aus dem Buch: Der Spanische Bürgerkrieg 1936-1939
Am 17. Juli 1936 um 22 Uhr erhält Benjamin Balboa, Unteroffizier der spanischen Kriegsmarine, den Aufruf zum faschistischen Aufstand. Er soll den Text Francos an sämtliche Kommandanten der Armee und Marine weiterleiten. Anstatt das zu tun, setzt sich Balboa um 1 Uhr Nachts mit den spanischen Kriegsschiffen im Mittelmeer in Verbindung. Er fordert die Matrosen auf, unverzüglich die Offiziere zu überwältigen und sich der Schiffe zu bemächtigen. Und tatsächlich übernehmen die Matrosen die meisten Schiffe der spanischen Flotte. Der Anführer des faschistischen Aufstandes, General Franco, kann deshalb nicht mehr ungehindert mit seinen Truppen von Marokko auf das spanische Festland übersetzen. Der offene Kampf der ArbeiterInnen und BäuerInnen gegen den Faschismus hatte damit begonnen. Der eigentliche Startschuss zum Krieg zwischen Fortschritt und Reaktion war aber bereits viel früher gefallen.
Die Rückständigkeit Spaniens
Bereits Mitte des 19.Jahrhunderts kam es zu den ersten großen ArbeiterInnenaufständen in Spanien, die schließlich im Generalstreik der katalonischen TextilarbeiterInnen gipfelten. Um die Jahrhundertwende war Spanien noch eine industriell unterentwickelte Nationen. Über 70% der arbeitenden Bevölkerung waren in der Landwirtschaft beschäftigt. Die LandarbeiterInnen lebten in ärmsten Verhältnissen und jeder Versuch ihre Lebensbedingungen zu verbessern wurden von den Großgrundbesitzern blutig niedergeschlagen. Zur Bewirtschaftung der Äcker standen den KleinbäuerInnen und LandarbeiterInnenn nur primitive Hilfsmittel zur Verfügung. Sie unterschieden sich nur geringfügig von den Geräten, die bereits im Mittelalter benutzt wurden. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Spanien die niedrigsten Hektarerträge von ganz Europa hatte. Die Ländereien waren in den Händen weniger Großgrundbesitzer und einer davon war die katholische Kirche.
Die breite Schicht der am Land lebenden Bevölkerung war völlig besitzlos und verarmt. Die sozialen Gegensätze waren enorm. Eine Landreform, die das Land ein wenig aufteilen wurde, gab es nicht und war auch nicht in Aussicht. Mit der Industrie sah es auch nicht viel besser aus. Sie war auf einige wenige Zentren beschränkt und die Schlüsselindustrie zum größten Teil in der Hand des ausländischen Kapitals. Am Weltmarkt spielte Spanien eine untergeordnete Rolle. Die einzigen Güter die Spanien im Tausch gegen industrielle Fertigprodukte anbieten konnte, waren Agrarprodukte und Bodenschätze, die teilweise aus den Kolonien in Übersee stammten.
Die ArbeiterInnenorganisationen
Trotz der industriellen Rückständigkeit wuchsen zwei unterschiedliche Äste der spanischen ArbeiterInnenbewegung heran – der Sozialismus und der Anarchismus. Beide hatten ursprünglich die gleichen Wurzeln: die ehemalige Sektion der 1864 gegründeten I. Internationale. In den meisten Ländern setzte sich der Sozialismus gegen den Anarchismus als führende Kraft der ArbeiterInnenbewegung durch. Anders im rückständigen Spanien. Wie es dazu kam ist schnell erklärt: Sowohl die SozialistInnen wie auch die AnarchistInnen waren gemeinsam in der I. Internationale. Nach heftigen Auseinandersetzungen unter anderem über die Organisationsform (Partei oder nicht), verließen schließlich die AnarchistInnen um Bakunin die I. Internationale und es kam zur Spaltung. Die AnarchistenInnen riefen zum Wahlboykott auf, sprachen sich gegen den Kampf für Sozialreformen aus und lehnten es ab, sich in Form einer Partei zu organisieren. Ihre Stärke war ihre große Verankerung in den regionalen Basisgewerkschaften. So entwickelte sich eine spezifische Gewerkschaftsbewegung, der "Anarcho-Syndikalismus". Die Eckpfeiler dieser Mixtur aus der anarchistischen Theorie und dem französischen Gewerkschaftssyndikalismus sind: Wahlboykott, Kampf für den Sturz des Staates und aber nicht für Sozialreformen sowie die unantastbare Unabhängigkeit und Neutralität der Gewerkschaften von Parteien.
