und 70 Schiffe formierten sich, um ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen. Doch die Forderungen der Menschen gingen über den Bildungssektor hinaus. Steuersenkungen, höhere Renten und eine bessere Arbeitsrechtsreform wurden gefordert. Neben unzähligen Festnahmen hat die Polizei einen 16-jährigen Jungen während des Generalstreiks erschossen. Ein weiterer schwebt in Lebensgefahr.
Verhandlungen?
Die Regierung schwankt zwischen Zugeständnissen und massiver Repression hin und her. Eine Strategie zur Steigerung der Proteste ist notwendig. Verhandlungen mit einer Regierung der Reichen, die genug Bildungsprofiteure in ihren Reihen hat, werden selbst wenn einige Zugeständnisse erreicht werden, nicht zur Erfüllung der Forderungen führen. In der Bewegung gibt es wegen der Erfahrungen mit etablierten Parteien eine Anti-Parteien-Stimmung. Dennoch stellt sich die Frage einer politischen Alternative für die Bewegung.
Socialismo Revolucionario, die Schwesterorganisation der SAV, ist von Anfang an bei der Bewegung dabei. Sie argumentiert für eine sozialistische Alternative zum heutigen System. Auf der Grundlage einer Massenbewegung, die von unten demokratisch organisiert und kontrolliert wird, könnte eine revolutionäre Verfassungsgebende Versammlung erkämpft werden, welche die ArbeiterInnen und Armen repräsentiert. Svenja