Rückbericht vom Linksjugend [`solid]-Bundeskongress
Mit knapp 200 TeilnehmerInnen fand vom 13.-15. Mai in Hannover der 4. Bundeskongress von Linksjugend [`solid] statt. Zeitgleich tagte auch der BuKo des SDS, dem Studierendenverband der LINKEn. Neben langatmigen Satzungsdebatten gab es zahlreiche verschärfte Kontroversen, die eine deutliche politische Polarisierung zwischen den Strömungen und Landesverbänden des Jugendverbandes deutlich machte.
von Sebastian Förster, Dortmund
„Viel böses Blut geflossen“ titelte das der Partei DIE LINKE nahestehende Tagesblatt Neues Deutschland und zitierte damit die Deligierten aus Mecklenburg-Vorpommern, die ihre Enttäuschung über die heftigen Konflikten beim Bundeskongress von Linksjugend [`solid] zum Ausdruck brachten. Tatsächlich war das gesamte Wochenende vor allem von heftigen Zusammenstößen zweier Gruppen geprägt.
Der erste große Kontroverse, die sich über einen halben Tag erstreckte, ging um eine geplante Satzungsänderung des Verbandes. Dem links vom Jugendverband stehenden SDS sollten mehr Eigenständigkeit eingeräumt werden, was die Mehrheit der Landesverbände Bayern, Berlin, Hessen und Sachsen ablehnte. Die Diskussion um die Satzung wurde größtenteils unpolitisch und formal geführt. Dennoch war unübersehbar, was der politische Hintergrund der Debatte war: der angepasstere Teil von Linksjugend [`solid] hatte sich zum Ziel gesetzt hatte, die Befugnisse des SDS nicht zu erweitern. Was ihm angesichts der nötigen Zweidrittelmehrheit auch gelang.
Kontroverse Debatten
Die Lager, die sich bereits bei dieser Debatte gebildet hatten, verfestigten sich im weiteren Verlauf des Kongresses.
Die Deligierten des Landesverbandes von Nordrhein-Westfalen hatten einen Leitantrag mit einem konkreten Arbeitsprogramm eingebracht, der gemeinsam mit Deligierten, die auch bei der SAV sind, entworfen wurde und vor allem aus Hamburg, Schleswig-Holstein und weiteren einzelnen Deligierten Unterstützung bekam. Dieser Antrag, der das weitestgehende Papier des Wochenendes darstellte, wurde mit 80 zu 50 Stimmen und 36 Enthaltungen abgelehnt. Ein alternatives Arbeitsprogramm, was von Mitgliedern des BSPR als Gegenantrag geschrieben wurde, bekam nur 5 Fürstimmen. Der Kongress verabschiedete also keine Arbeitsgrundlage für das nächste Jahr.
Auch in weiteren Diskussionen, vor allem auch beim Thema Regierungsbeteiligung wiederholte sich die Lagerbildung, die sich bereits bei der SDS-Diskussion abzeichnete und bei der der fortschrittlichere Teil des Kongresses in der Minderheit war. Zu einer grundsätzlichen Ablehnung von Koalitionen mit pro-kapitalistischen Parteien konnte so kein Beschluss gefasst werden. Viele TeilnehmerInnen argumentierten offen für eine Regierungsbeteiligung. Andere setzten ihre Hoffnungen in die Formulierung von Mindestbedingungen und Regierungsbeteiligung mit SPD und Grüne „unter bestimmten Voraussetzungen“, wenn z.B. die Kommunikation mit der Parteibasis gut laufen würde. Eine Kritik an der neusten Version des DIE LINKE-Programmentwurfs wurde besprochen, ohne jedoch, dass diese konkret wurde.
Polarisierung zwischen den Landesverbänden
Insgesamt war bemerkbar, dass es eine Neuorganisierung der rechteren Mitglieder verschiedener Landesverbände gibt, die sich unter Anderem an den Positionen der Emanzipatorischen Linken orientieren, am Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) oder tendenziell antideutschen Positionen. Unter dem Deckmantel des BGE soll die Orientierung auf die Arbeiterklasse untergraben werden und ist ein Vorstoß den Jugendverband weiter nach rechts zu Rücken. Das wird neben anderen Vorstößen weiterhin ein Thema bleiben und beim nächsten BuKo verstärkt diskutiert werden.
Positiv war, dass sich der Teil, der für Eingreifen in Bewegungen mit sozialistischen Positionen und für eine Einmischung in die Partei unter anderem mit einer klaren Haltung gegen Regierungsbeteiligung war, mehr gemeinsam über Landesverbände hinweg agierte. Leider gab es noch keine bewusste Herausforderung bei den Wahlen zum BSPR. Es wurde beim Kongress ein BSPR mit sieben Mitgliedern gewählt. Michael Koschitzki von der Basisgruppe Berlin X-Berg und Mitglied der SAV erhielt 40 Stimmen und kam damit nicht in den SprecherInnenrat.
Über die Blöcke hinaus fanden sich jedoch auch Mehrheiten für eine Kampagne zum Thema »Bundeswehr an Schulen« und die Blockade der Afghanistankonferenz in Bonn am 5. Dezember. Zu dem wurde beschlossen, sich an den kommenden Anti-AKW-Protesten zu beteiligen und dabei die Forderung nach dem sofortige Ausstieg die Enteignung der Atomkonzerne nach vorne zu bringen.
Am Ende unterstützte die große Mehrheit der Delegierten den Antrag von Michael Koschitzki und solidarisierten sich mit den CFM-Beschäftigten der Berliner Charité, die unter den Folgen der »rot-roten« Sparpolitik zu leiden haben.