Die kleine Gruppe von SozialistInnen, die nach der Spaltung übrig blieb, gründete 1879 die Sozialistische Partei Spaniens, PSOE, die vorläufig noch im Untergrund tätig war. Im Gegensatz zu den AnarchistInnen kämpfte die PSOE für Sozialreformen und beteiligte sich an den Wahlen mit eigenen KandidatInnen. In Spanien aber standen Wahlbetrug durch Manipulation oder Bestechungen auf der Tagesordnung. Das nützte natürlich der anarchistischen Argumentation für einen generellen Wahlboykott. Noch immer gab es keine überregionalen Gewerkschaften. Darum gründeten die Mitglieder der Sozialistischen Partei gegen Ende des 19. Jahrhunderts den sozialistischen Gewerkschaftsdachverband UGT. Die Mehrheit der Industrie- und LandarbeiterInnen war aber noch in den regionalen anarchistischen Gewerkschaften organisiert. Erst am Beginn des 20. Jahrhunderts begannen die ArbeiterInnenInnen vermehrt in die UGT und die PSOE zu einzutreten. Das kam, weil sich die UGT immer öfter an die Spitze von Streikbewegungen stellen konnte. Ein Beispiel dafür ist der Metallarbeiterstreik in Bilbao, der der UGT ein festes Standbein im Baskenland einbrachte. Nach der großen Streikwelle von 1917 und 1918 hatte die UGT schließlich 200.000 Mitglieder. Bald darauf wurde von den katalanischen AnarchistInnen die syndikalistische Gewerkschaftsorganisation CNT gegründet. In der CNT verbanden sich die einzelnen regionalen anarchistischen Gewerkschaften zu einem nationalen Verband. Von Anfang an war die CNT einer weit stärkeren staatlichen Unterdrückung und Verfolgung als die UGT ausgesetzt.
Nach der erfolgreichen Revolution in Russland und der Gründung der III. Internationale, stellte sich auch für die spanischen ArbeiterInnenorganisationen die Frage, der III. Internationale bzw. der "Roten Gewerkschaftsinternationale" (RGI) beizutreten. Innerhalb der PSOE löste die Diskussion über einen Beitritt zur III. Internationale einen heftigen Streit aus. Auf dem dritten außerordentlichen Parteitag der PSOE wurde nur mit knapper Mehrheit ein Beitritt abgelehnt. Die Befürworter unterwarfen sich diesem Entschluss aber nicht. Sie gründeten die Kommunistische Partei Spaniens, PCE, und nahmen fast die Hälfte der Funktionäre der PSOE mit zur PCE. Bald sollte die Kommunistische Partei Verstärkung aus den Reihen der CNT bekommen. Die CNT entschied sich vorerst für einen Beitritt der RGI. Aber nach den Ereignissen von Kronstadt zog die CNT ihren Entschluss zurück und trat doch nicht bei. Nur ein kleiner Teil der CNT, darunter befanden sich auch Andres Nin und Joaquin Maurin, trat daraufhin in die neu gegründete PCE über. Von einer Massenpartei war die PCE noch weit entfernt.
Der Putsch des Generals Primo de Rivera und die 2. Republik
Aus Angst, die Kontrolle über das Land zu verlieren, unterstützten die Bürgerlichen 1923 einen Putsch des konservativen Generals Primo de Rivera. Das Parlament wurde aufgelöst und Rivera stellte sich an die Spitze des Staates, um mit der Unterstützung des Königs zu regieren. Zwei Jahre regierte er unumschränkt dann ernannte er sich zum Ministerpräsident. Seine Regierungsziele fanden die Unterstützung des Adels und des Bürgertums. Die ArbeiterInnenorganisationen wurden verboten und ihre Mitglieder brutal verfolgt. Die sozialdemokratische Gewerkschaft "tolerierte" den Putsch und entzog sich so der Verfolgung während die AnarchistInnen und KommunistInnen im Untergrund arbeiteten. 1930 hatte Primo de Rivera ausgedient – seine Diktatur war nicht mehr haltbar. Er wurde vom König und den Großgrundbesitzern abberufen. In einem letzten Hilferuf setzte der König den General Damaso Berenguer als de Riveras Nachfolger ein – vergeblich. Nach den Wahlen musste nun schließlich auch der König seinen Hut nehmen und abdanken. Am 14. April 1931, nach einem überwältigenden Wahlsieg der republikanischen Parteien wurde die Republik ausgerufen. Es kam zu einer Koalition zwischen den Liberalen und der Sozialdemokratie. Aber die Bürgerlichen besetzten die wichtigsten Ämter; so wurde Zamora Präsident der Republik. Es kam zu einer Koalition zwischen den bürgerlichen Liberalen und den Sozialdemokraten. Aber die Bürgerlichen besetzten die wichtigsten Ämter des Staates; so wurde Alcala Zamora Präsident der Republik.
