Griechenland: Kampf gegen Mülldeponie spitzt sich zu

„Jeder in Keratea ist auf der Straße“


 

Interview mit Andros Payiatsos, Generalsekretär von Xekinima (Schwesterorganisation der SAV) über den Kampf gegen eine Mülldeponie in Keratea.

In Keratea, einem Vorort südöstlich von Athen gibt es derzeit eine heftige Auseinandersetzung zwischen Regierung und der Einwohnerschaft wegen einer Mülldeponie. Um was geht es genau?

In Griechenland gibt es kein Recycling, sondern der Müll wird einfach auf Müllbergen abgeladen. Davon gibt es bereits mehrere in Athen, die nicht mehr ausreichen, um den ganzen Müll aus Athen zu lagern. Nun soll eine neue Grube in Keratea ausgehoben werden, wogegen sich massiver Widerstand formiert.

Von wem geht der Protest aus und was sind die Sorgen der Bevölkerung?

In Keratea leben etwas über zehntausend Menschen. Der Protest wird von keiner Partei, sondern von der gesamten Einwohnerschaft getragen. Sie wehren sich gegen den Gestank und befürchten außerdem eine Verseuchung ihres Grundwassers. Unter der Grube wird ein Plastikboden gezogen. Dieser Plastikboden hält die mitunter giftigen Substanzen aber nicht dauerhaft vom Boden fern. Dadurch werden die Erde, aber vor allem das Wasser, das die Menschen trinken, vergiftet. Die Einwohner wissen, dass sie dann nicht mehr dort wohnen werden können.

Und wie äußert sich der Widerstand genau?

Der Kampf gegen die Mülldeponie ist jeden Tag in den griechischen Medien. Jeder aus Keratea ist auf der Straße: von den Jugendlichen bis zum Geistlichen. Die normalen Einwohner blockieren die Baustelle der Baufirma, so dass bisher kein einziger Schritt im Bauvorhaben verwirklicht werden konnte.

Die Deponie soll auf offenem Gelände errichtet werden. Das ermöglicht es den Einwohnern Kerateas, die geplante Baustelle von allen Seiten zu blockieren. Die Wut steigert sich und der Protest nimmt an Schärfe zu. Die Einwohner sind entschlossen in ihrem Widerstand und haben begonnen die Maschinen der Baufirma in Brand zu setzen.

Die Polizei steht mit Hunderten Beamten hilflos daneben und kann den Widerstand nicht beenden, obwohl sie Pfefferspray und Tränengas einsetzen. Die Leute sind so wütend, dass sie sich mit Steinen wehren und Molotowcocktails werfen. Straßenschlachten brechen aus, Barrikaden werden erreichtet, um Zufahrtswege zu blockieren…

Gibt es denn in Keratea eine Tradition von Kämpfen?

Nein, das ist es ja genau. Die Menschen in Keratea gehen das erste Mal in ihrem Leben auf die Straße. Und das bereits seit Herbst letzten Jahres.

Was sind eure politischen Alternativen?

Xekinima kämpft sowohl gegen Mülldeponien als auch gegen Müllverbrennungsanlagen. Wir setzen uns für die Recycling des Mülls und Kompostierung des organischen Abfalls ein. Die PASOK-Regierung plant dagegen die Errichtung von Müllverbrennungsanlagen. Bei der Verbrennung von Müll werden Dämpfe in die Luft abgegeben, die zu 30 bis 35 Prozent toxisch sind. Die Regierung will allen Ernstes Müll importieren, um damit Geld zu machen,

Warum ist das Geschäft denn lukrativ?

Weil die EU dafür Subventionen zahlt. Es ist wirklich unglaublich. Die Müllverbrennungsanlagen werden als „grüne Energie“ bezeichnet. Der Grund, warum der Müll nicht recycelt wird, ist, dass es keinen Profit bringt im Gegensatz zu neuen Müllgruben und Müllverbrennungsanlagen. Sie machen Profite auf Kosten unserer Gesundheit. Wir sind der Meinung, dass sich die Bevölkerung gegen beide Projekte zur Wehr setzen muss. Wir beteiligen uns derzeit am Kampf gegen eine neue Müllverbrennungsanlage in Volos. Wir wollen weder Müllgruben in Keratea, noch Müllverbrennungsanlagen in Volos.