Der Euro und die Banken

Gerettet werden sollen allen voran deutsche Banken


 

Von den „Sorgenkindern“ des Euro-Raums ist die Rede. Hilfe für die „Pleite-Staaten“ sei notwendig – gerade wird ein „Rettungspaket“ von 80 Milliarden Euro für Portugal geschnürt. Aber wem wird dabei wirklich geholfen? Die Bundesregierung hat weniger die portugiesischen Beschäftigten als die deutschen Banken im Blick. Gerade ihre Kredite stehen in Portugal und anderen Ländern auf dem Spiel.

von Michael Koschitzki, Berlin

Deutsche Banken haben Kredite von 28,7 Milliarden Euro an Portugal vergeben, das Fünffache davon an das benachbarte Spanien. Nach Angaben des SPIEGEL vom 14. Dezember 2010 belaufen sich die Auslandsforderungen deutscher Finanzhäuser an Portugal, Spanien, Irland und Griechenland auf insgesamt 388 Milliarden Euro. Wenn es in diesen Krisenländern zu einem Staatsbankrott oder auch nur zu einer Umschuldung (zum Beispiel in Form eines teilweisen Forderungsverzichts, eines sogenannten „haircuts“) kommen würde, müssten die deutschen Banken massive Verluste hinnehmen. Darum sind es gerade ihre Kredite, die mit den Rettungsmaßnahmen abgesichert werden.

Euro-Projekt im Interesse des deutschen Kapitals

Wenn die deutschen Kapitalisten so in der Bredouille stecken, sind sie dann nicht Opfer von Iren und Südeuropäern, die jahrelang „völlig verantwortungslos über ihre Verhältnisse gelebt“ haben? Das hieße, die wahren Täter zu Opfern zu machen. Schließlich waren die Herren in den deutschen Chefetagen die treibenden Kräfte bei der Einführung des Euro. Und sie haben ja auch trefflich verdient.

Selbst das Bundesfinanzministerium stellt auf seiner Website fest: Deutschland ist der größte Nutznießer des Euro! Seit 1999, seit der Schaffung der Euro-Zone, sind die deutschen Exporte um 48 Prozent gestiegen. Die Gemeinschaftswährung hat dazu beigetragen, dass deutsche Waren von Ende 1998 bis Anfang 2010 um zwölf Prozent billiger wurden, während sich die Güter Griechenlands um 13, die Spaniens um 15 Prozent verteuerten. Das hat nichts mit überlegener Ingenieurskunst oder genialen Produkten „Made in Germany“ zu tun, sondern ist vor allem das Resultat verschärfter Ausbeutung – die Reallöhne stagnieren hier seit zehn Jahren.

In dem Maße, in dem die schwächeren Staaten ins Hintertreffen gerieten und sich mehr und mehr verschuldeten, in dem Maße stiegen die Risikoaufschläge bei der Kreditvergabe. Auch das nutzte den deutschen Banken: „Es ist eben ein großer Unterschied, ob man den Kredit für eine Straße, einen Panzer oder einen Rentenzuschuss mit 3,2 Prozent wie in Deutschland oder mit 7,8 beziehungsweise 10,2 Prozent wie in Portugal oder Irland verzinsen muss“ (Westfalenblatt vom 30. März). Eine DGB-Studie schätzt, dass deutsche Banken letztes Jahr sogar 3,6 Milliarden Euro netto an den Risikoaufschlägen verdienten.

Mit dem 500 Milliarden Euro teuren Rettungsschirm beziehungsweise den „Hilfen“ für Griechenland, Irland und jetzt Portugal wird nun das Risiko der Gläubiger weiter abgefedert!

Umverteilung

In Folge der kapitalistischen Krise wurden Milliarden von Euro sowohl in Bankenrettungspakete zur Absicherung fauler Kredite gesteckt als auch in Konjunkturprogramme, von denen vor allem Konzerne profitierten. Dadurch wurde die Staatsverschuldung enorm in die Höhe getrieben. Die Schuldenkrise müssen die irischen und portugiesischen genauso wie die deutschen Beschäftigten ausbaden.

Die Beschäftigten der Schuldnerländer werden derzeit mit Kürzungen überzogen. In Irland soll beispielsweise bis 2017 die Hälfte aller öffentlichen Ausgaben gekürzt werden, um die Staatsschulden zu reduzieren. Die sogenannten Hilfen gehen mit Auflagen von Sparpaketen einher, bei deren Nicht-Einhaltung Strafzahlungen fällig werden.

Aber die Ungleichgewichte, die verbesserte Wettbewerbssituation der deutschen Wirtschaft gegenüber der Konkurrenz im Euro-Raum, wurden – wie die Reallohnentwicklung zeigt – auch auf Kosten der deutschen Arbeiterklasse herbeigeführt. Hinzu kommt, dass Deutschland für den neuen Rettungsschirm neben Darlehen auch 22 Milliarden Euro direkt für das Grundkapital aufbringen soll. Das wird ebenfalls der arbeitenden Bevölkerung und nicht den 800.000 Millionären abverlangt werden.

Welcher Ausweg?

Ob Dublin, Lissabon oder Berlin: Alle Kürzungspakete zu Lasten der Arbeiterklasse müssen gestoppt werden. Laut einer Umfrage des „stern“ haben 60 Prozent der Bevölkerung in der Bundesrepublik große Angst, dass die Euro-Rettung sie teuer zu stehen kommt. In Finnland hatte die rechte Partei „Wahre Finnen“ solche Sorgen mit nationalistischer Propaganda aufgegriffen und 19 Prozent bei den Wahlen erzielen können (die Linke Allianz fiel von 8,8 auf 8,1 Prozent zurück, auch weil sie bei Protesten überhaupt keine Rolle spielt).

Das zeigt, wie nötig eine kämpferische antikapitalistische Alternative ist. Höchste Zeit, dass DIE LINKE hier offensiv nicht nur die Überführung aller Banken in öffentliches Eigentum fordert, sondern auch entschieden für eine demokratische Kontrolle und Verwaltung dieser Unternehmen durch die arbeitenden Menschen eintritt. Anstatt die Bevölkerungsmehrheit für die kapitalistische Krise bluten zu lassen, sind Investitionen in Arbeit, Bildung, Gesundheit und Soziales notwendig.