Zu diesem Zeitpunkt war die III. Internationale bereits von Stalin ihrer revolutionären Funktion beraubt. Sie diente der Kreml-Bürokratie nur mehr als Instrument für ihre konterrevolutionäre Außenpolitik. 1931 verbreitete Moskau gerade die Theorie des "Sozialfaschismus". Kurz gefasst besagt sie, dass die Sozialdemokratie nur eine besondere Facette des Faschismus sei. Damit sind aber auch alle SozialdemokratInnen Faschisten und jedes Bündnis mit ihnen abzulehnen. Aus diesem Grund wurde in Spanien ganz im Sinne der Moskauer Bürokratie die Regierung mit sozialdemokratischer Beteiligung als eine "faschistische" bezeichnet. Interessant ist dabei nur, dass sowohl die Sozialdemokratie wie auch die bürgerlichen Republikaner fünf Jahre später zu den engsten Verbündeten von Stalins Lakaien im Kampf gegen die revolutionären ArbeiterInnen wurden. Inzwischen war aber eine Gruppe aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen worden. Es waren dies die Anhänger der "Linken Opposition". Sie verteidigten das Erbe der Bolschewiki gegen Stalins Politik. Unter den Ausgeschlossenen befand sich auch Andres Nin, ein Mitbegründer der PCE und langjähriger Sekretär der Roten Gewerkschaftsinternationale.
Auch Juan Andrade, einer der wichtigsten Jugendfunktionäre Spaniens wurde aus den Reihen der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. Sie gründeten daraufhin die Izquierda Comunista (Kommunistische Linke). Sie hatte zwar im Süden so gut wie keinen Einfluss, war aber dafür im Nordosten ein Faktor.
Die Revolution geht weiter
Die ArbeiterInnen hatten sich nach dem Ende der Diktatur mehr von der Republik erwartet. Die verlangten Land- und Sozialreformen blieben fast gänzlich aus. Die Monarchie als Staatsform wich zugunsten der Republik, ohne dass die bestehende Gesellschaftsordnung angetastet worden wäre. Das war der "Erfolg" der Republik. Rund zwei Millionen LandarbeiterInnenInnen blieben weiterhin besitzlos, während sich zirka 50.000 Großgrundbesitzer den Boden Spaniens untereinander aufteilten. Kaum Veränderungen brachte die Republik für die Bevölkerung der Kolonie Marokko. Für sie gab es nach wie vor keinerlei demokratische Rechte, sie wurde weiterhin mit der gleichen grausamen Härte der Fremdenlegion unterjocht.
Noch im April verkündete der neue Präsident Alcala Zamora, selbst ein Großgrundbesitzer, die Republik als Folge einer "friedlichen Revolution". Bereits im August trieb die Regierung tausende streikende ArbeiterInnen unter Artilleriebeschuss zurück an ihre Arbeitsplätze. Für wen die Republik stand und für wen nicht zeigte sich so früher als gedacht. Im Mai 1931 kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen Monarchisten und ArbeiterInnenn in Madrid. Im Juli und August legte eine Streikwelle einen Teil des Landes lahm. Der Generalstreik in Sevilla wurde gewaltsam durch Regierungstruppen niedergeschlagen. Bei den Wahlen im Juni ging die PSOE als größte Partei hervor. Der bürgerliche Manuel Azana wurde Ministerpräsident. 1932 spitzte sich die Lage weiter zu: Streiks und Aufstände, die in Katalonien bis zur Unabhängigkeitserklärung gingen.
Innerhalb der Armee sammelten sich die konservativen Kräfte. Die Mehrheit der Offiziere und Armeeführung waren Monarchisten, gegen die Republik und erklärte Feinde der ArbeiterInnen. Die Offiziere, oft aus den Familien der Großgrundbesitzer stammend, gehörten zur privilegierten Oberschicht Spaniens. Sie sahen durch die Forderungen der ArbeiterInnen und BäuerInnen ihre Vorrechte, die sie seit Jahrhunderten genossen, in Gefahr. Als Reaktion auf die revolutionären ArbeiterInnen erhob sich ein Teil der Armee unter General Sanjuro gegen die Republik. Der Putsch misslang. Innerhalb der Kommunistischen Partei löste dieser Putschversuch aber einen heftigen Streit aus. Ein Teil der Partei hatte zur Verteidigung der bürgerlichen Republik aufgerufen. Das entsprach aber damals noch nicht der offiziellen "ultralinken" Linie Moskaus, die ohnehin alles außer der KP selbst als faschistisch bezeichnete. Erst drei Jahre später auf dem VII. Kongress der III. Internationale kam die Kehrtwendung Stalins die die KP dann rechts von der Sozialdemokratie positionierte – zur Volksfront. Alles außer den Faschisten selbst wurde dann plötzlich zum "antifaschistischen" Bündnispartner. Die Direktiven, welche die Kommunistische Partei aus Moskau erhielt, waren eindeutig: Die Gruppe, die zur Verteidigung der Republik aufrief, hatte sich des Opportunismus schuldig gemacht. Auf dem Parteitag 1932 wurden sie aus der Partei ausgeschlossen. Die meisten Ausgeschlossenen waren hohe Funktionäre, darunter Jose Bullejos, Generalsekretär der Partei. Nun war es die Gruppe um Jose Bullejos, die noch ein paar Jahre zuvor am heftigsten gegen die Linke Opposition kämpfte und ihre Ausschlüsse forderte. Zum Zeitpunkt des Putschversuches durch das konservative Militär wurden die bürgerlichen Republikaner noch alle als "Faschisten" bezeichnet. Ein paar Jahre später präsentierte sich der Moskauer Apparat dann als die großen Verbündeten der ArbeiterInnen und BäuerInnen. 1932 führte die Unterstützung der Republik noch zum Ausschluss hoher Parteifunktionäre. 1935 nach der 180 Grad Wendung zur bedingungslosen Unterstützung der bürgerlichen Republik war keine Kritik am neuen Kurs Moskaus mehr zu hören.
