Solidaritätskomitee setzt Aktivitäten fort
Nach zwei Wochen Streik im Mai für die Aufnahme von Verhandlungen über einen Tarifvertrag bei der Charité Facility Management (CFM), wird es in dieser Woche die dritte Verhandlungsrunde geben. Die CFM ist der ausgegliederte Dienstleistungsbereich der Universitätsklinik Charité in Berlin, wo Reinigung, Krankentransport, Küche, Wachschutz etc. zusammen gefasst wurden.
von Sascha Stanicic, aktiv im Solidaritätskomitee für die CFM-Beschäftigten
Die VertreterInnen der ver.di-Tarifkommission haben einen Vorschlag für einen Manteltarifvertrag vorgelegt, der sich an dem entsprechenden Teil des Tarifvertrags für die Charité-Beschäftigten orientiert. Bei der Aufstellung der Lohnforderungen wird es für die GewerkschafterInnen komplizierter, denn sie haben selber keinen genauen Überblick über die verschiedenen individuellen Arbeitsverträge, die bei der CFM existieren und versuchen seit Wochen die nötigen Informationen zu sammeln..
Eine Kleine Anfrage des LINKE-Abgeordneten Wolfgang Albers an den Senat hat auch wenig Licht ins Dunkel gebracht. Da heißt es dann auf die Frage nach der Vergütungsstruktur und nach Einhaltung des Mindestlohns: „Die in 2009 im Hauptausschuss dargestellten Grundsätze haben sich nicht geändert, wenngleich Entgeltanpassungen in Abhängigkeit von der Branchenentwicklung erfolgten. Gesetzliche Vorgaben werden von der Charité selbstverständlich eingehalten.“ Dass die Geschäftsleitung allerdings weiterhin auf dem Standpunkt steht, das Berliner Vergabegesetz nicht einhalten zu müssen, weil dieses erst nach Abschluss der Verträge zwischen Charité und CFM beschlossen wurde zeigt sich in einer weiteren Antwort des Senats: „Für die Beschäftigten des Berliner und Brandenburger Wach- und Sicherheitsgewerbes gilt seit Jahresanfang eine Lohnuntergrenze von 6,53 Euro pro Stunde. Die CFM zahlt ihren Wachschützern einen Stundenlohn von 6,55 die Stunde zuzüglich übertariflicher Zeitzuschläge und Zulagen, so dass sich in Summe (Grundlohn + Zuschläge) ein durchschnittlicher Stundenlohn von ca. 6,85 Euro pro Stunde ergibt. Nach Auskunft der Charité hat sich die Geschäftsführung der CFM freiwillig verpflichtet, ab dem 01.06. 2011 im Wachschutz den politisch avisierten Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde umzusetzen, muss die Umsetzung jedoch aktuell vom Ausgang der laufenden Arbeitskampfmaßnahmen abhängig machen.“ Eine interessante Zahl findet sich jedoch in der Beantwortung auf diese Anfrage: in den letzten fünf Jahren hat die Charité durch die Ausgründung der CFM 168 Millionen Euro gespart – auf dem Rücken der Beschäftigten.
Circa ein Drittel der CFM"lerInnen sind so genannte „Gestellte“, also aus der Charité an die CFM entliehene Arbeitskräfte, die nach Charité-Tarifen bezahlt werden. Diese verdienen zum Teil vierzig Prozent mehr als direkt bei der CFM angestellte ArbeiterInnen.
Ziel der Gewerkschaft ist es nun eine Entgelttabelle zu entwickeln, die sich an der Tabelle für die Charité-Beschäftigten orientiert und die über den zur Zeit bei der CFM existierenden höchsten Entgelten liegt.
Das ist auch dringend nötig, um die Belegschaft wieder zu Kampfmaßnahmen zu mobilisieren. Nicht zuletzt die Erfahrung des Charité-Streiks hat gezeigt, dass die Kampfbereitschaft wächst, wenn es um Forderungen geht, die tatsächlich spürbare Verbesserungen bedeuten und für die es sich zu kämpfen lohnt.
Zur Zeit werden befristete Arbeitsverträge nicht verlängert und gleichzeitig versucht der Arbeitgeber sich offensichtlich durch die Einstellung zusätzlicher Leiharbeiter im Kranken- und Wirtschaftstransport, durch die Firma SEMO, auf eine mögliche Wiederaufnahme des Streiks vorzubereiten. Diese LeiharbeiterInnen werden im Falle eines Streiks sicher unter Druck gesetzt, um Streikbrechertätigkeiten auszuüben – was sie aber nach den geltenden Tarifverträgen der Zeitarbeitsfirmen nicht machen müssen!
Druck ausüben scheint eine Spezialität der CFM-Geschäftsleitung zu sein. Mehrere KollegInnen erhielten Abmahnungen aufgrund ihres Verhaltens im Streik. Dagegen werden sich der Betriebsrat und ver.di zu Wehr setzen. Es werden auch Beschäftigte dazu gedrängt, einen Änderungsvertrag zu unterschreiben, der aus einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ein befristetes mit schlechteren Konditionen macht!
Das Solidaritätskomitee für die CFM-Beschäftigten in Berlin setzt seine Aktivitäten fort und wird in dieser Woche ein Flugblatt an die Beschäftigten verteilen. Es werden weiter Unterschriften zur Solidarität mit dem Kampf der Belegschaft für einen Tarifvertrag gesammelt und es ist geplant, gemeinsam mit ver.di ein „Schwarzbuch CFM“ zu erstellen. „Wenn es knallt, knallt es im August“, hieß es beim letzten Treffen des Solidaritätskomitees. Das würde einen Streik in einem mehrheitlich in Landeseigentum befindlichen Betrieb während des Wahlkampfes zum Abgeordnetenhaus bedeuten. Das beinhaltet für die Belegschaft die Chance, diese Auseinandersetzung als das zu führen, was sie ohnehin in Wirklichkeit ist: ein politischer Kampf gegen die Politik der Ausgründungen, Privatisierungen und Lohndrückerei.