CFM-Streik: Kein Grund zum Feiern für die Geschäftsführung

Vorstellung des „Schwarzbuches CFM“, Solidaritätserklärung vom Vivantes-Klinikum und Protest auf dem Mitarbeiterfest am Ende der ersten Streikwoche


 

Am fünften Tag des Streiks bei der Charité-Tochter wurde das „Schwarzbuch CFM“ vorgestellt. Anschließend gingen die Streikenden in einer Demonstration vom Standort Charité Campus Mitte (CCM) zum Charité Virchow Klinikum (CVK), um der Streikwoche einen krönenden Abschluss zu geben und deutlich zu machen: ohne einen Tarifvertrag auf Charité-Niveau gibt es nichts zum Feiern.

von René Kiesel, Berlin

Während die Sonne um sechs Uhr langsam über Berlin aufgeht, stehen an den drei Standorten der Charité die Streikposten bereits eine Stunde an den Eingängen im kalten Wind. Zum fünften Mal warten sie auf die Kolleginnen und Kollegen, die ihre Frühschicht antreten und versuchen, sie zu überzeugen, sich am Streik zu beteiligen.

Während einige draußen stehen bleiben, gehen andere direkt an die Arbeitsstätten und über die Stationen, um Gespräche mit denjenigen zu führen, die schon an der Arbeit sind. Wie in den letzten Tagen auch, gelingt es, aus den einzelnen Bereichen weitere Streikende zu gewinnen oder die Vorarbeit für eine Streikteilnahme in der nächsten Woche zu leisten.

Schwarzbuch CFM ist erschienen

Um neun Uhr ging es gemeinsam zur täglich stattfindenden Streikkundgebung, auf der täglich die Informationen über den Ablauf des Tages an die Streikenden mitgeteilt werden. An diesem Tag gab es dort bereits den ersten Höhepunkt, denn das „Schwarzbuch CFM“ wurde von den Mitautoren Maik Sosnowsky und Sascha Stanicic vorgestellt, das von ver.di Berlin und dem Solidaritätskomitee herausgebracht wurde. Dort sind auf 69 Seiten die miserablen Arbeitsbedingungen der KollegInnen im Betrieb aufgelistet und ebenso Berichte, in welchen Bereichen (Arbeitszeit, Lohn etc.) besonderer Notstand herrscht. Es ist zugleich eine Chronik des zweiwöchigen Streiks vom Mai dieses Jahres.

Solidarität aus dem Vivantes Klinikum

Thomas Pottgießer, Vorsitzender der ver.di-Betriebsgruppe am Urban-Krankenhaus, das zum Vivantes-Konzern gehört, trat um zwölf Uhr ans Mikrophon, um den CFM-Beschäftigten seine Solidarität auszusprechen. Diese übte er auch praktisch, im Gegensatz zu den Lippenbekenntnissen der PolitikerInnen.

Katrin Lompscher, Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz und stellvertretende Landesvorsitzende von DIE LINKE. Berlin, sprach am Dienstag auf einer Demonstration davon, dass die Zustände bei Vivantes, wo sie im Aufsichtsrat sitze, besser seien. Thomas Pottgießer wies darauf hin, dass auch bei den in Vivantes ausgegliederten 18 Tochterfirmen ein tarifloser Zustand herrscht und nur in zwei dieser Firmen gerade überhaupt Tarifverhandlungen stattfinden.

Vom Mitarbeiter- zum Protestfest

Getreu nach dem Motto „Brot und Spiele“, nach dem schon die römischen Imperatoren herrschten, richten die Managements der CFM und Charité jährlich ein Mitarbeiterfest aus. In bester Gutsherrenmanier will die Führungsebene, dass die Beschäftigten bei Bier-, Bratwurst und Tombola das Unternehmen feiern, während sie unter Niedriglöhnen, Arbeitshetze, befristeter Anstellung und Schikanen der Vorgesetzten ihr Dasein fristen.

Nicht umsonst wurde diese Heuchelei von fast allen MitarbeiterInnen beider Betriebe in den letzten Jahren konsequent ignoriert und boykottiert. Jedoch nicht in diesem Jahr. Es wurde dazu aufgerufen, das Fest in diesem Jahr zum ersten Mal ganz im Sinne der KollegInnen zu gestalten und es zu einem „Fest des Protests und der Solidarität“ zu machen.

Protest: gegen die Haltung der Geschäftsführung. Und Solidarität zwischen den CFM-Angestellten, den Gestellten (bei der Charité angestellt, aber an die CFM „verliehen“) und den Pflegekräften der Charité.

Um 12:30 Uhr formierte sich ein Demonstrationszug mit 200 KollegInnen vom Standort in Mitte und zog unter lautstarken Sprechchören und Pfeifen zum Standort im Stadtteil Wedding. Dort angekommen, schwärmten noch einmal Teams aus, um über die Stationen zu gehen und die Frühschicht zu mobilisieren, nach dem Feierabend zum Fest zu kommen.

Sicher hatte sich das Management ihr Mitarbeiterfest anders vorgestellt, als die Streikenden ihre Forderungen kundgebend den Festplatz betraten. Niemand von ihnen ließ sich dort blicken. Sogar die Reden der Geschäftsführer fanden nicht zu den auf der Einladung angegebenen Zeiten statt – das zu erwartende Pfeifkonzert wollten die Herren sich dann wohl nicht abholen.

Ver.di-Aktivist und SAV-Mitglied Stephan Gummert sprach nach einem Protestsong vor der Bühne zu den Anwesenden und verkündete, dass weitere Provokationen von der Geschäftsführung nicht mehr hingenommen würden. In der nächsten Woche befindet sich das Streiklokal im Virchow Klinikum. Den streikenden Angestellten wurde beispielsweise untersagt, ihr Lokal in der Halle einzurichten, die schon im Streik 2006 und im Mai 2011 dazu diente. Dies ist nur ein weiterer Affront gegen die Beschäftigten, die das nicht wort- und tatenlos hinnehmen werden. In eigener Sache verkündete Gummert, dass die „Toleranz von unserer Seite aus ab jetzt beendet sei.“

Ein gelungener Abschluss der ersten Streikwoche.

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