Der Aufstand vom Oktober 1934
Die Wahlen im April 1933 brachten große Gewinne fr die rechten Parteien. Alejandro Lerroux, Führer der rechten "Radikalen Partei", löste Azana als Ministerpräsident im September ab. Die AnarchistInnen hatten wieder ihre Parole von der Wahlenthaltung ausgegeben und die große Mitgliedschaft der CNT ging nicht zur Wahl. Das Resultat dieser Politik lies nicht lange auf sie warten: Kaum im Amt, begann Lerroux bereits offen Reformen zu widerrufen. Im Oktober 1934 bildete Lerroux gemeinsam mit den Mitgliedern der offen rechtsextremen Partei CEDA von Gil Robles eine neue Regierung. Die Rechte ging in die Offensive.
Die spanischen ArbeiterInnen und ihre Organisationen waren fest entschlossen, dieser Gefahr auch mit Waffengewalt entgegenzutreten. Eine Niederlage der ArbeiterInnenklasse wie in Italien, Deutschland oder Österreich sollte auf jeden Fall verhindert werden. Die Aufnahme der CEDA in die Regierung wurde von vielen als Anzeichen einer kommenden faschistischen Diktatur gesehen. Um diese Regierung zu stürzten riefen die großen Gewerkschaften in der Provinz Asturien zu einem Aufstand auf. Am 4. Oktober begann der Aufstand und es bildete sich die so genannte "Asturische Kommune". Die Fabriken und die Felder wurden enteignet und gemeinschaftlich geführt und bestellt. Zur Verwaltung wurden Komitees gewählt und alles stand unter dem Zeichen "Unios Hermanos Proletarios!", was soviel heißt wie: Vereinigt Euch proletarische Brüder! Geleitet wurde der Aufstand hauptsächlich von den Gewerkschaften, den Sozialdemokraten und den AnarchistInnen. Die KommunistInnen unterstützten den Aufstand erst in letzter Sekunde. Der Grund dafür liegt auf der Hand: die Beteiligung der Sozialdemokraten an der Asturischen Kommune. Die Weisungen der Moskauer Bürokratie über die Komintern waren unmissverständlich gegen jegliche Zusammenarbeit zwischen KommunistInnen und Sozialdemokratie. Sie waren ja – laut Stalin – einfach "Sozialfaschisten".
Begleitet wurde der Aufstand in Asturien von einem Aufruhr in Katalonien, den die bürgerlichen Nationalisten unter Louis Companys anführten. Sie riefen in Katalonien eine unabhängige Republik aus und bildeten in Barcelona eine provisorische Zentralregierung für die neue Föderative Republik Spanien. Die Regierung unter Lerroux setzte nun das Militär ein und rief Francos Fremdenlegion gegen die ArbeiterInnen und BäuerInnen in Asturien zu Hilfe. Franco metzelte den Aufstand blutig nieder. Nach einigen Wochen endete alles mit der Einnahme Oviedos durch Regierungstruppen – geleitet von Franco. Die schreckliche Bilanz: Bei Vergeltungsmaßnahmen wurden 5.000 revolutionäre ArbeiterInnen ermordet, 30.000 verhaftet, sowie alle Volkshäuser, egal ob sie der UGT oder CNT gehörten, geschlossen.
Die Volksfront und der Kriegsausbruch
Lerroux hielt sich aber noch bis zum Jänner 1936 an der Spitze des Staates, bevor er nach einem Finanzskandal und etlichen Korruptionsaffairen zurücktreten musste. Die für Februar ausgeschriebenen Neuwahlen brachten große Gewinne und den Wahlsieg eines Bündnisses (Volksfront) der republikanischen Parteien, darunter auch bürgerliche Republikaner.
Obwohl die ArbeiterInnenparteien den größten Anteil der Stimmen errangen, überließen sie die führenden Ämter wieder einmal den Bürgerlichen und so wurde Azana erneut Ministerpräsident. Innerhalb der Volksfrontregierungen kam es ständig zu personellen Änderungen. Später traten auch PCE und AnarchistInnen in die Regierung ein. Bereits 1927 hatten die AnarchistInnen neben der Gewerkschaft CNT eine politische Organisation mit der FAI geschaffen. Sie war zwar keine herkömmliche Partei, diente aber zur Planung und Organisierung der anarchistischen Bewegung und der CNT. Die ursprüngliche anarchosyndikalistischen Theorie von der alleinigen Organisierung in Basisgewerkschaften hatte der Praxis des Klassenkampfes nicht Stand gehalten. In der FAI bildeten sich zwei in den 30er Jahren zwei Flügel heraus. Ein Rechter unter dem späteren Justizminister der Volksfront Garcia Oliver, der sich schließlich auch in der FAI und CNT durchsetzte. Und dann ein linker Flügel unter Durutti, der den Ausbruch des Krieges in eine soziale Revolution vorantrieb.
Die Regierungsbeteiligung markierte schließlich den Wendepunkt der bisherigen Politik beider Parteien. Vor allem bei den AnarchistInnen. Eben hatten sie sich eben noch geweigert an Wahlen teilzunehmen. Jetzt koalierten sie sogar mit den Bürgerlichen. Eines aber hatten alle kommenden Volksfrontregierungen gemeinsam: Sie weigerten sich mit Händen und Füßen den BäuerInnen Land, Marokko die Unabhängigkeit und den ArbeiterInnenn die politische Macht zu geben. Aber genau das war es wofür die spanischen ArbeiterInnen und BäuerInnen letztendlich dann auch kämpften und um was sie betrogen wurden. Von nun an ging es Schlag auf Schlag. Kurz nach der Wahl rief der faschistische General Mola zum Militärputsch gegen die Regierung auf. Vorerst schien es, als blieb dieser Aufruf ungehört. Aber Franco, der nach dem Wahlerfolg der Republikaner auf die Kanarischen Inseln versetzt wurde, wartete nur mehr auf einen Anlass, um losschlagen zu können.
Anfang Juli tauchte erneut Putsch-Gerüchte auf. Der neue Ministerpräsident glaubte nicht daran. Er behauptete: "Mola ist ein der Republik getreuer General!". Wie loyal Mola war, hat er ein paar Tage später eindrucksvoll bewiesen als führender Kopf des faschistischen Putsches. Die Tötung des Monarchistenführers Jose Calio Sotelo wurde von den Faschisten als Vorwand für den Putsch genutzt. Am 17. Juli war es soweit, große Teile der spanischen Armeeführung erhoben sich unter der Führung Francos gegen die Regierung. Es ist nicht verwunderlich, dass der Putsch in Marokko begann. Denn dort war die Marokkanische Fremdenlegion stationiert, die bereits im Oktober 1934 zur blutigen Niederschlagung der "Asturischen Kommune" herangezogen wurde.
Die Volksfront stand den Ereignissen völlig machtlos gegenüber. Ministerpräsident Quiroga verweigerte die Bewaffnung der ArbeiterInnen und BäuerInnen und auch der sonst so radikal schreienden katalonischen Liberalen weigerte sich in Katalonien Waffen an die ArbeiterInnen zu verteilen. Die Faschisten konnten schnell große Gebiete Spaniens unterwerfen und bildeten bereits am 23. Juli eine "nationale" Gegenregierung in Burgos nördlich von Madrid. Noch zuvor hatte der mittlerweile neue Ministerpräsident Martinez Barrio den Generälen Franco und Mola die Posten als Innen- und Verteidigungsminister angeboten. Sie lehnten jedoch ab. All das geschah im Namen der Volksfront, die ab Juli auch offiziell von der KP und den AnarchistInnen unterstützt wurde.
Bevor man/frau Waffen an die ArbeiterInnen und BäuerInnen verteilte, musste die Volksfrontregierung sicher gehen, dass die ArbeiterInnen die Waffen nicht gegen die Bourgeoisie strecken und für eine sozialistische spanische Republik kämpfen würden. Das war die Rolle, die den spanischen ArbeiterInnenparteien und im speziellen der KP zukam.
Milizen, Volksarmee und Interbrigaden
Der "Aufstand" der Generäle führte zunächst zu einer extremen Polarisierung von links. Eines der revolutionären Zentren war die Provinz Katalonien und ihre Hauptstadt Barcelona. Um den Faschisten schnell Widerstand leisten zu können, bildeten die politischen Organisationen eigene Milizen. Die Milizen waren demokratisch organisiert. Frauen und Männer kämpften gleichberechtigt nicht nur gegen den Faschismus, sondern für eine gerechtere, sozialistische Welt. Unterstützung bekamen die spanischen AntifaschistInnen von KämpferInnen aus der ganzen Welt. Ein Teil von ihnen befand sich zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Krieges in Barcelona bei der ArbeiterInnenolympiade. Andere kamen direkt nach Spanien um gegen die Faschisten zu kämpfen. Oft gründeten sie eigene Abteilungen, die Vorform der späteren Interbrigaden.
Hatten die Milizen einen Landstrich von den Faschisten befreit, wurde ein Dorfkomitee gebildet. Darin wurden alle weiteren Entscheidungen demokratisch getroffen. Das Land wurde gerecht aufgeteilt und wie die Betriebe gemeinschaftlich bewirtschaftet. Das war das Rückgrat der Revolution und des Kampfes gegen den Faschismus! Die Hauptstadt der Revolution wurde Barcelona. Die Stadt war vollständig in die Hände der ArbeiterInnenorganisationen übergegangen. Angestellte oder Titel gab es nicht mehr, jeder zollte dem anderen Respekt. Die Kapitalisten flohen entweder oder hielten sich versteckt. Aber es sollte nicht allzu lange dauern, bis die Reaktion mit weitgehender Hilfe der PCE zurückschlagen würde. Sehr bald erkannte die Zentralregierung die Gefahren, die von den Milizen für die bürgerliche Gesellschaftsordnung ausging. Also mussten sie untergraben werden. Auch das wieder eine Aufgabe für Stalins Gehilfen in Spanien.
Schon im Oktober 1936 begann die Unterdrückung der Milizen durch die Gründung der Volksarmee. Die Milizen sollten in die Volksarmee integriert werden. Aber schon bald wurden die Milizen ausgehungert, schließlich teilweise verboten und verfolgt. Einmal in die Volksarmee eingliedert, war auch das soziale Rückgrat der AntifaschistInnen gebrochen. Statt Demokratie, Brüderlichkeit und Gleichheit herrschte wieder militärischer Kommandoton. Die Frauen wurden aus den Kampfverbänden ausgesondert und durften sich nur noch um „klassische“ Bereiche wie Küche, Putzen oder Krankenpflege kümmern. Die kämpfende Frau lag nicht im Interesse Moskaus und der spanischen Volksfront!
Die AusländerInnen wurden ebenfalls in die reguläre Volksarmee eingegliedert. Dazu wurden die Internationalen Brigaden in der Armee geschaffen. Wer aber in die Interbrigaden aufgenommen wurde, hing mehr vom Hauptquartier der PCE, als der antifaschistischen Gesinnung ab. Wer zuvor in der falschen – sprich anarchistischen oder POUM Milizen – gekämpft hatte, hatte nur wenig Chancen für einen Platz bei den Interbrigaden. Und oft wurde die Entscheidung schon im Heimatland der KämpferInnen von der dortigen KP Führung getroffen.
Tausende Arbeiter (Frauen durften ja nicht mehr kämpfen) waren nach Spanien gekommen. Die Komintern zögerte lange, bevor sie im Herbst 1936 anfing, Transporte aus allen Ländern nach Spanien zu organisieren. Der erste große Transport von Kämpfern traf am 13. Oktober im Hafen von Alicante ein. An Bord waren 600 Freiwillige aus nahezu allen europäischen Ländern. Mittlerweile hatten sich die Internationalen Brigaden, wie sich die Kampfformationen nun nannten, in Albacete ein Basislager geschaffen. Dort wurden die "Neuankömmlinge" mit dem Umgang von Waffen vertraut gemacht und den verschieden Einheiten zugeteilt. Aus den ehemaligen Hundertschaften bildeten sich Bataillone, das erste war das Bataillon "Edgar Andre" und etliche weitere folgten. Im Oktober schufen die polnisch sprechenden Freiwilligen das Dombrowski-Bataillon, das bereits kurz darauf seine Feuertaufe bei der großen Verteidigungsschlacht um Madrid am 7. Oktober hatte. Trotz einer gewaltigen Übermacht gelang es den Faschisten nicht, in Madrid einzumarschieren. Der Preis dafür war allerdings hoch; rund ein Drittel der Kämpfer des Dombrowski-Bataillons wurde durch die Kugeln der Faschisten getötet. Obwohl die Internationalen Brigaden erst am 22. Oktober 1936 offiziell als Bestandteil des republikanischen Heeres anerkannt wurden, war ihnen ihr Ruf bereits weit vorausgeeilt. Fortan gab es kaum eine Schlacht, an der nicht die Interbrigaden eine entscheidende Rolle spielten. Sei es bei der Novemberschlacht um Madrid, bei den Gefechten um Cerro de Los Angeles, den Kämpfen um Teruel und Lopera an der Cordoba-Front im Dezember 1936, bei den Schlachten im Jaramatal um Madrid im Frhjahr 1937, in Malaga, Guadalajara oder bei den großen republikanischen Offensiven bei Brunette, Teruel und der Ebro-Schlachten; nie fehlten die Kämpfer der Internationalen Brigaden.
Ausländische Korrespondenten schrieben in Zeitungen von hunderdtausenden freiwilligen roten Spanienkämpfern, die sich in den Internationalen Brigaden vereinigten. Tatsächlich waren es insgesamt rund 40.000 gewesen, die nach Spanien zogen, um die Sache der ArbeiterInnen und BäuerInnen gegen Franco zu verteidigen. Als Ende 1938 der Krieg bereits entschieden war, begann auch der Rückzug der Internationalen Brigaden aus Spanien. Doch wohin sollten ihre Kämpfer gehen. Die meisten konnten nicht mehr in ihre Heimatstaaten zurück, da die Faschisten bereits auf sie warteten. Nachdem sie Spanien verlassen hatten, wurden sie in Frankreich in Lager zusammengepfercht und lebten in Löchern, die sie sich in die Sanddünen gegraben hatten. Später wurden sie an die Nazis ausgeliefert und sofort in Konzentrationslager verschleppt. Aber trotzdem gaben die meisten von ihnen nicht auf und setzten den Kampf gegen die Faschisten im Untergrund weiter. Der Österreicher Leopold Frieml war später Mitorganisator der Widerstandsgruppe im Konzentrationslager Auschwitz, bis er von den Nazis ermordet wurde. Sevek Kirschenbaum aus Polen flüchtete noch vor seiner Auslieferung an die Deutschen nach Paris und organisierte dort mit anderen Spanienkämpfern die Untergrundorganisation "Division Stalingrad". Er starb schließlich in Auschwitz an Typhus. Und so war auch einer der wesentlichsten Organisatoren des Warschauer-Aufstandes ein ehemaliger Spanienkämpfer, Andrezej Schmidt. Er wurde noch vor Ausbruch des Aufstandes von der Gestapo verhaftet, veriet aber trotz schlimmsten Folterungen, an denen er auch starb, nichts an die Nazis.
Der heldenhafte Einsatz und die gelebte internationale Solidarität sind bis heute Vorbild für die ArbeiterInnenbewegung geblieben.
Die POUM
Die POUM, die "Arbeiterpartei der Marxistischen Einheit", entstand im September 1935 aus einer Vereinigung des "Arbeiter und Bauernblocks" und der "Izquierda Comunista", der ehemaligen Sektion der Liga der KommunistInnen Internationalisten (TrotzkistInnen). Aber bereits vor der Gründung der POUM war es zwischen dem Anführer der "Izquierda Comunista", Andres Nin, und Trotzki zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. Nin weigerte sich in die nach links treibende Sozialdemokratie einzutreten. Das taten allerdings zehntausende ArbeiterInnen die offen waren für revolutionäre Ideen. Statt zeitweiliger Kompromisse auf der organisatorischen Ebene machte man/frau dafür welche auf der politischen. Entgegen allen Behauptungen der Stalinisten war die POUM nie "trotzkistisch" war. Trotzki bezeichnete sie später, nach ihrem Eintritt in die Volksfrontregierung endgültig als "zentristisch" also zwischen Reform und Revolution schwankend.
Die stalinistische Reaktion
Natürlich hatte das Erstarken der ArbeiterInnenklasse die paar bürgerlichen Republikaner, die auf Seiten der Volksfront standen, erschreckt. Sie besaßen keine Mittel um die ArbeiterInnenklasse zurückzuschlagen und gegen die Revolution zu mobilisieren; das war die Aufgabe von Stalin, dem Totengräber der russischen und jetzt auch der spanischen Revolution. Stalin warb gerade um die Gunst der französischen und britischen Bürgerlichen und da konnte er eine sozialistische Revolution in Spanien überhaupt nicht brauchen. Er musste seine "Bündnisfähigkeiten" den westlichen Bürgerlichen beweisen und das tat er auf Kosten der spanischen ArbeiterInnen und BäuerInnen. Außerdem hätte eine geglückte spanische Revolution auch Auswirkungen auf die Herrschaft der Bürokratie in der UdSSR gehabt. Denn das wäre unweigerlich ein Signal für die sowjetischen ArbeiterInnen und BäuerInnen gewesen.
Als erstes musste die KP Einfluss auf die Regierung bekommen. Das gelang dadurch, dass die UdSSR, neben Mexiko, die einzige Nation war, die das republikanische Spanien mit Waffen belieferte. Für die Waffen bekam Stalin das spanische Gold und die KP-Beteiligung an der Regierung. Und es sollte nicht lange dauern, bis Stalin Spezialeinheiten seines Geheimdienstes, der GPU, nach Spanien schickte. Die Stalinisten begannen sofort mit der Liquidierung ihrer Feinde; revolutionäre ArbeiterInnen und ihre Anführer – vermeintliche und wirkliche TrotzkistInnen, AnarchistInnen, SozialistInnen. Anstatt die katalonischen Milizen – die "Hausmacht der Regierung" – mit Waffen zu beliefern, wurden die Waffen verwendet, um in Barcelona die Polizei wiederaufzubauen. Stück für Stück wurden die Erfolge der Revolution wieder zurückgenommen. In der Provinz Aragon war nach der Befreiung durch die katalonischen Milizen rund 3/4 des Landes im Besitz der ArbeiterInnen und BäuerInnen übergegangen. Was tat die Volksfront mit ihrem KP-Landwirtschaftsminister Uribe? Sie sandten Regierungstruppen unter dem KP-General Lister, der das Land an die Ausbeuter zurückgab. In Spanien bekämpften Volksfront und KP die vom Volk ausgehende freiwillige Kollektivierung während kurz darauf in der UdSSR die Zwangskollektivierung von ein paar Bürokraten beschlossen wurde.
Anfang 1937 gingen die Stalinisten nun daran die Macht in Barcelona aus den Händen der ArbeiterInnen zu nehmen und sie wieder an die Kapitalisten zurückzugeben. Die Lage spitze sich immer weiter zu. Und als nun schließlich die Regierung die von den AnarchistInnen besetzte Telefonzentrale annektierte brach der Konflikt aus. Straßen- und Barrikadenkämpfe überzogen ganz Barcelona. Schließlich aber kapitulierten die AnarchistInnenführer und nahmen den Verlust der Telefonzentrale hin. Symbolisch für den Wandel, der sich nun in Spanien und vor allem auch in Barcelona vollzog, wurde die rot-schwarze Fahne der AnarchistInnen von der Telefonzentrale entfernt und durch die Nationalflagge ersetzt; Nationalismus statt Sozialismus war die neue Losung. Nach den Maikämpfen wurde auf Drängen der KP die POUM endgültig aus der Volksfront gedrängt, dann verboten und schließlich grausam verfolgt.
Rolle der Westmächte nach Kriegsausbruch
Sofort nach Ausbruch des Krieges verkündeten die Westmächte, vorrangig Frankreich und England, "neutral" zu bleiben. Am 2. August startete die französische Regierung eine Offensive, um die Nichteinmischung zu dokumentieren. Offiziell stimmten alle zu, einschließlich der Deutschen und Italiener. Die Italiener bezeichneten ihre Spanienkämpfer als Freiwillige und erreichten so die Akzeptanz der Westmächte. Bereits im Juli begannen die Deutschen mit dem Aufstellen und Eingriff der "Legion Condor". Condor unterstand dem Befehl der deutschen Luftwaffe und kam dem Wunsch der spanischen Faschisten nach Luftunterstützung durch den Einsatz von Stukas, Aufklärern, Jägern und Bombern nach. Die Deutschen bildeten nebenbei noch die faschistischen Heere aus.
Am 28. März 1939 marschierten die Faschisten in Madrid und Valencia ein, das bedeutete das Ende des BürgerInnenkrieges. Zuvor schon im Jänner 1939, noch zu einem Zeitpunkt, wo die republikanischen Truppen 1/3 Spaniens kontrollierten, erkannten die französischen und britischen Regierungen Franco an. Kurz nach Beendigung der Kriegshandlungen trat der neue "Caudillo" (=Führer), wie er sich anreden zu lassen pflegte, sofort dem Anti-Komintern Pakt bei. Am 6. April 1939 kam es zu einem Siegesappell für die Legion Condor durch Hitler in Berlin. 20.000 Soldaten wurden geehrt im Kampf gegen den Bolschewismus aktiv gewesen zu sein. Aber alles das hinderte Stalin nicht daran im August mit Hitler einen Nichtangriffspakt zu unterzeichnen.
Offiziell beteiligte Spanien sich nicht am 2. Weltkrieg, jedoch schickte Franco als Gegenleistung für die Unterstützung der Deutschen im Spanischen BürgerInnenkrieg die "blaue Division" zur Unterstützung beim Überfall Hitlers auf die ArbeiterInnen und BäuerInnen der Sowjetunion.